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Landtag, 39. Sitzung vom 27.09.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 33

 

Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.

 

Lhptm Dr. Michael Ludwig: In Wirklichkeit sind es mehrere Bereiche, die man sehen muss: Das eine ist der gesellschaftspolitische Hintergrund, den Sie ansprechen. Nicht umsonst wird immer wieder in der Literatur mit Augenzwinkern behauptet, es ist das älteste Gewerbe der Welt. Das heißt, es gibt eine jahrhundertelange Tradition in dem Bereich. Es ist auch eine Illusion, zu glauben, es gibt irgendeine Gesellschaft, in der es keine Prostitution gibt. Es haben sich unterschiedliche Gesellschaftsmodelle mit dieser Herausforderung beschäftigt und im Wesentlichen hat es immer nur verschiedene Zugänge gegeben. Von daher haben wir auch versucht, beim Prostitutionsgesetz eine Lösung zu finden, dass man die Prostituierten, die betroffenen Frauen - aber es sind ja auch zum Teil Männer - nicht zusätzlich marginalisiert und ausgrenzt. Das ist ein wichtiger Teilbereich. Der zweite ist natürlich auch, dass insbesondere bei der Straßenprostitution Anrainerinnen und Anrainer, insbesondere Kinder und Jugendliche, geschützt werden. Und zum Dritten gibt es natürlich die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, welche Angebote man den Prostituierten macht, um aus diesem Gewerbe auszusteigen beziehungsweise sie auch gesundheitspolitisch zu begleiten und zu betreuen.

 

Ich bin eigentlich sehr stolz darauf, in einer Stadt zu leben, wo es eine lange Tradition in dieser Begleitung gibt. Es gibt alleine in der Volkshilfe zwei Projekte, die sich mit der Betreuung von Prostituierten beschäftigen. Das ist zum einem das Projekt SOPHIE, das heute schon angesprochen worden ist, und zum Zweiten das Projekt LEFÖ, das sich vorgenommen hat, Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen und Migranten vorzunehmen. Ein Projekt, das schon, wenn ich mich genau erinnern kann, 1985 die Tätigkeit aufgenommen hat und als besondere Zielgruppe jene Menschen hat, die aus anderen Ländern zu uns kommen, um diesem Gewerbe nachzugehen.

 

Ich persönlich glaube, es gibt durchaus noch Möglichkeiten, die Prostituierten zu begleiten, auch in der Ausübung ihrer Tätigkeit in der jetzigen Situation. Vieles ist im Prostitutionsgesetz gut geregelt worden, eben dass Straßenprostitution nicht im Wohngebiet, sondern in Industriegebieten stattfinden soll. Ich persönlich, aber das ist meine persönliche Meinung, und ich bin da kein Experte, halte das auch nicht für unproblematisch, weil die dort tätigen Frauen und Männer in einem Umfeld tätig sind, das meines Erachtens nicht gerade den höchsten Sicherheitsstandards und auch nicht den höchsten hygienischen Standards entspricht. Ich glaube, da gäbe es sicher Verbesserungsmöglichkeiten, aber das überlasse ich jenen, die mehr Kompetenz in die Diskussion einbringen können. Ich glaube, unser Ziel muss sein, auf der einen Seite die tätigen Frauen und Männer zu schützen, auf der anderen Seite natürlich auch jene Anrainerinnen und Anrainer, die nicht mit Prostitution oder mit der Anbahnung von Prostitution direkt in Kontakt treten wollen.

 

Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Haslinger gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

 

9.17.34

Abg. Gerhard Haslinger (FPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Danke, Herr Landeshauptmann für die bisherigen Ausführungen!

 

Leider geht es, wie es Kollege Ulm schon festgestellt hat, ein bisschen an meiner Frage vorbei. Die Ausführungen sind durchaus richtig, aber es gibt seitens der Landespolizeidirektion Wien auf Grund der Erfahrungen, die sie beim Einschreiten macht, den Wunsch, das Prostitutionsgesetz zu novellieren. Da geht es nicht um die Sexarbeiterinnen, sondern da geht es um die Betreiber, die Täter, diejenigen, die eben dafür verantwortlich sind, dass Prostitution in Räumlichkeiten betrieben werden kann. Es sollen da Verschärfungen vorgenommen werden. Es ist beispielhaft angeführt worden - ich habe dazu schon eine Presseaussendung im Jänner gemacht -, dass bei Razzien Frauen angekettet mit Zigarettenverbrennungen und ähnlichen anderen Verletzungen vorgefunden werden und es der Polizei unmöglich ist, sofort dieses Lokal zu schließen und für den Betreiber einen weiteren Betrieb unmöglich zu machen. Es gibt ganz einfache Vorschläge der Landespolizeidirektion, da gesetzliche Maßnahmen nachzuschärfen.

 

Meine Frage ist: Warum wehrt man sich da? Gibt es da offenbar ein koalitionäres Problem mit den Grünen, dass man da das Prostitutionsgesetz nicht angehen möchte? In anderen Bundesländern wurde bereits das Prostitutionsgesetz novelliert und an die Gegebenheiten angepasst.

 

Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.

 

Lhptm Dr. Michael Ludwig: Na ja, ich habe in der Beantwortung darauf hingewiesen, dass wir, auch was das logistische Umfeld betrifft, in engem Kontakt mit der Wiener Polizeidirektion stehen und dass insbesondere jene, die sich in der Begleitung mit diesen legistischen Rahmenbedingungen beschäftigen, sich natürlich auch mit der Praxis auseinandersetzen. Es gibt auch unterschiedliche Meinungen in diesem juristischen Umfeld. Ich glaube, es sind einige Juristen unter uns, die wissen, dass die Anekdote, drei Juristen - vier Meinungen, nicht ganz unbegründet ist. Das findet natürlich auch seinen Niederschlag in der legistischen Begleitung dieser Materie. Offiziell haben wir keinen Vorschlag übermittelt bekommen, als Landtag hier tätig zu werden, aber ich werde gerne auch die Diskussion der Juristinnen und Juristen in diesem Bereich begleiten.

 

Es gibt auch in der Polizeidirektion oder genauer gesagt, in der Wiener Polizei unterschiedliche Auffassungen, so wie es natürlich auch in einer großen Stadt wie Wien unterschiedliche Auffassungen gibt, aber einen offiziellen Abänderungsvorschlag für das derzeit laufende Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2011 kenne ich nicht. Ich werde das gerne weiter beobachten, vielleicht gibt es auch eine Entwicklung in diese Richtung. Bis jetzt ist mir ein solcher Vorschlag nicht bekannt.

 

Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Damit ist die 1. Anfrage beantwortet.

 

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