Landtag, 40. Sitzung vom 20.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 76
zukommt. Ich bin der Ansicht, dass wir hier ganz wachsam sein müssen und sehr viel Energie und Zeit dafür investieren müssen, Kinder darauf vorzubereiten.
Eine besondere Herausforderung ist das Thema Online-Pornografie. Es war natürlich Pornografie immer schon verfügbar. Aber jetzt ist es viel leichter und schneller verfügbar. Jetzt ist es auch viel leichter und schneller teilbar. Es wird von Lehrern immer wieder berichtet, dass sich in den schlimmsten Fällen richtige Süchte entwickeln, aber genauso, dass Kinder ein völlig gestörtes Verhältnis zu Zweisamkeit und zu Sexualität entwickeln. Es gibt Vereine, die sich dieses Themas annehmen. Ich weiß, dass offiziell nicht von Sucht gesprochen werden kann, also sagen wir Abhängigkeit. Es gibt Vereine, die sich mit dieser Abhängigkeit auseinandersetzen, die auch an Schulen gehen. Ich möchte ermutigen, dass die Stadt Wien dieses Thema auch proaktiv noch mehr angeht und diesen Vereinen die Möglichkeit gibt, weiter und mehr in die Schulen zu gehen und zu diesem Thema Aufklärung zu leisten.
Ein zweiter Aspekt, den ich gerne ansprechen möchte, der auch die Freizeitgestaltung abseits des Smartphones betrifft, ist Sport. Wir lesen relativ regelmäßig in der Zeitung, dass immer mehr Kinder adipös sind. Das sind Rucksäcke, die ein ganzes Leben lang teilweise mitgeschleppt werden müssen. Alle Experten sind sich einig, dass die beste Möglichkeit Prävention ist. Wir haben in diesem Zusammenhang immer wieder gefordert, dass der Grazer Sportgutschein eingeführt werden soll. Das ist ein Modell, das in der Stadt Graz entwickelt wurde, nachdem Kinder in der 3. Klasse Volksschule einen Gutschein - das ist tatsächlich ein physisch vorhandener Gutschein - bekommen. Mit diesem können sie dann in einem Sportverein ihrer Wahl, einem Sportverein, der mitmacht, gratis ein Jahr lang Mitglied sein. Da sind ganz tolle Vereine dabei, nämlich durchaus auch Randsportarten, die damit die Möglichkeit bekommen, neue Kinder für sich zu gewinnen einerseits, aber genauso hilft es Kindern, deren Eltern vielleicht nicht so dahinter sind, dass sie Sport machen oder deren Eltern nicht die zeitlichen oder finanziellen Ressourcen haben, sich damit auseinanderzusetzen, in einen Sportverein zu kommen. Das ist eine ganz schöne Sache. Das ist eine Sache, die tatsächlich wenig Geld kostet, nur einmal organisiert werden muss. In den Kinderrechten steht das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung. Das ist natürlich ein breiter Bogen. Aber es ist sehr wohl notwendig, dass die Stadt das macht. Wir hoffen, dass das irgendwann hier auch auf offene Ohren stoßen wird. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Abg. Kunrath ist als nächster Redner zum Wort gemeldet. Bitte.
Abg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Und liebe Kinder, auch wenn ihr jetzt leider schon gehen müsst, weil ihr heute ein ganz dichtes Programm am Tag der Kinderrechte habt! Passt auf und lasst euch nichts gefallen! Das meine ich immer ganz positiv!
Heute ist der Tag der Kinderrechte. Vor 30 Jahren wurden sie offiziell ratifiziert. Egal, was wir in der Politik reden, egal, was wir tun, Kinder sind immer davon betroffen. Reden wir über Bildung, betrifft das Kinder in der Schule und im Kindergarten. Reden wir über Migration und Flüchtlingspolitik, meinen wir damit auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Ich war vor eineinhalb Wochen in Bosnien, in Bihać. Dort sind in einem Lager 400 unbegleitete Kinder unter 12 Jahren. Herr Krauss, nur, dass Sie sich ein Bilder machen, was Kinder sonst erleben müssen und nicht so darstellen, wie Sie es gerade vorher dargestellt haben und kein positives Wort über die Arbeit von Erwachsenen mit Kindern und PolitikerInnen mit Kindern finden! Reden wir über die Stadtplanung, wollen wir, dass es ausreichend Lebensraum für jedes Kind in dieser Stadt gibt. Und reden wir über Klimapolitik, wollen wir sicherstellen, dass unsere Kinder eine Zukunft auf diesem Planeten haben.
Wir suchen immer wieder Möglichkeiten, suchen Chancen und finden auch tatsächlich auf vielen Ebenen Chancen. Aber wir leben auch in einer Zeit, in der soziale Medien eine ähnliche Bedeutung wie das reale Leben, gerade für Kinder, bekommen. Soziale Medien verändern die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. Wir sehen leider viel zu oft, wie Kinder mehr mit dem Handy als mit sich selbst kommunizieren, zum Teil zum Positiven und zum Teil zum Negativen. Zu den negativen Formen gehört dabei aber ganz sicher auch das Cybermobbing. Durch die sozialen Medien entstehen neue Formen der Diskriminierung, neue Formen der Gewalt. Immerhin erleiden 73 Prozent aller Kinder unter 12 Jahren mindestens ein Mal Gewalt. Daran müssen wir arbeiten. Die Politik reagiert nur schrittweise, aber immerhin, und arbeitet lediglich einzelne Punkte ab. So wurde Cybermobbing 2016 zum Straftatbestand. Anlass dafür war aber wieder einmal ein Selbstmord und nicht eine freiwillige Arbeit der Erwachsenen, die sich darüber Gedanken gemacht haben. Genau hier hinkt Österreich immer wieder nach. Wir sehen das auch.
Herr Krauss, Sie haben heute so viele Beispiele gebracht, Anpassung der Kinderbeihilfe im Ausland, falls Sie sich noch erinnern. (StR Maximilian Krauss: Eine super Sache!) Sie sagen: „Eine super Sache.“ Nämlich für die Kinder, die dann weniger bekommen, obwohl die Eltern mehr bezahlen? Super Sache! Ich sehe, dass Sie das nach wie vor als sehr positiv finden.
Da komme ich zu einem Thema, das uns hier betrifft. Reden wir nämlich über die Kinderarmut in Österreich, darüber, dass jedes fünfte Kind in Österreich armutsgefährdet ist. Wir reden dabei von 400.000 Kindern in Österreich. Kinderarmut wirkt sich auf das ganze Leben einer Person aus. Wenn man nämlich arm wird, ist die Armutsgefährdung um einiges größer. Wer ärmer ist, lebt auch nicht so gesund, wie diejenigen, die es sich leisten können, dass sie gesünder leben können. Sie müssen öfter zum Arzt, haben öfter chronische Krankheiten und sind öfter übergewichtig, weil sie das Falsche essen, weil sie nicht entsprechend versorgt werden, weil sie nicht Alternativen bekommen. Genau da setzen wir an. Genau da passiert auch etwas in diesem Wien.
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