Landtag, 39. Sitzung vom 01.06.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 19
ist ein ganz anderes als die Probleme, mit denen sie uns konfrontieren. Es geht nicht um Flanierzonen, es geht nicht um gleichgeschlechtliche Ampelpärchen. Es geht um Wirtschaft, es geht um Arbeitsplätze und es geht darum, dass wir letztendlich die Sicherheit bewahren und auch unsere Identität als Österreich, als Land im Herzen Europas, und nicht als Weltsozialamt behalten. Dafür sollten Sie raschest ein Gespür entwickeln! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Duzdar und ich erteile das Wort. Sie hat eine Redezeit von 30 Minuten.
Abg Mag Muna Duzdar (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die FPÖ hat es wieder einmal geschafft, innerhalb eines Jahres mehrfach Aktuelle Stunden und Sondersitzungen mit dem Thema „Verschärfung des Bettelverbotes“ zu besetzen. Wie oft haben wir in den letzten Monaten Bettelverbot diskutiert! (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Umsetzen!) Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann mich mittlerweile nicht des Eindrucks erwehren, dass Ihnen offenbar die politischen Themen ausgegangen sind oder Sie wirklich glauben (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Umsetzen! – Abg Mag Dietbert Kowarik: Ja genau, umsetzen! – Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ampelpärchen!), dass Ihre Verbotsphantasien dann doch vielleicht Realität werden könnten, wenn Sie uns alle paar Monate mit Ihren zwei Lieblingsthemen Bettelei oder Asyl beglücken. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Umsetzen, dann geht es schon!) Die nächste von Ihnen gewünschte Sondersitzung ist sicherlich wieder dem Thema Asyl gewidmet. Habe ich recht? (Beifall bei der FPÖ.) Sehen Sie, ich brauche wahrlich keine magischen Kräfte zu haben, ich brauche wahrlich nicht Wahrsagerin oder (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Umsetzen!) Hellseherin zu sein, um Ihre Themenwiederholungen voraussagen zu können, denn Sie sagen sowieso immer nur das Gleiche (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Setzen Sie es um, dann brauchen wir nicht darüber reden!), und es sind immer bestimmte Menschengruppen, die Sie sich herauspicken (Abg Mag Johann Gudenus: Nur umsetzen!). Es geht immer darum, auf bestimmte Gruppen von Menschen loszugehen. Einmal sind es die BettlerInnen, dann sind es wieder die AsylwerberInnen, die Sie abfällig Asylanten nennen, dann sind es wiederum Angehörige bestimmter Religionsgruppen. Ihre Politik ist immer gegen Menschen gerichtet! Bei Ihren Themen geht es immer nur darum, Menschen schlecht zu machen, Menschen als Verbrecher hinzustellen, als Kriminelle, als Ausbeuter, als Betrüger (Aufregung bei Abg Mag Wolfgang Jung.) unseres Systems. Und Ihr ganz klares Ziel ist es, die Gesellschaft soll die Achtung und den Respekt vor bestimmten Menschen verlieren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – Aufregung bei der FPÖ.)
Und jetzt tun Sie scheinheilig so, als ob es Ihnen mit Ihrem Antrag darum ginge, das organisierte Verbrechen und den Menschenhandel zu bekämpfen. Wer Ihren Antrag liest, der glaubt ja wahrlich, dass hinter jedem Menschen, der die Hand ausstreckt und ein paar Cents erbettelt, das organisierte Verbrechen steckt. Sie wollen Betteln mit organisiertem Verbrechen gleichsetzen und dadurch jeden Bettler und jede Bettlerin zu Kriminellen machen. Es ist einfach nicht wahr, dass Sie die Ausbeutung von Menschen bekämpfen wollen! Sie bekämpfen die BettlerInnen und das ist der große Unterschied, denn wir wollen die Armut bekämpfen und nicht die Armen! (Abg Mag Wolfgang Jung: Erfolglos! Erfolglos!)
An einem ganz guten Beispiel kann ich das gut demonstrieren. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Geschichte erzählen ist super!): Vor nicht langer Zeit hat die FPÖ in der Bezirksvertretung im 22. Bezirk einen Antrag eingebracht, wo sie die Räumung einer Zeltstadt in Stadlau gefordert hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, raten Sie einmal, was diese Zeltstadt war? Ein Zelt von einem Obdachlosen, der unter der Autobahnbrücke geschlafen hat! Wissen Sie, was ich mir gedacht habe? Ich habe mir nur gedacht: Was geht in einer politischen Partei vor (Aufregung bei Abg Armin Blind.), die nichts Besseres zu tun hat, als Ihre politische Kraft daran zu setzen, einen armen Menschen, der unter der Brücke schläft und keiner Fliege was zuleide tut (Aufregung bei der FPÖ.), mit einem politischen Antrag in der Bezirksvertretungssitzung räumen zu lassen? Wie menschenverachtend kann es noch gehen? Schämen Sie sich! (Weitere Aufregung bei der FPÖ. - Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Als ob es keine anderen Probleme in unserer Gesellschaft gäbe, (Abg Mag Wolfgang Jung: Da haben Sie recht!) als gegen einen armen Obdachlosen zu hetzen! (Weitere Aufregung bei Abg Armin Blind.) Sie wollen offenbar wirklich jeden bettelnden Menschen zu einem Kriminalfall machen und am besten gleich alle wegsperren! Das ist in Wirklichkeit Ihre eigentliche Intention, nämlich Menschen zu kriminalisieren, und das lehnen wir entschieden ab! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Außerdem, wenn wir jetzt zum rechtlichen Bereich kommen, tun Sie ja immer so, als ob das Betteln in Wien nicht geregelt wäre, als ob es keine Gesetze in dieser Stadt gäbe, die bestimmen, wie mit diesem Phänomen (Abg Armin Blind: Weiter so!) umzugehen ist. Es gibt in der Tat und zum Glück in einer freien demokratischen Gesellschaft kein absolutes Bettelverbot.
Sowas gibt es nämlich nur in autoritären Gesellschaften. Es wird immer Menschen geben, die in eine Notlage kommen und betteln. Ein allgemeines Bettelverbot würde im engsten und im restriktivsten Sinne ja in Wirklichkeit dazu führen, dass selbst das Schnorren einer Zigarette oder dass kurzfristig in Not geratene Menschen durch das Erbetteln von Geld strafbar wären. Ein allgemeines Verbot ist klar verfassungswidrig. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Haben Sie den Antrag gelesen?) Und, Herr Kollege Aigner, wenn Sie heute gesagt haben, man kann den Verfassungsgerichtshof kritisieren, natürlich kann man den Verfassungsgerichtshof kritisieren, aber der Verfassungsgerichtshof lehnt sich an unsere Bundesverfassung an (Abg Mag Wolfgang Jung: Ja, ja!) und
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