Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 64
Ereignisse wie jene heutigen erspart geblieben, meine Damen und Herren!
Dazu, dass ein Mandatar gewechselt hat, sage ich: Das ist schon oft vorgekommen, der Herr Bürgermeister hat es angesprochen, das kommt immer wieder vor. Dass aber ein Mandatar eine Stunde vor einer Sitzung mit einer entscheidenden Abstimmung auf die Idee kommt, aus angeblich weltanschaulichen Gründen die Fronten wechseln zu wollen, ist beachtlich! (Ironische Heiterkeit bei Abg Mag Wolfgang Jung.) Ich drücke es einmal so aus: Das ist bemerkenswert!
Herr Kollege Akkilic! Ich kenne Sie als jemanden, der bei seinen Wortmeldungen in den letzten Jahren immer sehr gerne die Moral hoch gehalten hat. – Ich will Sie wirklich gar nicht persönlich angreifen, aber ich möchte Sie ersuchen, wenn Sie heute nach Hause kommen: Schauen Sie sich in den Spiegel und überlegen Sie, wie sich das anfühlt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg Heinz Hufnagl: Wieso fällt mir jetzt wohl der Name Kenesei ein?)
Meine Damen und Herren! Wenn persönliches Fortkommen in der Politik – und das ist leider kein Einzelfall – wichtiger ist als inhaltliche Grundsätze, dann haben wir ganz definitiv ein Demokratieproblem! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Mir verbleiben noch zwei Minuten. – Ich glaube, die Ereignisse der letzten Wochen und Monate haben vor allem gezeigt: Ja. Wir sollten weiterhin darüber nachdenken, ob die Mandatszahl – gerade in einem Landtag, der über 100 Mandatare verfügt – mit der Prozentzahl übereinstimmt.
Aber es gibt auch noch viele weitere Themenbereiche, die ganz, ganz wichtig sind. Bis vor Kurzem war der breiten Öffentlichkeit völlig entgangen, dass eine Partei mit 44 Prozent in allen Ausschüssen dieses Hauses über eine absolute Mehrheit verfügt. Bis vor Kurzem ist es den Menschen entgangen, dass man entgegen der Bundesverfassung für einen Initiativantrag hier in diesem Haus teilweise eine doppelte Mehrheit braucht, nämlich im Ausschuss und im Landtag, was massiv bedenklich ist.
Wenn wir darüber reden, dass der Herr Bürgermeister mehrfach gesagt hat, dass sich auch die ÖVP mehrheitsfördernde Elemente vorstellen kann, dann muss man redlichkeitshalber auch dazusagen, dass solche Dinge immer mit einer ganz massiven Stärkung von persönlichkeitsstärkenden Elementen einhergehen sollen beziehungsweise müssen. Wir wissen allerdings ganz genau, dass die Stadt Wien beispielsweise betreffend eine massive Stärkung der Vorzugsstimmen anderen Bundesländern massiv hintennach hinkt.
Es gibt neben dem fairen Wahlrecht, was die Mandatsverteilung betrifft, im Koalitionsübereinkommen noch viele weitere Vorhaben, die leider nicht umgesetzt wurden bis hin zur Novelle des Untersuchungsausschusses oder zur Novelle der Geschäftsordnung für Landtag und Gemeinderat. Diesbezüglich war vieles angedacht, im Hinblick auf die Umsetzung muss man aber sagen: Leider nein!
Darum sage ich: Wir brauchen, unabhängig von den wenig appetitlichen heutigen Vorgängen, mehr Demokratie in der Stadt, und die ÖVP wird sich dafür einsetzen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Gudenus. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Landtag!
Ich habe die Worte des Herrn Klubobmann Ellensohn genau verfolgt: Er hat wieder einen historischen Abriss über die Entstehung beziehungsweise die Genese des Wahlrechtes und die Ausweitung des Wahlrechtes gebracht und hat darüber gesprochen, wie man sich früher das Wahlrecht mit 10 Gulden erkaufen konnte. – Heutzutage schaut es anders aus: Man kann sich einen Mandatar mit 30 Silberlingen kaufen, Herr Akkilic, um ein neues, modernes Wahlrecht zu verhindern! Das ist ein rot-grünes Sittenbild, meine sehr geehrten Damen und Herren: 30 Silberlinge, Herr Akkilic! (Beifall bei der FPÖ.)
Und dann sitzen Sie mit dem Status eines klubunabhängigen Mandatars mitten im Klub der SPÖ! (Abg Mag Sybille Straubinger, MBA: Und wo sitzt Aigner? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Er sitzt nicht mitten im Klub der FPÖ! Da besteht wohl ein großer Unterschied! Das ist ein rot-grünes Sittenbild, und all das auf Kosten und auf dem Rücken der Bürger. (Beifall bei der FPÖ.)
Man kann hier und heute konstatieren: Das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie und ein schwarzer Tag für den politischen Anstand hier in diesem Haus und für ganz Wien! Das ist wirklich schade! (Beifall bei der FPÖ. – Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Was reden denn Sie über Anstand?)
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die eigentliche Eintrittskarte des Herrn Akkilic in die Reihen der SPÖ seine Rede am Mittwoch auf Türkisch war: Dabei ist die SPÖ draufgekommen: Das ist ja einer von uns, der spricht unsere Wähler an, er kann am 1. Mai mitmarschieren! (Beifall und Heiterkeit bei der FPÖ.)
Das war die Eintrittskarte! Genauso ist es gelaufen! Das war seine Antrittsrede: Er ist da gestanden und hat auf Türkisch doziert. Und die Roten haben sich gedacht: Der ist sicherlich anfällig für uns! Den holen wir uns rüber! – So ist es gelaufen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein moralisches Versagen von Rot, aber auch von Grün, heute an diesem traurigen Tag für die Demokratie, das ist ein wesensimmanenter beziehungsweise systemimmanenter Verrat, ein rot-grünes Sittenbild.
Wenn es darum geht, sich an die Macht zu klammern, ist Ihnen jedes Mittel recht, die Geschäftsordnung mit Füßen zu treten, rechtswidrig Anträge vielleicht nicht zuzulassen, Mandatare kurz vor einer Sitzung – wie ich bewusst sage – einzukaufen. Das ist Ihr Stil, meine sehr geehrten Damen und Herren, und mit diesem können wir nichts anfangen. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Ing Isabella Leeb.)
Jetzt komme ich aber auch zu den Grünen: Sie hatten das Glück, dass heute die Aktuelle Stunde für die Grünen an der Reihe war, und Sie haben dieses The
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