Landtag, 49. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 44
Rekapitulieren wir aber noch einmal die ganze Geschichte: Wie ist dieser städtebauliche Super-GAU überhaupt zustande gekommen? Wir erinnern uns, es ist ein Grundstück mit der klaren Aussage verkauft worden, dort kann man nie ein Hochhaus hinbauen, weil dort der Eislaufverein ist und dabei bleibt es. Das hat den Preis massiv gedrückt. Dann hat man zugelassen, dass jemand das Haus kauft und einen Wettbewerb durchführt, der Hochhäuser nicht ausschließt, sondern im Gegenteil, im Zuge dieses Wettbewerbs hat man alle diejenigen Projekte ausgeschieden, die keine Hochhäuser gehabt haben. Es hat einige gegeben, die durchaus respektable Flächen angeboten hätten, die aber gleich im Frühstadium ausgeschieden worden sind. Man wollte unbedingt ein Hochhaus dort hinbauen.
Da, in diesem Moment, ist die UNESCO auf den Plan getreten und hat gesagt: Moment, alles vom Belvedere bis hin in die Innenstadt ist Weltkulturerbe-Kernzone, und deswegen geht das so nicht. Wenn ihr dieses Haus trotzdem zulässt, dann wird euch das Prädikat Weltkulturerbe aberkannt. - Dann gab es eine Nachdenkpause und das Ergebnis der Nachdenkpause war, dass man statt 74 m 66 m vorgeschlagen hat, was aber immer noch weitaus höher ist als das, was die UNESCO akzeptiert hätte, nämlich 43 m. Das Ganze hat unter anderem zu diversen Verwerfungen in der Grünen Partei geführt, wie wir uns erinnern, weil die GRÜNEN hier auf Biegen und Brechen als massive Befürworter dieses Projektes aufgetreten sind, ihre eigene Basis aber das Gegenteil wollte - auch ein interessanter Aspekt zum Thema Basisdemokratie. So ist es schlussendlich dazu gekommen, dass mit tatkräftiger oder eben nicht tatkräftiger Hilfe der ÖVP, wo ein paar Leute gefehlt haben, im Endeffekt dieser Beschluss gefasst werden konnte und die Flächenwidmung und der 1a-Vertrag, der verschiedene Maßnahmen im Bereich dort vorsieht, beschlossen worden sind.
Das alles ist unter anderem von der Volksanwaltschaft geprüft worden. Die Volksanwaltschaft hat nicht weniger als vier offizielle Mängel festgestellt, dann aber trotzdem plötzlich entschieden: Wir machen kein Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof. Begründung: keine. Die ganze Angelegenheit lag im Verantwortungsbereich der ÖVP-Volksanwältin.
Dann war die Diskussion, was die Bundesregierung eigentlich in dieser ganzen Angelegenheit tun müsste, denn die Bundesregierung ist der Vertragspartner der UNO und nicht Wien. Wien müsste es nur umsetzen, das heißt, Wien müsste eigentlich vom Bund aufgefordert werden, das endlich zu tun. Die Aufforderung hat es schon gegeben, Schritte sind keine erfolgt, und das, obwohl Prof. Öhlinger ausdrücklich gesagt hat, dass es natürlich in dieser Angelegenheit ein Weisungsrecht gibt. Warum der damals zuständige Minister Blümel keine Weisung erteilt hat, sondern immer nur geredet hat, obwohl wir ihn als Regierungspartner wiederholt aufgefordert haben, da endlich etwas zu tun, das müssen Sie ihn selber fragen. Tatsache ist, dass bis heute nichts geschehen ist.
Dafür gab es dann eine neuerliche Nachdenkpause - hat man gesagt. Wir werden sehen, dass diese Nachdenkpause überhaupt keine Wirkung entfaltet hat, im Gegenteil, es sind alle Verfahren munter weitergelaufen. Man hat nur in der Öffentlichkeit nichts mehr gesagt. Und man hat unseren Präsidenten Woller quasi als Wunderwuzzi geholt und ihn gebeten, in irgendeiner Form einen Kompromiss auszuhandeln. (Zwischenruf.) - Ja, zum Schluss dieser Periode gehört dieser Skandal noch einmal in der vollen Dicke aufgezählt. (Zwischenruf.) - Genau, wegen des Lernerfolgs für die nächste Periode und vielleicht auch als eine Hilfe, wen man bei dieser Wahl hier hereinwählen sollte. Das wäre vielleicht auch sehr informativ, Herr Kollege, und deswegen werde ich Ihnen das noch in der entsprechenden Form erzählen.
In dieser Zeit sind aber, wie gesagt, alle Verfahren weitergelaufen. Es wäre ja auch rechtswidrig gewesen, ohne irgendeinen Grund diese Dinge zu stoppen. Und so hat es dann plötzlich eine Bebauungsbestimmung gegeben. Es hat auch die Baureifgestaltung hier im Haus gegeben und eigentlich war von Nachdenkpause überhaupt keine Rede. Anlässlich der Baureifgestaltung hat uns der gerade hereingekommene Präsident Woller dann erzählt, er hätte einen Kompromiss ausgehandelt und hat uns den beschrieben. Das nicht sehr genau und vor allen Dingen hatte das etwas Beunruhigendes an sich, denn die Situation ist seither so, dass wir seit seiner Rede wissen, dass es eine Bauverhandlung gegeben hat, die positiv ausgegangen ist, und zwar auf der bestehenden Basis, also für den 66 m hohen Turm. Es ist ja auch so, dass rein rechtlich niemand dort ein niedrigeres Haus bauen darf, weil es eine Mindesthöhe gibt. Auch das haben wir wiederholt versucht abzustellen - ohne Erfolg.
Weiters hat es die Zusage gegeben, anscheinend seitens des Bauwerbers, sich bis Herbst eine Alternative zu überlegen, und wenn nicht, dann wird das gebaut. - Herbst ist jetzt. Ich kenne bis jetzt kein alternatives Projekt, geschweige denn eines, das die UNESCO akzeptieren würde. Und so ergibt sich also doch irgendwie der ganz massive Verdacht, dass man einfach bis nach der Wahl wartet, dann feststellt, es gibt entweder diesen ausgearbeiteten Alternativplan doch nicht oder er wird von der UNESCO nicht akzeptiert oder sonst etwas, jedenfalls aber wird das Haus wie geplant gebaut und die UNESCO erkennt uns das Weltkulturerbe ab.
Meine Damen und Herren, städtebaulicher Super-GAU, und zwar nicht deswegen, weil wir vor der UNESCO Angst haben müssen, sondern deswegen, weil wir das Stadtbild für uns Wiener haben wollen und die UNESCO da quasi nur ein Mahner, aber nicht ein Aufpasser ist. Es wäre aber gut, das zu institutionalisieren, wie die UNESCO in Sachen Wahrung des Weltkulturerbes in Bauverfahren einzubinden ist. Deswegen unser Antrag, damit eine Stadtbildverschandelung in dieser Form künftig nicht mehr möglich ist. In diesem Sinne: Holen wir uns da unser Wien zurück! Beschließen wir diesen Antrag! Der Antrag liegt noch auf meinem Platz, den hole ich dann.
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