Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 64
recht, und alles andere sei undemokratisch, dann ist das angesichts der demokratischen Verfasstheit dieser Republik und überhaupt der westlichen Demokratien etwas eigentümlich! (Abg Mag Wolfgang Jung: Eigenartig ist die Vorgangsweise!) Das ist das Stichwort! Wir reden jetzt nicht über die Vorgangsweise, sondern wir reden darüber, ob das Wahlrecht demokratisch ist! Das ist das Thema, und damit werden wir uns jetzt befassen. Im Gegensatz zu allen anderen halte ich mich offensichtlich an die Vorgaben, das ist das Problem!
Wenn man die gesamte Diskussion und auch die vergangene Diskussion verfolgt, dann schleicht sich ein Verdacht ein, nämlich dass die Struktur des Wiener Wahlrechts nicht verstanden wird. – Es handelt sich dabei um ein zweistufiges Wahlrecht. Es gibt ein Verfahren im Bereich des Wahlzahlverfahrens, und in Folge ein Höchstzahlverfahren. Und im Zusammenhang damit muss man wieder etwas zurückweisen: Im ersten Wahlverfahren auf der Ebene der Wahlkreise ist jedes Mandat gleich viele Stimmen wert. Kollegin Kickert hat für ihr Mandat gleich viele Stimmen gebraucht wie Kollege Woller in seinem Wahlkreis. Da gibt es keine Differenzierung, alle Stimmen sind gleich viel wert. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Im Wahlkreis!) Ja, im Wahlkreis! (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Das ist aber in den unterschiedlichen Wahlkreisen ganz unterschiedlich!)
Im zweiten Verfahren, das ein Ausgleichsverfahren für die übrig gebliebenen Stimmen ist, wird nach dem d’Hondt-Verfahren vorgegangen, und dort ist jedes Mandat gleich viel wert. In beiden Wahlverfahren ist also ein Mandat gleich viele Stimmen wert. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Nein, das ist falsch!)
Wenn man das anders haben will, dann soll man es sagen, und der Verdacht drängt sich auf … (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Im Bezirk Donaustadt ist es anders als im Bezirk Landstraße!) Martin! Wollt ihr die Bezirke abschaffen? Wollt ihr die Wahlkreise abschaffen und ein einheitliches Verfahren für ganz Wien haben? Wenn ihr das wollt, dann müsst ihr das sagen! Ich stehe nicht dafür! Ich habe eine andere Herangehensweise!
Nehmen wir einmal meinen Heimatbezirk Favoriten: Mein Heimatbezirk Favoriten repräsentiert etwas mehr als 10 Prozent der Bevölkerung. In diesem Haus sitzen acht Abgeordnete aus meinem Bezirk, also eigentlich um zwei zu wenig. Und die Forderung, das Wahlrecht in dieser Art und Weise zu ändern, wie es mir zu Ohren gekommen ist, kann dazu führen, dass nur noch sechs Favoritnerinnen und Favoritner in diesem Haus sitzen und vier eben nicht! (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das liegt an den Parteien und nicht am Wahlsystem!)
Ich meine das jetzt nicht parteipolitisch, sondern ich sehe das regionalpolitisch, und ein Wahlrecht, gemäß welchem die Favoritner Bevölkerung in ihrer Anzahl der Bürger gegenüber der Anzahl an Abgeordneten im Haus unterrepräsentiert ist, muss ich ablehnen, das sage ich Ihnen offen. Ich bin dafür, dass die Bevölkerung eines Wohngebiets in diesem Haus möglichst maximal repräsentiert wird und darüber hinaus ein Ausgleich gefunden wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Wer das nicht will, der soll es sagen, der muss aber auch sagen, und das geht jetzt an die Adresse von Politikern und Politikerinnen, die sich der Basisdemokratie verschreiben: Die Basis entscheidet nicht wirklich darüber, wer das Mandat bekommt. Der Kollege aus Favoriten ist nämlich angreifbar. Herr Rösch ist angreifbar. Er ist Favoritner. Man kann dorthin gehen. Die Favoritner geben ungern ihre Stimmen anonym ab. Dort gibt es einen Topf, und wer dann mein Vertreter wird, das weiß man nicht. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Lesen Sie unsere Anträge, dann kapieren Sie es!)
Meine Damen und Herren! Ich bin dafür, dass man das seriös diskutiert, dass man an den Verhandlungstisch zurückkehrt, dass man versucht, eine gemeinsame Lösung aller vier Parteien zu finden. Das sage ich auch dazu: Es ist wichtig, eine Lösung aller vier Parteien zu finden, aber eine Lösung, bei der die repräsentierte Bevölkerung in diesem Gremium auch repräsentativ vertreten ist, und zwar nicht nur nach dem Maßstab der Parteistimmen, sondern nach dem Maß der regionalen Verteilung in dieser Stadt, denn das ist die Stärke dieser Stadt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Das war der letzte Redner zur Aktuellen Stunde, welche somit beendet ist.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs 2 im Zusammenhalt mit § 31 Abs 1 der Geschäftsordnung bekannt, dass eine schriftliche Anfrage von Abgeordneten des Klubs der Wiener Freiheitlichen eingelangt ist.
Die Abgen Dkfm Dr Fritz Aichinger, Dr Wolfgang Ulm und Mag Dietbert Kowarik haben am 27. Februar 2015 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend die Novellierung der Wiener Gemeinderatswahlordnung 1996 – GWO 1996/faires Mandatszuteilungsverfahren - landesweiter Proportionalausgleich - eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen.
Die Abgen Dipl-Ing Rudi Schicker, Mag Johann Gudenus, Georg Niedermühlbichler, Mag Katharina Schinner, Dr Kurt Stürzenbecher und Siegi Lindenmayr haben am 2. März 2015 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Änderung des Gesetzes über die Gemeindewahlordnung der Stadt Wien - Wiener Gemeindewahlordnung 1996 – GWO 1996 - hinsichtlich Frist für Wahlkarten eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen.
Die Abgen Dipl-Ing Rudi Schicker, Mag Johann Gudenus, Georg Niedermühlbichler, Mag Katharina Schinner, Dr Kurt Stürzenbecher und Sigi Lindenmayr haben am 2. März 2015 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Änderung des Gesetzes über die Gemeindewahlordnung der Stadt Wien hinsichtlich Wahlausschließungsgründe eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen.
Die Abgen Mag Nicole Berger-Krotsch, Silvia Rubik, Safak Akcay, Franz Ekkamp, Marianne Klicka, Anica
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