Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 85
ren mit einem Notariatsakt angefangen hat. (Lhptm-Stv. Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Es war eine notariell beglaubigte Unterschrift!) Ich weiß, das wurde hier schon mehrfach gesagt, das ist keine Frage. Ich möchte das aber trotzdem auch erwähnen, weil ich damals durchaus auch dabei war!
Insbesondere war es ja so, dass damals auch die Grünen sich verpflichtet haben, diesen mehrheitsfördernden Faktor ganz abzuschaffen, diesen Faktor also einfach auf null zu setzen. Und darum komme ich jetzt zu dieser Debatte darüber, ob das Glas halb voll oder halb leer ist.
Wenn 2011/2012 – und das sage ich jetzt auch als Bürgerin – dieser vorliegende Vorschlag hier angenommen worden wäre, dann hätte ich gesagt: Okay, das ist ein erster Versuch in einer ersten Koalition. Sie haben verhandelt, sie haben einen Kompromiss gefunden, das ist nun einmal so in der Politik, aber es ist immerhin etwas weitergegangen.
Aber versetzen Sie sich doch einmal in die Lage der Bürgerinnen und Bürger, die fünfeinhalb Jahre dabei zuschauen, wie herumgewurschtelt und nichts weitergebracht wird. Nichts! Zu dem, was hier vorliegt, haben Sie, glaube ich, schon vor zweieinhalb Jahren in einem Blog bemerkt, dass das eh der Kompromissvorschlag der Grünen gewesen wäre. (Zwischenruf von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) Ich verstehe schon, dass Sie mit den Schultern zucken, aber es ist ja auch unwürdig weitergegangen!
Kurz vor der Wahl haben Sie sich – nach dem Motto: „Am Abend wird der Faule fleißig.“ – entschlossen, einen koalitionsfreien Raum zu schaffen, damit dieses leidige Thema irgendwie doch noch zu einem guten Ende gebracht wird, und dann ist halt das geschehen, was geschehen ist, dass sich nämlich durch ein – das muss ich jetzt vorsichtig formulieren – Wechseln des Herrn Abg. Akkilic in das Lager der SPÖ die Mehrheitsverhältnisse geändert haben. – Das ist unwürdig! Und es fragt sich schon, welches Bild Sie hier im Haus nach außen abgeben wollen!
Ich meine das ganz ernsthaft: Gerade wenn es um eine so zentrale Frage wie das Wahlrecht geht, muss man sich meiner Meinung nach sehr wohl überlegen, was für ein Bild man nach außen abgibt! – Ich habe damals, noch von außerhalb des Hauses, darauf hingewiesen, dass das, was hier auch mit dem Wechsel des Abgeordneten geschehen ist, gemeinsam mit der Tatsache, dass es letztlich keinerlei Änderung gegeben hat, meines Erachtens sehr viel dazu beiträgt, dass es Politikverdrossenheit gibt, wenn auch nicht nur in dieser Stadt, aber generell. Wie erklären Sie denn den Menschen draußen, dass Sie so lange dafür gebraucht haben? Und das vor allem dann – das muss ich sagen –, wenn letztlich das hier auf dem Tisch liegt. Das verstehe ich wirklich nicht!
Ich finde es schade, das sage ich ganz offen, dass das besagte Wahlrecht 2015 noch zur Anwendung gekommen ist, und zwar nicht nur aus Sicht unserer Fraktion, sondern auch, weil das letztlich dazu geführt hat, dass wir jetzt eine Sperrminorität der FPÖ in Verfassungsangelegenheiten haben, was mir nicht recht ist, das muss ich Ihnen ganz offen sagen. Aber die Frage, ob es wahnsinnig gescheit war, nicht doch noch vor der Wahl eine Änderung zustande zu bringen, müssen Sie sich selber stellen, liebe SPÖ und auch liebe GRÜNE!
Für uns ist das Wahlrecht eine zentrale Frage und eine zentrale Säule der Demokratie, und es ist uns zu wenig, jetzt nur über die Frage des mehrheitsfördernden Faktors zu diskutieren. Es gibt nämlich auch viele andere Aspekte, die unserer Meinung nach dringend reformbedürftig sind beziehungsweise über die man zumindest intensiver diskutieren muss.
Es ist kein Geheimnis, dass wir NEOS uns für ein viel stärker personalisiertes Wahlrecht aussprechen. Darum begrüße ich zum Beispiel die Diskussion über die Direktwahl von Bezirksvorstehern und Bezirksvorsteherinnen. Ich hätte auch gern ein mehr personalisiertes Wahlrecht auf Bundesebene und würde mir auch hier eine Diskussion darüber wünschen, dass man die Personen vor die Listen stellt!
Es ist auch kein Geheimnis, dass uns die innerparteiliche Demokratie ein großes Anliegen ist, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, ein reichlich kompliziertes Vorwahlsystem bei uns einzurichten. (Zwischenruf von Abg. Mag. Manfred Juraczka.) Es ist sehr kompliziert, das weiß ich! Das führt auch immer wieder zu Diskussionen bei uns, aber es ist ein ehrlicher Versuch, die Dinge anders zu machen und zu garantieren, dass nicht eine kleine Gruppe eines Vorstands beschließt, wer auf die Liste kommt! Letzteres halten wir nicht für den besten Weg, wir halten es aber auch nicht für den besten Weg, wenn das eine rein basisdemokratische Entscheidung ist. Wir glauben daran, dass eine Mischform dieser beiden Varianten das beste Ergebnis und letztlich das bringt, was wir uns vorstellen, dass nämlich nicht nur Expertinnen und Experten, sondern auch talentierte, redliche Menschen auf entsprechende Listenplätze kommen und man sich das nicht erarbeiten muss, indem man beispielsweise fünf Jahre lang Kadergehorsam pflegt.
Jemand hat einmal gesagt: „Hände falten, Goschen halten!" – Ich will nicht, dass so etwas in unserer innerparteilichen Demokratie auch noch belohnt wird! Nein! Wir versuchen, andere Wege zu beschreiten, und ich bin gerne offen für Diskussionen. Wenn Sie sagen, dass das, was wir machen, zu kompliziert ist, dann sage ich: Wenn Sie Vorschläge haben, wie wir das reformieren können, ziehen wir das gerne in Betracht! Wir arbeiten kontinuierlich an einer Erneuerung auch bei uns selber und werden jetzt im Jänner wieder eine Diskussion darüber starten, wie wir das reformieren können.
Mir geht es aber vor allem darum zu sagen … (Zwischenruf von Abg. Siegi Lindenmayr.) Das ist zum Beispiel auch eine interessante Frage, über diese könnte ich mich jetzt auch ausbreiten: Wie stellt man sicher – und das gilt, glaube ich, nicht nur für eine innerparteiliche Demokratie, sondern auch für sämtliche Partizipationsmöglichkeiten, die sich in einer Stadt bieten –, dass man einerseits genug niederschwellige Angebote hat, sodass sich die Menschen auch wirklich beteiligen, dass man
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