Landtag, 35. Sitzung vom 27.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 62
Herrn Kollegen Kowarik klingt für mich ja besonders gefährlich und hinterfragenswert. Sie haben gemeint, wenn Sie in der Vergangenheit Fehler gemacht haben sollten, dann werden Sie nicht anstehen, sich zu diesen zu bekennen und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Ja, was kann denn das heißen? Darf ich in Zukunft dann auch nicht mehr Fragen zum Wahlrecht stellen? Darf ich auch zu anderen Landesgesetzen keine Fragen mehr stellen? - Wie wird sich dieser Landtag weiterentwickeln? Wie wird sich dieses Hohe Haus weiterentwickeln? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich appelliere jetzt vor allem an die Abgeordneten, an die Kollegen von den Regierungsparteien: Wir dürfen uns das als Abgeordnete nicht gefallen lassen! Es gibt jetzt schon eine enorme Schieflage zwischen Exekutive und Legislative. Wir haben ein unglaubliches Machtungleichgewicht zwischen Stadtsenat und Gemeinderat. Wir sind aber direkt gewählt! Wir haben die Aufgabe, hier Dinge voranzutreiben, Dinge anzusprechen und vor allem die Regierung zu kontrollieren, den Stadtsenat und die Landesregierung zu kontrollieren! Ich ersuche also dringend darum, sich auf die Beine zu stellen, dass wir uns diese Verantwortung nicht aus den Händen nehmen lassen. Wir haben diese Verpflichtung. Wir sind dazu gewählt worden! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Nur zur Information, vor allen Dingen auch für unsere Zuhörer im Internet oder auf der Galerie: Es ist nicht die Fragestellung, es ist nicht der Inhalt der Frage der Grund dafür, dass diese Frage laut Geschäftsordnung und Stadtverfassung nicht gestellt werden kann. Ganz im Gegenteil, genau dieses Recht ist das Recht der Abgeordneten: an die Landesregierung entsprechende Fragen zu stellen. Das ist selbstverständlich. Aber wir haben uns auch an den Buchstaben des Gesetzes zu halten (Abg Mag Wolfgang Jung: Genau!) - lassen Sie mich ausreden, Herr Kollege –, und ich habe das zu wahren.
Es wäre überhaupt kein Problem gewesen, das für diese Frage zuständige Mitglied der Landesregierung mit dieser Frage zu konfrontieren. Dann hätten wir sie schon längst erledigt. Aber es wurde partout - wahrscheinlich wider besseres Wissen, oder auch nicht - ein anderes Mitglied der Landesregierung mit dieser Fragestellung beschäftigt. Aus diesem Grund kann die Frage nicht zugelassen werden.
Es hat sich nochmals Herr Abg Aigner zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Fünf Minuten, Herr Abgeordneter. – Bitte.
Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Herr Klubobmann Schicker! Was Sie da vorher ausgeführt haben, ist juristisch schlichtweg unhaltbar. Ich darf Ihnen das jetzt erklären: Die Einbringung einer Regierungsvorlage ist kein Akt der Gesetzgebung, sondern ist ein Akt der Verwaltung, die ein Gesetzgebungsverfahren einbringen kann. Die Gesetzgebung findet hier statt. Deswegen werden ja auch die Fragen juristisch korrekt immer auf das Einbringen einer Regierungsvorlage abgestellt. Es ist ohnehin traurig, dass nicht nur bei uns im Landtag, sondern auch im Nationalrat die meisten Gesetze von der Regierung eingebracht werden und nicht aus dem Parlament kommen, aber sei's drum. Aber es handelt sich bei der Einbringung einer Regierungsvorlage nicht um einen Akt der Gesetzgebung, sondern um einen Akt der Vollziehung, der hier dann im zuständigen Gremium legistisch zu behandeln ist.
Und: Der Herr Landeshauptmann hat eine umfassende Zuständigkeit, und deswegen darf man ihn als Regierungschef - er ist der Regierungschef der Wiener Landesregierung - selbstverständlich fragen, wann er in seiner Verantwortung ein Gesetz einzubringen gedenkt. Und daher kann es keine Einschränkung beim Landeshauptmann geben - ich habe das schon vorhin gesagt -, sonst dürften wir den Herrn Landeshauptmann überhaupt nichts fragen, was legistische Vorhaben der von ihm geführten und dominierten Landesregierung betrifft. Und das ist schlichtweg falsch.
Präsident Prof Harry Kopietz: Ich unterbreche neuerlich die Sitzung zur Abhaltung einer Präsidiale.
(Unterbrechung der Sitzung von 9.39 Uhr bis 9.58 Uhr.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Ich nehme die Sitzung wieder auf. - Für die Zuseher: Das ist gelebter Parlamentarismus!
Zum dritten Mal zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg Kowarik. Ich schicke voraus, dass wir uns in der Präsidiale einig geworden sind, dass wir eine weitere Vorgangsweise im Konsens wählen werden. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Ich nehme zur Kenntnis, dass die Präsidialkonferenz eben jetzt beschlossen hat oder übereingekommen ist, dass das Problem auf Ebene der Präsidiale vielleicht noch vertieft wird. Es gibt ja nicht ganz einhellige Meinungen dazu, und es dürfte ja nicht so einfach sein. Wenn man den Worten des Kollegen Schicker folgt, dann dürften wir in Wirklichkeit zur Gesetzgebung an gar kein Landesregierungsmitglied Anfragen stellen. Denn das ginge dann nicht: Wenn tatsächlich das alles Gesetzgebung ist, dann dürfen wir auch nicht das zuständige Mitglied der Landesregierung befragen. Ich glaube, es ist nicht so.
Ich weiß, die Entscheidungen des Präsidenten sind endgültig - das ist auch gut so, sage ich dazu, denn sonst hätten wir nur noch Rechtszüge zu vielleicht nicht ganz so wichtigen Dingen -, aber ich darf nur vorlesen, was ich gesagt habe.
Ich habe gesagt: „Herr Präsident, Sie tun dem Landtag und dem Parlamentarismus keinen guten Dienst, wenn sie das Interpellationsrecht der Abgeordneten untergraben, und ich behaupte und empfinde das als Willkür.“ Ich habe also mein Empfinden ausgedrückt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Der Zweite Präsident hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte
Abg Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen): Zur ersten Wortmeldung, Frau Vizebürgermeisterin! Ich möchte feststellen, dass man da unterscheiden wird müssen, nämlich zwischen den persönlichen Feststel
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