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Landtag, 33. Sitzung vom 26.09.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 55

 

Aigner, dass wir mehr Demokratie immer haben können - Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie, wie Kreisky das formuliert hat. Da gibt es viele Bereiche, wo das überhaupt nicht stattfindet - wenn ich nur an die diversen Möglichkeiten der Mitbestimmung in den Betrieben denke, wenn ich nur daran denke, welches Gesetz geschaffen wurde für die Universitäten, durch das die Mitbestimmung der Studenten weit, weit zurückgefahren wurde. Das UG wurde geschaffen zu einer Zeit, als Schwarz-Blau regiert hat. Vorher hatte es eine Drittelparität gegeben, dann hatten die Studenten kaum mehr etwas mitzureden. - Das sind Bereiche, in die mehr Demokratie gebracht werden muss.

 

Und betreffend die Wirtschaftskammer hat der Herr Bürgermeister schon den Hinweis gemacht. Ich erspare allen weitere Ausführungen dazu, was für eine Wahlordnung denn das ist, wenn man dort hergeht und sozusagen die Verschiebungen so erledigt, dass die EPUs de facto keine Chance haben, bei der nächsten Wahl eine gescheite Vertretung zu finden. Das ist nicht das Gremium, dieses Thema weiter auszuführen, das soll man sich in der Wirtschaftskammer ausmachen, aber es ist nur interessant, dass man auf der einen Seite nach einem absolut proportionalen Wahlrecht ruft und auf der anderen Seite selber ein derartig weit von einer Proportionalität entferntes Wahlrecht in einer Interessenvertretung installiert.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist auch aus meiner Sicht im Wiener Wahlrecht manches drinnen, was ungerecht ist:

 

Wie ist es mit einem Donaustädter, mit einem Favoritner, der nur von 60 Bezirksräten vertreten wird, während die Menschen im 7. Bezirk, im 8. Bezirk von 40 vertreten werden, obwohl diese Bezirke gerade einmal ein Zehntel von Favoriten oder von der Donaustadt an Einwohnern haben? Ist denn das gerecht? Ist das eine Vertretung eins zu eins, überall? - Das stimmt nicht. Das ist es nicht. Aber trotzdem würde niemand sagen, dass die Wahl der Frau Bezirksvorsteherin im 8. Bezirk undemokratisch ist. Es würde niemand sagen, dass die Wahl des Herrn Blimlinger im 7. Bezirk undemokratisch ist oder jene der Frau Moospointner oder des Kollegen Nevrivy in den beiden großen Bezirken.

 

Aber trotzdem haben diese beiden Bezirksvorsteher der SPÖ und die Bezirksräte in diesen beiden großen Bezirken wesentlich mehr Menschen zu vertreten als zum Beispiel ein Bezirksrat im 8. oder im 7. Bezirk. Wenn wir über Ungerechtigkeiten reden, dann müssten wir uns diese Dinge anschauen. Denn die Spanne von Wahlberechtigten, die notwendig sind für ein Bezirksvertretungsmandat, ist bei diesen Unterschieden viel größer als die Spanne, die bei der Wahlzahl in den Wahlkreisen für die Gemeinderatswahlen herauskommt. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Das sind die Probleme, die wir tatsächlich haben in der Vertretung. Genauso, und da unterscheide ich mich vom Kollegen Aigner, ist es wohl schwierig einzusehen, dass wir Kanal, Straße, Wasser, Wohnungen, Schulen, Kindergärten zur Verfügung stellen, errichten für alle BewohnerInnen dieser Stadt Wien - und dann gibt es Bezirke, wo mehr als ein Drittel der Bevölkerung ihre politische Vertretung nicht mitwählen darf. Da stimmt auch etwas nicht, und da kommt man ein bisschen näher dem, wo man Menschen ausschließt von der demokratischen Mitbestimmung, wie das vor vielen, vielen Jahrzehnten für eine viel größere Gruppe, der Arbeiterschaft, damals der Fall war, für deren Zugang zum Wahlrecht wir als Sozialdemokratie uns massiv eingesetzt haben.

 

Also es gibt sehr wohl ganz, ganz große Ungereimtheiten, die sich teilweise aus der Bundesverfassung ergeben und die sich teilweise aus der Tradition ergeben. Und wenn wir darüber reden, wo die Ungerechtigkeiten sind, dann sind sie nicht dort zu finden, wo es darum geht, ob ein Grundmandat mit 5 800 oder mit 6 900 Stimmen vergeben wird. Wenn man vergleicht, wie viele Stimmen man im 1. Bezirk für ein Bezirksvertretungsmandat braucht und wie viele man im 22. Bezirk oder im 10. Bezirk dafür braucht, dann kommt man darauf, dass der Unterschied über 2 000 Wahlberechtigte betrifft. Das sind die tatsächlichen Unterschiede, die wir haben. Und das wird von der ÖVP überhaupt nicht aufgegriffen, obwohl die ÖVP immer sehr stark für Dezentralisierung eingetreten ist. Also ich denke, da gibt es vieles, was wir aufgreifen sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Und dass man in einer Koalitionsregierung, wo die kleinste politische Partei und die größte politische Partei in diesem Haus zusammenarbeiten, eine Zeit lang braucht, um ein Wahlrecht so weit zu bringen, dass man innerhalb der Koalition sagt, okay, jetzt treten wir an die Oppositionsparteien heran und besprechen das mit ihnen durch, dafür werden Sie ja, so hoffe ich, Verständnis haben. Denn auch in Ihren Parteien gibt es ganz unterschiedliche Interessenlagen, und auch bei Ihren Parteien gibt es ganz unterschiedliche Zielsetzungen. Daher wird es so sein, dass wir, sobald wir beide Parteien eine Haltung gefunden haben - und den Termin kennen Sie ja schon -, selbstverständlich auch mit der Opposition zusammentreten und das mit der Opposition besprechen. Das ist doch klar! Und wer immer das der SPÖ und den GRÜNEN abspricht, der spricht ganz sicher von etwas, was in diesem Haus nicht vorkommt.

 

Lassen Sie mich noch ein Letztes sagen, weil man von der FPÖ und namentlich von Herrn Gudenus immer wieder hört, dass so viel Ungerechtigkeit und so viel Undemokratisches in dieser Stadt sind: Herr Kollege Gudenus, ich kann das nicht ernst nehmen. Denn wenn jemand als Wahlbeobachter in Russland ist und das Wahlrecht in Russland als demokratisch und in Ordnung abfeiert, bei den Abstimmungsbeobachtungen auf der Krim dabei ist und das für demokratisch und in Ordnung befindet, dann, muss ich sagen, kann ich nicht ernst nehmen, was Sie zur Wiener Demokratie sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf von Abg Mag Johann Gudenus, MAIS.)

 

Präsident Johann Herzog: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg Blind zu Wort gemeldet. Ich erteile das Wort und stelle fest, dass die Redezeit drei Minuten nicht überschreiten darf.

 

14.57.56

Abg Armin Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich danke für das Wort.

 

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