Landtag, 33. Sitzung vom 19.12.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 46
Versprechen, immer dann Volksabstimmungen durchzuführen, wenn österreichische Interessen durch Vertragsänderungen betroffen sind.
Kommen wir zurück ins Jahr 2018: In diesem Jahr feiern wir 50 Jahre Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist neben dem freien Waren- und Kapitalverkehr sowie der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ein Grundpfeiler der europäischen Integration. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt allen EU-Bürgern das Recht, Arbeit in anderen EU-Staaten aufzunehmen, unabhängig davon, woher sie kommen, und ohne gegenüber Einheimischen diskriminiert zu werden. Im Jahr 2017 arbeiteten beziehungsweise lebten 17 Millionen Europäerinnen und Europäer in einem anderen Mitgliedstaat. Das sind doppelt so viele wie vor zehn Jahren.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union. Laut Eurobarometer-Umfrage vom Frühjahr 2018 gaben sensationelle 82 Prozent der Europäerinnen und Europäer an, dass diese Freizügigkeit der EU-Bürgerinnen und Bürger zu befürworten ist. Unter dem Vorzeichen dieser großen Zustimmung von 82 Prozent zu diesem Grundrecht beziehungsweise Grundprinzip der Europäischen Union halte ich den Ende August vom Bgm Ludwig gemachten Vorstoß, überall dort, wo Wien als Arbeitgeber auftritt, jene Personen zu bevorzugen, die schon mehrere Jahre in Wien leben, für mehr als befremdlich! (Beifall bei den NEOS.)
Sehr geehrte Damen und Herren von der Regierungsfraktion! Ich möchte mich jetzt sehr konkret an Sie wenden, und zwar frei von jeder Polemik, denn es ist mir ein großes Anliegen, wenn ich Ihnen das sage: Sie sind ja in Regierungsverantwortung, und das ist eine besondere Verantwortung in Wien im Herzen Europas, und ich meine, mit Europa und den europäischen Grundwerten spielt man nicht, denn wer mit den europäischen Grundwerten spielt, wird am Ende das Wasser auf den Mühlen der europafeindlichen Nationalisten sein, und das kann nicht in Ihrem Interesse sein! Das ist auf jeden Fall nicht in unserem Interesse! (Beifall bei den NEOS.)
Um den Wirtschaftsstandort Wien zu stärken, werden auf dem Wiener Arbeitsmarkt die besten Köpfe benötigt. Für berufliche Möglichkeiten und Chancen soll deshalb nicht der Wohnort, sondern sollen die Kenntnisse und die Fähigkeiten ausschlaggebend sein.
Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte in einem weltoffenen Wien leben, wo nicht zählt, woher man kommt, wo man lebt oder welches Parteibuch man hat, sondern wo ausschließlich zählt, was man in diese Stadt einbringen kann!
Daher bringe ich heute einen Beschlussantrag ein, wonach sich der Wiener Landtag zu einem weltoffenen Wien und im Sinne der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit zu einem offenen Wiener Arbeitsmarkt bekennt. Mit diesem Antrag möchte ich auch ganz klar alle Bestrebungen, die europäischen Grundpfeiler zu untergraben, ablehnen.
Ich meine, die Europäische Union hat viele Fehler und Unzulänglichkeiten, aber ich halte das Konzept der europäischen Integration, basierend auf einer starken Union und auf den europäischen Werten, für alternativlos, weil wir keine nationale Selbstverzwergung brauchen, sondern eine mutige, selbstbewusste und vor allem eine proaktive Europapolitik. - Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Die Restredezeit beträgt 11 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Meinhard-Schiebel. - Bitte sehr.
Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte ZuseherInnen!
Sie haben in der heutigen Sitzung bereits sehr viel über die Arbeit Österreichs in der EU erfahren, und da viele von Ihnen sicherlich nicht tagtäglich mitverfolgen, was im Rahmen der Europäischen Kommission und des Parlaments thematisiert wird, darf ich Ihnen einen besonderen Feiertagsgenuss bescheren: Unsere Kollegin, Frau Mag. Monika Vana, die meine Vorgängerin hier war und nun erfolgreich als grüne EU-Parlamentarierin tätig ist, hat einen Adventkalender für das Internet zusammengestellt, in dem sie täglich Themen anspricht, die gerade in letzter Zeit auf EU-Ebene zu Diskussionen führen. Es sind dies Diskussionen und Kontroversen, die wir auch hier im Haus zum Thema haben, die aber in Zusammenhang mit der EU stehen und an denen Sie sehr wohl auch beteiligt sind, und da wir GRÜNE uns als EuropäerInnen verstehen und nicht nur als schimpfende Zaungäste, darf ich Ihnen einiges aus diesen Adventkästchen präsentieren.
1.12.2018 - Schwarz-blaue Anti-EU-Bescherung, Indexierung der Familienbeihilfe: Die FP-VP-Regierung bricht EU-Recht, eine Indexierung von Familienleistungen nach dem Wohnort innerhalb der EU ist rechtswidrig. Das ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, das ist die Position der EU-Kommission. Unsere Regierung missachtet bewusst die Personenfreizügigkeit, führt eine Scheindebatte vor allem auf dem Rücken berufstätiger Frauen und ihrer Kinder. Das ist europafeindlich, das ist frauenfeindlich, das ist kinderfeindlich.
Unsere grüne Position: Wir verteidigen die Rechte von mobilen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der EU. Wir stehen für ein solidarisches Europa. Diese von Schwarz-Blau geschürte Neiddebatte gehört gestoppt! Gleiche Versicherungsbeiträge müssen zu gleichen Leistungen führen. Die Personenfreizügigkeit und der soziale Schutz sind Grundpfeiler der EU, an denen nicht gerüttelt werden darf. - So geht Grün, so geht soziales Europa.
2.12.2018 - Grüne in Europa schaffen es: Entsenderichtlinie neu, Erfolg gegen Lohn und Sozialdumping
Grüne Position: Die Entsenderichtlinie steht für gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Das Thema hat große Aktualität und Relevanz. Pro Jahr gibt es in der EU rund zwei Millionen Entsendungen, und immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden in andere Mitgliedstaaten entsandt. Die frühere Richtlinie hat sehr viele Schlupflöcher zum Nachteil von entsendeten Beschäftigten geboten. Wir Grünen haben uns deswegen sehr für eine Neufassung der Entsenderichtlinie eingesetzt, und das mit Erfolg. Das Ende Mai dieses
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