Landtag, 35. Sitzung vom 27.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 62
(Beginn um 9.01 Uhr)
Präsident Prof Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen!
Ich eröffne die 35. Sitzung des Wiener Landtages. Die Sitzung ist somit eröffnet.
Entschuldigt sind die Abgen Stark, Dipl-Ing Stiftner, Mag Berger-Krotsch und Mag Neuhuber.
Zuvor darf ich noch Herrn Abg Kowarik, der sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat, das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Viele sind wir noch nicht.
Zur Geschäftsordnung habe ich mich zu Wort gemeldet, weil der Herr Präsident des Wiener Landtages eine von mir eingebrachte mündliche Anfrage nicht zugelassen hat, und dies aus meiner Sicht zu Unrecht. Ich darf den Sachverhalt schildern:
Ich habe eine mündliche Anfrage mit folgendem Wortlaut eingebracht: „In den letzten Monaten wurde regelmäßig von Politikern der rot-grünen Koalition eine Reform der Wiener Gemeindewahlordnung hinsichtlich der Mandatsverteilung in Aussicht gestellt. So hat der Obmann des SPÖ-Klubs im Wiener Rathaus im ‚Ö1-Morgenjournal‘ vom 6.8.2014 eine entsprechende Beschlussfassung in der ersten Landtagssitzung nach dem Sommer vorangekündigt. Der Obmann des Grünen Klubs im Rathaus hat im ‚Kurier‘-Interview vom 5.9.2014 auf die Frage: ‚Wann kommt endlich das neue Wahlrecht?‘ geantwortet: ‚In der Landtagssitzung am 27. November wird es beschlossen.‘ Das Regierungsübereinkommen 2010 fixiert die legistische Umsetzung der Wahlrechtsreform sogar bis längstens Ende 2012. Tatsächlich wurde von Abgeordneten der Rathauskoalition keine Gesetzesvorlage eingebracht.“ - Und dann meine entsprechend kurze, so wie es in der Geschäftsordnung steht, Frage: „Wann wird die Landesregierung die Einbringung einer entsprechenden Gesetzesvorlage vornehmen?“
Meine Fragestellung wurde an den Landeshauptmann gerichtet.
Meine Anfrage an den Landeshauptmann wurde mit der Begründung abgelehnt, dass man angeblich nur das zuständige Mitglied der Landesregierung zu Gesetzesvorlagen befragen darf, nicht aber den Landeshauptmann.
Herr Präsident, diese Argumentation ist grundfalsch. Ein Blick in die Geschäftsordnung des Wiener Landtages zeigt ganz eindeutig, an wen Anfragen gestellt werden können, nämlich an den Landeshauptmann und die zuständigen Mitglieder der Landesregierung. Im § 33 der Geschäftsordnung des Wiener Landtages wird eine Einschränkung vorgenommen, und zwar nur für die Landesräte. Da steht wörtlich: „Eine an ein zuständiges Mitglied der Landesregierung gerichtete Anfrage ist ferner nur zulässig, wenn ihr Gegenstand in den sachlichen Wirkungsbereich des Befragten fällt.“
Ich habe meine Anfrage aber an den Landeshauptmann gestellt und nicht an das zuständige Mitglied der Landesregierung. Die Einschränkung ist laut unserer Geschäftsordnung für den Landeshauptmann nicht gegeben. Sie wäre auch sinnwidrig, Herr Präsident. Was soll man denn den Herrn Landeshauptmann da noch fragen? Was bleibt denn da noch über? (Beifall bei der FPÖ.)
Ich darf Ihnen, Herr Präsident, auch in Erinnerung rufen, dass diese Ihre Vorgangsweise einmalig ist, und darf Ihnen darlegen, dass Sie in der laufenden Periode schon etliche Anfragen an den Landeshauptmann zugelassen haben, die Gesetzesvorlagen betreffen und die auch das Wahlrecht im Konkreten betreffen. Ich darf Ihnen dazu Folgendes ausführen:
In der Sitzung vom 26.9.2014 - das ist noch gar nicht so lange her - hat Herr Kollege Ulm an den Landeshauptmann die Frage gestellt: „Welche Reformen der Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung in Richtung Modernisierung der Instrumente der direkten Demokratie können Sie sich vorstellen?“ - Sie haben diese Anfrage zugelassen.
In der Sitzung am 31.1.2014 hat Kollege Dr Aigner eine Anfrage an den Landeshauptmann betreffend Wiener Landesverwaltungsgericht gestellt, und die Frage lautete: „Wann werden Sie dem Wiener Landtag eine entsprechende Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zukommen lassen?“ - Sie war also durchaus vergleichbar mit meiner Anfrage. Sie haben diese Anfrage - selbstverständlich, würde ich fast sagen - zugelassen.
In der Sitzung vom 25.9.2013 hat Herr Kollege Ulm ebenfalls an den Herrn Landeshauptmann eine Anfrage gestellt, die wie folgt lautete - ich lese nur die Frage vor; der Text dazu war ein bisschen länger -: „Werden Sie sich daher dafür einsetzen, dass auf Grund einer Reform des Wiener Interpellationsrechtes Anfragen der Gemeinderatsmitglieder zu allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde beziehungsweise den Tätigkeiten der kommunalen Daseinsvorsorge, unabhängig von der Organisationsform, in deren Rahmen sie erledigt werden, möglich werden?“ - Also auch das zielt natürlich auf eine Gesetzesänderung ab.
In der Landtagssitzung vom 28.6.2012 gab es eine Anfrage, wieder des Kollegen Ulm - der ist sehr fleißig in dieser Angelegenheit (Abg Dr Wolfgang Ulm: Nicht nur in dieser! – Heiterkeit.) -, diesmal an die - man höre und staune - amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung, die ja - das werden wir alle einsehen - wohl auf keinen Fall für eine entsprechende Gesetzesreform zuständig ist, ebenfalls hinsichtlich der Wahlrechtsreform, die wie folgt lautete: „Wann konkret gedenken Sie, den Notariatsakt umzusetzen?“
Unabhängig davon, dass es gar keinen Notariatsakt gegeben hat, zielt diese Frage natürlich auch auf eine Gesetzesänderung im Hinblick auf das Wahlrecht ab. Sie haben diese Frage zugelassen.
Landtagssitzung vom 30.9.2011: Ein gewisser Abg Mag Kowarik hat an den Landeshauptmann folgende Anfrage gestellt: „Seit Jahren wird eine Reform verlangt, die das undemokratische Wahlrecht in Wien beendet. Wann wird diese Wahlrechtsreform umgesetzt werden?“
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