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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 216 von 251

 

an einer raschen Unterkunft überwiegen, erstens: Die Interessen von wem? Und zweitens: Die Interessen an was? Ich glaube, die Interessen der Wienerinnen und Wiener liegen sicher nicht daran, dass Sie da auch noch zusätzliche Containerdörfer errichten, wo sich ohnehin schon viel zu viele Fremde ohne Berechtigung in dieser Stadt aufhalten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht weiter. „Zwecks Verfahrensbeschleunigung soll gegen solche Bescheide gerichteten Beschwerden an das Verwaltungsgericht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommen.“ (Abg. Dominik Nepp: Unglaublich!) „Die gefertigten Abgeordneten stellen daher gemäß § 125 Abs. 2 der Wiener Stadtverfassung und § 130b Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Wien folgenden Initiativantrag:

 

Der Wiener Landtag wolle beschließen, der Entwurf eines Gesetzes, mit dem die Wiener Bauordnung geändert wird, wird zum Beschluss erhoben.“

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag ist ein Schlag ins Gesicht aller Wienerinnen und Wiener, die sich in den letzten Jahren an jede kleinste Vorschrift halten mussten, die man gepflanzt hat, denen man keine Ruhe gegeben hat und die sich auch zu Recht an Gesetze gehalten haben. Aber jetzt will man wieder auf Grund von zu vielen Fremden alles ändern! Das ist ein Zustand, den wir Freiheitliche sicher nicht mittragen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber abseits der politischen Bedenken gibt’s ja auch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die wir uns noch einmal vor Auge führen sollten. So ist es ja beispielsweise evident, und ich zitiere das vorliegende Verfassungsgutachten, dass das Gesetzesänderungsvorhaben ausschließlich im Zusammenhang mit dem jüngsten noch andauernden Zulassen von illegaler Massenimmigration durch die Bundesregierung zusammenhängt. Diese illegale Massenimmigration geht auch weder völkerrechtlich noch unionsrechtlich noch nach innerstaatlichen Rechtsgeboten, sondern wurde vielmehr von der Bundesregierung durch Nichtvollziehung bestehenden Asylgrenzkontroll- und Fremdenpolizeirechts hingenommen. Die daraus resultierenden Belastungen rechtfertigen jedoch sachlich keine Teilsuspendierung der Wiener Bauordnung. - Wir hören es. - Sie rechtfertigt keine Teilsuspendierung der Wiener Bauordnung, sondern würde vielmehr dazu verpflichten, dass die Bundesregierung umgehend den rechtlich gebotenen Asyl-, Grenzkontroll- und fremdenpolizeilichen Zustand wiederherstellt. Bei den in Rede stehenden Wanderströmungen handelt es sich im juristischen Sinne entgegen der Sprachregelung der überwiegenden veröffentlichten Meinung nicht um Flüchtlinge, sondern um für Österreich nach geltender völkerrechtlicher, unionsrechtlicher und der gesetzlichen Rechtsordnung widersprechende Migrationsströme, die bereits, bevor sie österreichisches Territorium erreicht haben, zahlreiche sichere Drittstaaten beziehungsweise die Dublin-Staaten durchquert haben.

 

Wir hören es aus diesem Rechtgutachten, es liegen diese Gründe nicht vor. Und das heißt auf den Punkt gebracht, es wird von der österreichischen Bundesregierung eine gesetzwidrige Praxis gefahren, und das kann keine sachliche Rechtfertigung für eine Teilsuspendierung liefern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Weiters was hingegen die im Entwurf des § 71c genannten Naturereignisse oder tatsächlich geltende völkerrechtliche, unionsrechtliche oder innerstaatliche Verpflichtungen der Gemeinde beziehungsweise des Landes gegenüber diesem Punkt anlangt, da ist nicht erkennbar, dass die derzeit geltende Wiener Bauordnung diesbezügliche Notwendigkeiten aufweisen würde. Der Gesetzesentwurf knüpft nicht nur an Naturereignisse und bestehende völkerrechtliche, unionsrechtliche oder innerstaatliche Verpflichtungen, sondern darüber hinaus an nicht näher definierte humanitäre Gründe. Was humanitäre Grunde sein sollen, ist reichlich unbestimmt oder anders formuliert, je nach persönlicher Präferenz für humanitäre Ansprüche ist dieser Tatbestand mit beliebigen Inhalten füllbar. - Das heißt, es gibt keine Norm. - Das ist immer in subjektiver Betrachtungsweise und kann deswegen auch nicht korrekt angewendet werden. Dabei ist weiters zu bedenken, dass humanitäre Gründe augenscheinlich keine normativen Gründe sind, weil völkerrechtliche, unionsrechtliche oder innerstaatliche Verpflichtungen ohnehin gesondert genannt sind. Das bedeutet, dass dieser Tatbestand nicht auf geltende menschenrechtliche Standards verweist, sondern nichts anderes als ein Einfallstor für subjektive Wertungen für Vollzugsorgane ist. Die Reichweite des Gesetzes hängt damit nicht von objektiven Kriterien, sondern von der subjektiven Präferenz der Vollzugsorgane ab. Die Existenz humanitärer Gründe könnte daher beispielsweise und unabhängig von Flüchtlingsströmen auch postuliert werden, wenn 4-köpfige autochthone Familien in Wien mit bloß 50 m² Wohnraum, mit bloß 70 m² Wohnraum oder mit bloß 120 m² Wohnraum auskommen müssen, ganz abhängig davon, was humanitäre Standards der Wohnbedürfnisse solcher Familien anlangt. Das gewiss zugespitzte Beispiel zeigt, dass der Tatbestand letztlich keinen präzisen Inhalt hat, sondern abhängig vom humanitären Maßstab des Betrachters beliebige Inhalte annehmen kann und daher völlig unbrauchbar ist.

 

Speziell bezogen auf das Hauptmotiv für die Gesetzesnovelle, nämlich für die Vorsorge für illegale Immigranten aus sogenannten Problemstaaten der Zweiten und Dritten Welt ist festzuhalten, dass humanitäre Gründe des § 71c des Entwurfs je nach Anschauung des Betrachters in Bezug auf Milliarden Menschen vorliegen könnten. Der inhaltsleere und rein durch Wertungen der Vollzugsorgane zu konkretisierende Tatbestand der humanitären Gründen widerspricht daher Art. 118 Abs. 1 B-VG.

 

Wir könnten jetzt die verfassungsrechtliche Diskussion durchaus noch in die Länge ziehen. Ich möchte allerdings vom Verfassungsrechtlichen wieder ein bisschen ins Politische kommen und noch einmal die mediale Berichterstattung im Vorfeld der heutigen Debatte beleuchten, weil, so wie ich bereits zu Beginn auch ganz klar darauf hingedeutet habe, das, was da geschieht,

 

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