Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 68
gut als möglich die Eltern zu begleiten und präventiv zu arbeiten, damit es gar nicht so weit kommt, dass die Kinder ohne ihre Eltern aufwachsen müssen.
Diesen Mehrbedarf, der sich darstellt, den decken wir natürlich ab, weil es wichtig ist, diesen Kindern auch Perspektive zu geben. Wir haben deshalb auch einen erhöhten finanziellen Aufwand, der aber natürlich notwendig ist, um zusätzliche Einrichtungen zu schaffen. Das heißt, wir haben allein heuer neue Krisenzentren eröffnet, hier auch für eine Zielgruppe von verhaltensauffälligen jungen Burschen, eine sehr, sehr schwierige Zielgruppe, die leider quantitativ größer wird, und wir haben auch zusätzliche Wohngemeinschaften für Kinder geschaffen, die nicht bei ihren Eltern leben können.
Zugleich ist es unsere Bemühung, mehr Krisenpflegeeltern zu motivieren. Ich verstehe allerdings, dass alle das sehr genau überlegen. Es ist eine sehr schwierige, herausfordernde Aufgabe, auch emotional, wenn man sich dann zum Teil nur ein paar Monate an ein Kind bindet und dann die Bindung wieder gelöst wird. Dafür braucht es eine starke Persönlichkeit, dafür braucht es wirklich eine große Aufopferungsbereitschaft für die Kinder und für die Gesellschaft. Diesen Mangel gibt es nicht nur in Wien, sondern überall. Wir haben in Wien Anstellungsmodelle, von denen ich weiß, dass andere Bundesländer darauf schauen, zu ähnlichen Anstellungsmodellen zu kommen. Perfekt sind wir auch nicht, wir können sicher noch besser werden, daher analysieren wir gerade, wie wir zusätzliche Anreize bieten können, damit wir mehr Krisenpflegeeltern bekommen, denn ich glaube, es ist für die Kinder noch besser, wenn sie in einer Familie aufwachsen als in wirklich toll geführten Wohngemeinschaften. Dort wird wirklich Großartiges geleistet, aber natürlich kann das nie eine Kleinfamilie ersetzen.
Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung der 1. Anfrage.
Die 2. Anfrage (FSP-1379323-2021-KVP/LM) wurde von Herrn Abg. Gasselich gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal gerichtet. (Die Digitalisierung soll auch beim Wiener Wahlrecht, insbesondere bei den Instrumenten der direkten Demokratie endlich Einzug halten. Bei Volksbegehren auf Bundesebene ist es bereits jetzt möglich und selbstverständlich, dass die Bürgerinnen und Bürger gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Volksbegehrengesetz 2018 - VoBeG neben der eigenhändigen Unterschrift auch eine elektronische Abgabe der Unterstützungserklärung (Handysignatur) abgeben können. Werden Sie als zuständiges Mitglied der Wiener Landesregierung dem Wiener Landtag einen Gesetzesentwurf vorlegen, der die digitale Unterschriftsabgabe bzw. digitale Signatur auch bei Wiener Volksbegehren ermöglicht?)
Ich ersuche um Beantwortung.
Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete, einen wunderschönen guten Morgen! Ich könnte die Frage sehr schnell beantworten, mit einem Nein, nachdem es aber trotz Pandemie geschuldeter Kürze trotzdem notwendig ist - und das gebietet auch der Respekt -, ein bissel zu begründen, warum man sich so entscheidet, möchte ich das sehr gerne tun.
Erstens einmal möchte ich mich für die Frage bedanken und möchte die Gelegenheit nutzen, dazulegen, warum ich dem Vorschlag nicht entgegenkomme. Ein wesentlicher Grund dafür ist die gesamte bundesverfassungsrechtlich vorgesehene Grundlage für die Abhaltung von Volksbegehren und die Art und Weise, wie wir uns in Wien entschieden haben, auf Basis dieser Grundlage Rahmenbedingungen zu stellen. Diese Grundlage ist erstens einmal in der Wiener Stadtverfassung zu sehen. Die Stadtverfassung regelt die Volksbegehren in § 131b, wonach - im Wesentlichen zusammengefasst - jeder Antrag auf Erlassung eines Landesgesetzes, der von einer erforderlichen Mindestanzahl an Bürgerinnen und Bürgern, also in Wien wahlberechtigten Personen gestellt wird, als Volksbegehren dem Landtag vorzulegen ist. Und diese erforderliche Mindestanzahl beträgt 5 von 100 der bei der letzten Wahl zum Landtag wahlberechtigten Personen.
Dazu ist grundsätzlich zu bemerken, dass wir uns natürlich im Rahmen der Bundesverfassung befinden, die regelt in Art. 1 in Verbindung mit den Bestimmungen der Art. 26, 41 folgende und 45 folgende über die Aufgaben der Mitglieder des Nationalrates und der Landtage ein System der indirekten Demokratie für die Republik Österreich. Die Länder dürfen zwar im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie eigenständige verfassungsrechtliche Regelungen schaffen, wir müssen aber natürlich bei der Ausgestaltung dieser Regelungen - und dazu gehören eben auch Instrumente der direkten Demokratie auf Landesebene - darauf achten, dass wir nicht gegen den bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen verstoßen, uns also im Rahmen der relativen Verfassungsautonomie befinden.
Diesen Rahmen habe ich jetzt genannt und die in der Wiener Stadtverfassung bestehenden Regelungen betreffend Volksbegehren stehen natürlich damit im Einklang. Der wesentliche Punkt ist, dass wir uns bemüht haben, ein im Vergleich zum Bund niederschwelliges System zu schaffen, und das darf ich vielleicht noch ganz kurz ausführen. Es ist nämlich so, und das ist vielleicht auch die Grundlage für meine generelle Antwort, dass wir betreffend die Möglichkeit der Unterstützung von Volksbegehren im Wiener Volksbegehrengesetz eine völlig andere Systematik an den Tag legen als die entsprechende Bundesregelung im Volksbegehrengesetz 2018.
Wie sieht die Bundesregelung aus? Da müssen die Proponentinnen und Proponenten als erste Stufe zunächst einmal beim Bundesminister für Inneres ein Volksbegehren anmelden. Wird die Anmeldung zugelassen, dann wird das Volksbegehren im zentralen Wählerregister registriert, und dann, wenn die Registrierung erfolgt ist, können in einer zweiten Stufe Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren getätigt werden. Wenn jetzt die ausreichende Zahl an Unterstützungserklärungen getätigt ist, dann können die Proponentinnen und Proponenten des Volksbegehrens einen Einlei
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