Landtag, 28. Sitzung vom 21.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 42
reich, speziell auf dieses Thema bezogen, arbeiten können? Wir werden nämlich einige Recherchen und einige Arbeitsgruppen brauchen. Auch Aufklärung der Opfer ist ganz wesentlich, denn wir wissen nach einigen Recherchen, dass, wenn die Opfer über die entsprechenden Verhaltensweisen der Ausübung von psychischer Gewalt genau Bescheid wissen, diese an Kraft verlieren und die Möglichkeit besteht, sich zur Wehr zu setzen.
Diesbezüglich wird man ein bisschen etwas tun müssen und daher wollte ich Sie fragen, ob Sie in diesem Sinne etwas planen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich danke für diese Frage!
Ich meine, es wird selbstverständlich darauf ankommen, diesbezüglich entsprechend zu sensibilisieren und dieses Thema auch zu kampagnisieren, damit die Frauen für sich überhaupt einmal wahrnehmen: Hoppla! Das, was mit mir passiert, ist psychische Gewalt. Das bedeutet nicht, dass wir uns nicht mehr so gut verstehen oder er mich nicht mehr so liebt, weil er jetzt eine andere, eine Jüngere, eine Schönere oder was auch immer liebt, sondern das ist kontinuierliche Ausübung von Gewalt an mir, ich bin damit aber nicht allein, sondern das ist ein Thema.
Derzeit geraten nämlich sehr viele Frauen gerade bei psychischer Gewalt in diese klassische Rolle von Opfern. Sie denken sich, na ja, vielleicht habe ich wirklich etwas falsch gemacht, vielleicht sollten wir uns ein bisschen bemühen, vielleicht sollte ich, ich, ich. – Und das geht in diesen Ich-Verlust hinein. Deshalb ist es nicht nur wichtig, diese Kampagne zu machen, wo dieser große Mann diese kleine Frau am Arm hat, sondern es ist auch ganz wichtig, sich fachlich damit auseinanderzusetzen.
Und ich kann Ihnen berichten: Die Fachkonferenz zum Thema „35 Jahre Wiener Frauenhäuser“ betreffend psychische Gewalt war eine ausgesprochen gute Veranstaltung. Wir haben mit vielen ExpertInnen gesprochen und haben es wieder – wie eigentlich immer im Gewaltschutzbereich – gemeinsam sehr gut geschafft, folgende Fragen zu formulieren: Was ist im Betreuungs- und Beratungsbereich nötig? Und: Wie sollen wir damit auch in den Frauenhäusern umgehen?
Es sind dies nämlich ganz unterschiedliche Phänomene. Frauen, die von psychischer Gewalt betroffen sind, haben eine ganz andere Betroffenheit als Frauen, die von physischer Gewalt betroffen sind. Daher muss die Frage beantwortet werden: Wie richten wir im Hinblick darauf unser Betreuungsangebot in den Frauenhäusern und in den Beratungsstellen selbst aus? Und: Welche rechtlichen Schritte sind nötig?
Es wird jetzt ein entsprechender Themenkatalog zusammengestellt, und ich habe vor, dass wir die Frauensprecherinnen aller vier Parteien zusammenholen und wieder in einer solchen bewährten Runde überprüfen, was wir machen wollen, damit wir letztlich gemeinsam eine geeignete Vorgangsweise finden. – Danke schön.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Mag Wurzer. Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Mag Martina Wurzer (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen.
Sie haben meine volle Zustimmung zu allem bisher Angesprochenen. – Ich möchte jetzt ein weiteres Thema einbringen, das weniger gern besprochen wird, weil es heikel und unangenehm ist. Trotzdem ist das aus meiner Sicht ein wichtiger Baustein für den nachhaltigen Opferschutz, vor allem für die Prävention von Gewalt, nämlich die Täterarbeit. Deshalb möchte ich Sie fragen, Frau Landesrätin: Welche Bedeutung schreiben Sie der Täterarbeit im Rahmen aller Opferschutzmaßnahmen zu?
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ja, das dürfen wir nicht unterschätzen! Ich meine, dass gerade auch die Täterarbeit ein wichtiges Element ist, wenn das Ganze auch manchmal im Magen sozusagen einen Knoten erzeugt und man sich fragt: Wie denn? Aber das ist eben ein ganz wichtiges Element.
Dazu muss man auch sagen: Unser Gewaltschutznetz besteht nicht nur aus Frauen, die in Gewaltschutzeinrichtungen, Opfereinrichtungen und Beratungsstellen für Frauen arbeiten, sondern dieses Netz besteht sehr wohl auch aus Leuten in NGOs, die Präventionsarbeit leisten, aber auch aus Männern, die in der Männerberatung arbeiten und die mit White Ribbon arbeiten. Die sind mit uns wirklich sehr gut vernetzt und haben mittlerweile auch eine große Expertise in dieser Frage aufgebracht.
Ich muss auch hinzufügen: Diese Expertise ist sehr wichtig, denn wenn eine Frau sich wehrt und zum Beispiel über die Interventionsstelle eine Wegweisung erwirkt, dann wird ja ein Mann weggewiesen, und dieser ist dann, wenn wir diesbezüglich nicht Täterarbeit betreiben, sozusagen „unguided“. Dieser Mann braucht ebenso Begleitung und Beratung, damit eben die Bedrohung, dass die Gewalt noch mehr wird, nicht gegeben ist.
Das ist eine riesige Herausforderung, aber genau aus diesem Grund hissen wir zum Beispiel am Wiener Rathaus im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt“ nicht nur die Fahne des „Terre des Femmes“, sondern auch die White-Ribbon-Fahne. Wir unterstützen als Stadt ja auch White Ribbon und die Männerberatungsstelle, denn ich glaube, im Gewaltschutznetz sind genau diese Täterarbeit und die entsprechenden Opferschutzmaßnahmen, die wir setzen müssen, ein ganz ein wesentliches Element.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Die 3. Zusatzfrage stellt Frau Abg Schütz. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Angela Schütz (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin! Gewalt ist in Wien leider zu einem allgegenwärtigen Thema geworden, und es vergeht kein Tag, an dem wir davon nicht in der Zeitung lesen können.
Körperliche Misshandlungen sind nachweisbar, seelische, auf emotionaler Ebene ausgeübte Gewalt ist hingegen schwerer zu differenzieren, davon wird auch viel seltener berichtet, und diese wird auch viel seltener geahndet. Allerdings ist die psychische Gewalt auch jene Form von Gewalt, die schwerer zu verarbeiten ist. Die psychische Gewalt, egal, in welchen Bildungsschichten
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