Landtag, 40. Sitzung vom 20.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 76
dass wir alle, aber insbesondere ein Mitglied der Stadtregierung, den entsprechenden Respekt vor der Bundesverfassung nicht vermissen lassen.
Na ja, selbstverständlich muss die gesamte Vollziehung, muss die gesamte Verwaltung auf Grund der Gesetze passieren. Legalitätsprinzip Art. 18, das ist der Grundbaustein bitte in unserem Rechtsstaat, und das dürfen auch wir als Abgeordnete uns nicht gefallen lassen, wenn die Verwaltung jetzt auf einmal glaubt, sie ist nicht mehr an die Gesetze gebunden, bitte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir hier sind Landtagsabgeordnete. Wir machen die Gesetze, und die Verwaltungsorgane haben die zu vollziehen. Da würde ich mir eigentlich einen Aufschrei vom Kollegen Wagner und auch von anderen Kollegen Abgeordneten aus den Regierungsfraktionen erwarten, wenn so etwas geäußert wird.
Aber der Herr StR Hacker hat auch ein seltsames Verständnis zu Art. 12 der Bundesverfassung. Er hat es heute wiederum bestätigt. Er hat gesagt: „Nur weil der Bund da jetzt ein neues Gesetz erlässt, sind wir nicht gezwungen, unser Landesgesetz zu verändern oder ein neues Landesgesetz zu erlassen. Das wird dadurch nicht verfassungswidrig.“ Na ja bitte, weit gefehlt, weit gefehlt! Selbstverständlich, sobald dieses Grundsatzgesetz wirksam wird, nämlich mit der ... Es ist schon wirksam geworden, aber es ist eine Übergangsfrist von sieben Monaten eingeräumt worden. Sobald diese siebenmonatige Frist verstrichen ist, werden die Wiener Bestimmungen verfassungswidrig. So steht es nämlich im Grundsatzgesetz drinnen, im § 10 Abs. 2: „Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juni 2019 in Kraft. Ausführungsgesetze sind innerhalb von sieben Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu erlassen und in Kraft zu setzen.“ Wenn (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Genau!) man es nicht macht, dann wird die Wiener Rechtslage verfassungswidrig.
Wenn Sie es mir nicht glauben wollen - es ist nicht so wahnsinnig schwer, das zu verifizieren. Es gibt ja einschlägige Kommentare zur Bundesverfassung. Ich kann Ihnen aus zwei zitieren: Kurzkommentar Mayer/Muzak, MANZ-Verlag, 5. Auflage aus dem Jahr 2015. Da steht drinnen: „Wird ein Grundsatzgesetz erstmals erlassen und haben die Länder die Angelegenheit vorher frei geregelt, so muss bundesgesetzlich eine Frist zur Anpassung festgelegt werden. Nichtanpassung während der Frist“ - also bis zum 31. Dezember dieses Jahres - „bewirkt Invalidation der nicht entsprechenden Landesgesetze“, das heißt, das Landesgesetz wird verfassungswidrig. Zweites Beispiel, wenn Sie es mir nicht glauben wollen, vielleicht von Professoren der Wiener Fakultät, die Ihnen ein bissel näher stehen, Theo Öhlinger/Harald Eberhard, Facultas-Verlag, 10. Auflage 2014: „Bei erstmaliger Erlassung eines Grundsatzgesetzes ist stets eine Frist zu setzen. Hat das Land die Angelegenheit bisher frei geregelt, so führt eine Nichtanpassung innerhalb dieser Frist zur Invalidation des Landesgesetzes“. Sehr geehrte Damen und Herren! Sie nehmen es durch Ihr Nicht-Tätigwerden in Kauf, dass Sie ab 1. Jänner mit einer verfassungswidrigen Landesgesetzgebung dastehen. Der Herr Stadtrat hat in der Fragestunde noch gemeint: Das ist ihm ja wahnsinnig wichtig, da geht’s ihm ja um die Rechtssicherheit und um den Bestand von Bescheiden und sehr viele Personen sind davon betroffen. Na ja eben, weil uns die Rechtssicherheit so wichtig ist und weil uns der Rechtsstaat so wichtig ist, ist es unakzeptabel, mit einem verfassungswidrigen Landesgesetz weiter zu machen! (Beifall bei der ÖVP.)
Worum ich daher eindringlich bitte, ist, dass Sie den Respekt der Bundesverfassung entgegenbringen, den man erwarten kann, und dass Sie jetzt nicht eine monatelange Verfassungswidrigkeit eines Landesgesetzes in Kauf nehmen mit Folgen für Tausende von Menschen, die jetzt noch gar nicht absehbar sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Blind, bitte sehr.
Abg. Armin Blind (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Werte Kollegen!
Ich habe mich nur dazwischen zu Wort gemeldet, weil ich eines hier im Laufe der Debatte beobachten musste und zwar auch schon seit dem Vormittag: Es gilt nämlich leider nicht eine Abwandlung des heute bereits gefallenen Zitates: „Wenn man in der Politik ist, soll man in erster Linie den Rechtsstaat gerne haben!“ Den Rechtsstaat kann man nicht gerne haben, wenn man ihn missachtet. Den Verfall demokratischer Kultur, den wir hier im Raum beobachten müssen und zwar nicht erst seit heute, sondern schon seit geraumer Zeit, ist bedauerlich. Wenn Rechte von Abgeordneten wie heute im Bereich dieses Themenkreises, deswegen erwähne ich es auch im Rahmen dieser Debatte, der Kollege Seidl, ein Repräsentant eines erklecklichen Teils dieser Bevölkerung, direkt von der Bevölkerung gewählt, eine Frage stellt, von der Landesregierung nur mit Hohn bedacht wird und ein parlamentarisches Recht derartig mit Füßen getreten wird, meine Damen und Herren, das geht nicht! Das ist ein Verfall dieser demokratischen Kultur! Da kann man sich nur abwenden. (Beifall bei der FPÖ.)
Und wie sehr ein Stadtrat oder in dem Fall ein Landesrat diese Debatte ernst nimmt, zeigt sich ja auch schon an seiner Anwesenheit bei der Debatte - mittlerweile wieder in den Saal zurückgekehrt -, wenn ein Dringlicher Antrag an ihn selbst behandelt wird. Herr Landesrat, Sie waren eine erkleckliche Zeit lang hier nicht im Raum, ich habe das ganz genau beobachtet. Auch das ist eine Despektierlichkeit dieses Gremiums, die in Wirklichkeit dieses Gremiums nicht würdig ist. (Beifall bei der FPÖ.) Und so wundert es auch nicht, wenn mit dem Verfall der demokratischen Kultur die Missachtung, sagen wir einmal, rechtsstaatlicher Selbstverständlichkeiten einhergeht, nämlich eines sehr wichtigen Artikels unserer Bundesverfassung, ich sag’s jetzt einmal allgemeinsprachlich, dass Gesetze schlichtweg einzuhalten sind. Herr Stadtrat, Gesetze sind umzusetzen. Und da nützt es auch nichts, wenn der Kollege Wagner hier herausgeht und von einer Betriebsvereinbarung fabuliert oder Wünsche des Herrn Wallner deponiert oder der Stadt Wien. Darum geht es nicht. Sie haben hier mit dem Bund keine Verträge zu schließen. Es handelt sich hier nicht um eine 15a-Vereinbarung, wo Sie als
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