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Landtag, 48. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 22

 

Ihre soziale Herkunft, ihre Sprachkenntnis und ihre Bildungsabschlüsse - und das betonen Experten und Expertinnen immer wieder - geben aber kaum die Chance auf faire Bedingungen. Es braucht außerdem eine rasche und systematische Anerkennung von sowohl formalen Abschlüssen als auch von Berufserfahrung und Praxiswissen, oft und ganz speziell für Frauen, denn es braucht gerade in diesem Bereich eine Qualifizierungsoffensive für niedrigerqualifizierte Frauen und Mädchen. Ziel muss es sein, existenzsichernde Beschäftigung zu schaffen und Frauen irgendwie ihre Fähigkeiten zu stärken.

 

Last but not least, insgesamt sind mit 30 Prozent fast ein Drittel aller Wienerinnen und Wiener ab dem 16. Lebensjahr nicht wahlberechtigt. Für Frau Hungerländer ist das kein Problem, aber in absoluten Zahlen ist das fast eine halbe Millionen Menschen in Wien. Dabei leben 80 Prozent von ihnen - und das ist der Gegensatz, den Sie offenbar kennen - schon länger als 5 Jahre hier in dieser Stadt, mehr als die Hälfte mehr als 10 Jahre. In der Altersgruppe der 26- bis 42-Jährigen sind es übrigens 40 Prozent. Und dann sagen Sie, es darf kein Wahlrecht für alle geben, womit weiterhin große Gruppen der Bevölkerung ausgeschlossen werden? Ich sage: Wahlrecht für alle Wienerinnen und Wiener in unserem Sinne!

 

Sie sprechen also von Maßnahmen der Integration, ich habe kein Maßnahmenpaket oder Maßnahmengesetz von Ihnen gesehen oder auch nur gehört. Integration ist aber nur durch Teilhabe aller erreichbar, und Maßnahmen hierfür bedeuten auch, dass all diese Maßnahmen für alle Wienerinnen und Wiener, und das heißt, die von Ihnen definierten echten Wiener und die von mir definierten Wienerinnen und Wiener, gelten und gemacht werden müssen, und nicht, wie Sie es heute vorgeschlagen haben, nur für die eine von Ihnen definierte Gruppe. Das ist nicht mein Wien, und das ist nicht unser Wien. Wien sind die ganzen knappen zwei Millionen Menschen.

 

Zum Abschluss, Herr Krauss und Herr Nepp, wollte ich Ihnen noch etwas geben, weil Sie ja immer wieder vom Lebensgefühl Sicherheit sprechen, und es hat sich hier einiges zum Schlechten verändert, wurde heute gesagt. Herr Krauss, ich weiß nicht, wie weit Sie die Statistik Austria überhaupt kennen, aber lernen Sie die, denn da gibt es dann ganz klare Definitionen, wie es mit den Verurteilungen in diesem Land aussieht. Die gehen nämlich deutlich runter und sie sind deutlich in den Verlust gegangen. (Der Redner überreicht StR Maximilian Krauss ein Schriftstück.) Danke schön.

 

Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Berger-Krotsch. Ich erteile ihr das Wort.

 

10.05.29

Abg. Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Saal, auf der Galerie und via Livestream!

 

Ja, wie so oft bei den Sondersitzungen, die von der FPÖ einberufen werden, ist das mediale Getöse ja immer sehr groß. Das ist ja auch Ihr Ziel, im Wahlkampf natürlich umso mehr, das ist mir schon verständlich. Was halt dann umso enttäuschender ist, ist, dass wenn wir dann in die Debatte hier im Saal gehen, die Redebeiträge eher lustlos und mau heruntergebetet werden. Mir kommt vor, was Sie hier zum Besten geben, ist halt einfach mehr aus Kalkül, um möglichst zu emotionalisieren und zwei Wochen vor der Wahl noch einmal so richtig reinzuhauen.

 

Bis dato haben wir im Wahlkampf eigentlich von Seiten der FPÖ wenig mitbekommen und gehört, nur bei einem möchte ich Sie nicht auslassen: Ich bin letztens mit meinem siebenjährigen Sohn in Neubau um die Ecke Neustiftgasse gegangen und stand dann vor diesem riesengroßen 16-Bogen-Plakat, das so unsäglich und so menschenverachtend Menschen mit Migrationshintergrund abbildet. Was denken Sie sich eigentlich dabei, wenn man als Bewohnerin, als Wienerin mit Kindern plötzlich vor so einem Plakat steht? Wie kommen die Wienerinnen und Wiener dazu? Wie kommt mein siebenjähriger Sohn dazu? Was sage ich dem, was da abgebildet ist? Also so menschenverachtend, wie Sie Menschen, die Wienerinnen und Wiener abbilden, ist unverständlich und unerhört.

 

Von Ihnen ist man es leider ja nicht anders gewöhnt, das ist sehr schlimm. Schlimm ist weiters auch, dass der Parteiobmann der ÖVP plötzlich im Wahlkampf Wien entdeckt und in diesen Gewässern der FPÖ auch fischen möchte. Wie er Wien schlechtredet, ist auch dermaßen Wahnsinn. Möchte er hier Verantwortung in diesem Wien übernehmen, das er für so schlecht empfindet? Ich kann nur sagen, dass die Menschen in Wien mit unserem Bürgermeister Michael Ludwig in guten Händen sind.

 

Zu dem einberufenen Sonderlandtag möchte ich jetzt diese Stehsätze, die auch von Ihnen, Kollege Krauss, und die Anwürfe von unserem Kollegen Nepp, gekommen sind, in einer Art Gegenüberstellung skizzieren. Ich stelle - und das möchte ich jetzt noch einmal sagen - dieser einfältigen thematischen Einberufung und dieser einfältigen Begründung die vielfältige Stadt Wien und die vielen Maßnahmen gegenüber.

 

Kollege Wiederkehr und Kollege Kunrath haben es schon erwähnt. Muss ich es wirklich auch noch einmal erwähnen? Na ja, Sie meinen, früher war alles anders, es gab keine Einwanderung, keine Zuwanderung, aber ich muss hier auch noch einmal festhalten: In Wien hat Zuwanderung Tradition, und wenn man die Mitte des 19. Jahrhunderts hernimmt, als eben viele Menschen aus den österreichischen Kronländern in die Reichshauptstadt der Habsburgermonarchie gezogen sind, kam ja ab den 1850ern fast schon jeder vierte Wiener/Wienerin aus den Ländern der Böhmischen Krone. Wien ist eine vielfältige Einwanderungsstadt, wir leben von der Vielfalt der Menschen, die hier sind, die hier leben, die Wienerin, die Wiener sind.

 

Die Bevölkerung Wiens hatte Anfang 2020 insgesamt 181 verschiedene Staatsbürgerschaften. Diese ausländischen StaatsbürgerInnen sind jedoch keine homogene Gruppe, wie wir heute auch schon von Kollegen Wiederkehr gehört haben, sie sind eben durch diese wunderbare Vielfalt ausgezeichnet. Hierbei sind die größte Gruppe die serbischen StaatsbürgerInnen mit 4,1 Prozent, und

 

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