«  1  »

 

Landtag, 33. Sitzung vom 26.09.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 55

 

kommen. Das Mandatsergebnis war 49 für SPÖ und 11 für die GRÜNEN. Obwohl die SPÖ nur dreieinhalb Mal so viele Stimmen bekommen hat, hat sie viereinhalb Mal so viele Mandate. (Abg Mag Wolfgang Jung: Und die GRÜNEN wollen das behalten!) Das ist keine Kleinigkeit, das ist schon eine besondere Dimension der Unverhältnismäßigkeit.

 

Wenn ich mir jetzt diese 49 Mandate bei der SPÖ anschaue, kann ich errechnen, dass für diese 49 Mandate pro Mandat 6 832 Stimmen erforderlich sind. Bei den 11 Mandaten der GRÜNEN sind es pro Mandat (Abg David Ellensohn: 8 670!) – 8 677. Ja! Ich habe richtig gerechnet, denn Sie dürften sich ja schon lange damit auseinandersetzen und bestätigen mich daher. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich weiß nicht, ob Sie das auch ausgerechnet haben: Sie brauchen um 27 Prozent mehr für ein Mandat als die SPÖ. (Abg Heinz Hufnagl: So arg wie beim Pröll in Niederösterreich! – Abg Kurt Wagner: Wie ist das bei der Wirtschaftskammer? Kennen Sie das auch?!) Also das finde ich schon unvergleichlich, mit Niederösterreich unvergleichlich. So eine Unverhältnismäßigkeit kann ich nirgendwo anders finden, nicht in Österreich, ich habe es auch nirgendwo in Europa gefunden. Das ist einzigartig. Wien ist anders, auch beim Wahlrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber was jetzt wirklich – und ich traue mich fast zu sagen – perfid ist, das ist, dass man versucht, das auch noch irgendwie wissenschaftlich zu begründen und zu sagen, das ist eben nicht d’Hondt, sondern das ist Hagenbach-Bischoff. – Mitnichten, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn würde man nach dem Verfahren Hagenbach-Bischoff auszählen, käme man in etwa zum gleichen Ergebnis wie nach d‘Hondt. Da gibt es praktisch keinen Unterschied. Was die Wiener Gemeinderatswahlordnung vorsieht, ist, dass man den allerersten Teil vom Verfahren Hagenbach-Bischoff nimmt, dann in einem zweiten Ermittlungsverfahren mit d‘Hondt kombiniert und auf diese einzigartige Art und Weise wirklich zu einem unglaublichen Missverhältnis kommt.

 

Ich glaube, dass man wirklich ein zweites solches Verhältniswahlrecht suchen muss. So eines noch einmal zu finden, wird nicht leicht gelingen. Die SPÖ hat zweifelsohne etwas davon, nicht nur in ihrer Gesamtheit. Es werden die kleineren Bezirke etwas davon haben. Die größeren Bezirksparteiorganisationen haben etwas davon, die bekommen sehr viele Grundmandate, weil sie günstig sind. Die kleinen Bezirksparteiorganisationen haben immerhin auch ein Recht auf einen Gemeinderat, und die Landesebene hat auch noch ein paar Mandate, die vergeben werden können.

 

Unzufrieden müssen natürlich die kleineren Parteien sein, muss die Opposition mit so einer Regelung sein. Deshalb hat man sich ja auch in einer Verpflichtungserklärung am 4. Mai 2010 auf eine Änderung verständigt. Es ist ja so etwas wie ein dreiseitiger Vertrag zwischen drei Fraktionen, der damals abgeschlossen worden ist. Allerdings in der Form von drei Verpflichtungserklärungen auf drei Blättern Papier – man wollte das nicht auf einem Papier zum Ausdruck bringen. Diese Verpflichtungserklärung zur Abänderung der Gesetzeslage haben die GRÜNEN durch ihre Klubobfrau abgegeben, haben der Landesparteiobmann der ÖVP-Wien und die seinerzeitige Landesparteiobfrau der ÖVP-Wien unterschrieben.

 

Jetzt sehen Sie hier auch Freiheitliche und ÖVP ganz einig, es gibt auch einen gemeinsamen Beschluss- und Resolutionsantrag, den ich gleich einbringen werde. Was ich noch nicht weiß, aber ich habe eine gewisse Befürchtung, ist, ob die GRÜNEN sich dem anschließen werden. Nicht immer passiert das ganz Naheliegende. Wortwörtlich haben wir unseren Beschluss- und Resolutionsantrag an diese Verpflichtungserklärung natürlich angelehnt, und ich weiß auch nicht, was sich da wirklich in der Zwischenzeit geändert haben könnte.

 

Frau Mag Vassilakou hat sich da eindeutig festgelegt. Sie hat in der Verpflichtungserklärung gesagt: „Ich, Mag Vassilakou, Klubobfrau der Grünen Wien, halte für die Grünen Wien in Form einer Verpflichtungserklärung fest.“ – Das heißt, sie hat das nicht ad personam abgegeben, dass sie quasi persönlich so von dieser Veränderung überzeugt wäre. Nein, sie hat die GRÜNEN verpflichtet, sie hat diese Verpflichtungserklärung für die GRÜNEN abgegeben. Es gibt die GRÜNEN noch immer, es gibt die Frau Vizebürgermeisterin noch immer.

 

Es gibt daher also überhaupt keinen Grund, wie man von diesem in Wahrheit dreiseitigen Vertrag absehen möchte. Der ist auch nicht in irgendeiner Weise aufgekündigt worden. Es ist noch niemand von den GRÜNEN zu uns oder zur FPÖ gekommen und hat gesagt: „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ oder „Ich bin in die Irre geführt worden!“ oder „von der Gegenseite veranlasster wesentlicher Irrtum“ oder dergleichen, „Wir fechten das an, wir wollen uns nicht mehr daran gebunden erachten, alles ist anders!“ – Nein, nichts dergleichen konnte ich vernehmen. Das Einzige, was sich natürlich geändert hat: Frau Mag Vassilakou ist mittlerweile Vizebürgermeisterin und die GRÜNEN sind in der Stadtregierung. (Abg David Ellensohn: Das ist eine wesentliche Änderung! – Heiterkeit bei den GRÜNEN.) – Wesentliche Änderung? (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Änderung der Geschäftsgrundlage nennt man das!) – Nicht dann, wenn man diesen Fall schon im Vertrag berücksichtigt hat. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Man sollte nichts unterschreiben!) Das wurde nämlich berücksichtigt, bereits am 4. Mai 2010. Das ist ja jetzt das Dilemma der GRÜNEN.

 

In dieser Verpflichtungserklärung von Vassilakou für die GRÜNEN steht nämlich, dass unabhängig von einer etwaigen Stadtregierungsbeteiligung nach der Wahl zum Wiener Gemeinderat 2010 diese Wahlrechtsreform beschlossen werden soll. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Das heißt, dieser Ausweg fällt weg, die Verpflichtungserklärung ist ganz eindeutig.

 

Sie haben die Gelegenheit, Ihre Vertragstreue unter Beweis zu stellen, indem sie unserem Beschluss- und Resolutionsantrag, den ich nun auch im Namen von Herrn Kollegen Aichinger und im Namen von Kollegen Gudenus einbringe, zustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular