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Landtag, 27. Sitzung vom 25.09.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 63

 

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Es ist ja grundsätzlich dieses Thema Prostitution nicht etwas, wo die Exekutive oder auch die Politik sich besondere Lorbeeren erwirtschaften kann beziehungsweise wo man einstimmige Zustimmungen leichthin erntet, sondern es ist ein außerordentlich schwieriges Thema, das überlagert ist von ganz großen Problematiken auch internationaler Natur - also auch grundsätzlich von Frauenhandel, von Gewalt, von international organisierter Kriminalität -, die wir aber nicht mit einem Prostitutionsgesetz in Wien lösen können. Das muss man einmal vorausschicken.

 

Auch ist es wichtig, das zu trennen. Auch LEFÖ, die ja wirklich sehr, sehr viel Positives als NGO leisten, haben klar festgestellt, dass es wichtig ist, eine klare Differenzierung zwischen Frauenhandel und Gewalt auf der einen Seite und legaler Sexarbeit auf der anderen zu vollziehen. Das ist also ganz, ganz wichtig!

 

Wenn man den Frauenhandel, die international organisierte Kriminalität diskutiert, dann sind wir natürlich offen dafür, wie wir hier besser vorgehen könnten: bessere internationale Zusammenarbeit, Bekämpfung der Armut in Osteuropa, Bekämpfung dieser Formen der internationalen Kriminalität, von mir aus dort auch strengere Strafgesetze; das alles ist möglich. Nur ist das nicht das Thema hier in diesem Haus - das muss man immer wieder wissen -, sondern es ist hier das Thema: Was können wir als Landesgesetzgeber mit einem Prostitutionsgesetz bewirken, um die Prostitution so zu regeln, dass die Beeinträchtigungen der Gesellschaft und der Menschen durch diese Form so gering wie möglich sind? - Man wird sie nie hundertprozentig ausschließen, aber: so gering wie möglich!

 

Wir diskutieren hier über die legale Sexarbeit, und da kann man natürlich von vornherein der Auffassung sein, Prostitution soll grundsätzlich verboten werden. Da gibt es Länder, sogar Schweden - aber gerade Schweden hat eigentlich sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht. Also kann man das abhaken. Zusätzlich muss man sagen, dass auch in den Ländern - das waren oft Diktaturen -, wo Prostitution grundsätzlich verboten war, es sie immer gegeben hat und immer auch die dramatisch negativen Auswirkungen dieser Form gegeben waren.

 

Also: Grundsätzliches Verbot ist ja in diesem Haus von niemandem gekommen. Jetzt kommt der nächste Schritt: Sollen wir die Straßenprostitution verbieten?

 

Auch hier zeigen internationale Beispiele eindeutig, dass ein Verbot der Straßenprostitution nichts bringt, dass dadurch zwar scheinbar ein Problembereich irgendwie gelöst scheint, auf der anderen Seite aber drei oder fünf andere Problembereiche neu hervorkommen, und dass man im Endeffekt dann mehr Kriminalität hat, dass man überhaupt nicht mehr den Überblick hat, keine Rechtssicherheit hat und quasi sich insgesamt die Problemlagen vervielfachen!

 

Sonst würde man, wenn es so einfach wäre, es ja machen. Aber es ist eben nicht so einfach. Deshalb ist das Prostitutionsgesetz, so wie es nach langer, langer Beratung hier verabschiedet worden ist, durchaus ein erfolgreiches. Es wird immer nur ein relativ erfolgreiches sein, weil man eben mit einem Landesgesetz - das habe ich eingangs gesagt - in diesem Bereich überhaupt nur begrenzt Wirkung erzielen kann.

 

So gesehen, muss man sagen: Dieses Gesetz hat einiges gebracht! Es gibt viel weniger Straßenprostitution als vorher. Es gibt die Verlagerung hin in die Laufhäuser, was durchaus positiv zu bewerten ist. Es gibt - und das sagt auch die Polizei - viel mehr Rechtssicherheit. Rechtssicherheit ist ganz, ganz wichtig!

 

Es gibt weniger Beeinträchtigung der Menschenwürde der SexarbeiterInnen. Es ist noch immer schlimm genug, wie die Situation ist (Abg Mag Wolfgang Jung: Sehr würdig ist das wirklich nicht!), aber das ist auch, wie gesagt, hauptsächlich ein großes Problem, das nicht von unserem Landesgesetz lösbar ist. Die NGOs wirken mit, und die Probleme, die es gibt, sind wenigstens transparent. Das ist ganz wichtig. Das heißt, man kann dann auf einer legalen Basis mit Rechtssicherheit diese Probleme angehen.

 

Damit sind wir auch bei der Brunner Straße. Die Polizei hat eindeutig gesagt - und man muss unseren Polizisten trauen, denn sie arbeiten sehr gut -, sie haben zu wenige Leute. Jetzt hat man noch mehr nach Niederösterreich verlegt, was besonders unerfreulich ist. Aber die, die da sind, arbeiten sehr gut, und die sagen, dass in der Brunner Straße ein Totalverbot nicht gerechtfertigt wäre. Das sagt die Polizei, und wenn die Polizei das sagt (Abg Mag Wolfgang Jung: ... das Gesetz ändern!), dann wird das vermutlich auch so sein. (Abg Armin Blind: Dann sollte die Polizei kandidieren für die Landtagswahl!)

 

Das Gesetz soll in dieser Hinsicht eben nicht geändert werden, weil ein Totalverbot überhaupt der Straßenprostitution nichts bringt. (Abg Armin Blind: Der Gesetzgeber sind schon noch wir!) Das habe ich schon ausgeführt. Man kann hier wirklich sozusagen empirisch in verschiedensten vergleichbaren Städten forschen (Abg Mag Wolfgang Jung: Dann sagen Sie ...), und man wird das überall feststellen.

 

Es ist natürlich eine schwierige Problematik, das habe ich von Haus aus gesagt, und man wird immer nur relative Erfolge erzielen. Aber besser jedenfalls, als rein populistisch an das Ganze heranzugehen: mit Populismus sozusagen Probleme, die es vielleicht gibt, noch aufzubauschen, eine möglichst große Hetze herbeizuführen und die Leute noch aufzuhetzen. Das ist sicher nicht unser Weg, sondern unser Weg kann nur sein, sachlich mit Argumenten, mit Gesetzen vorzugehen und den Weg weiterzugehen, den wir erfolgreich gemacht haben.

 

Die Erfolge habe ich schon aufgezählt, sie sind da. Das Gesetz hat eine wesentliche Verbesserung auf verschiedenen Gebieten gebracht: eine Entkoppelung der Straßenprostitution vom Wohngebiet; Rechtssicherheit - habe ich gesagt -; Setzung von Maßnahmen zur Erleichterung der Arbeitsbedingungen; Festlegung von behördlichen Aufgaben für Lokale zum Schutz der Prostituierten; Zuverlässigkeitsprüfung der Lokale; Schaffung einer Meldepflicht für Prostitutionslokale; mehr Transpa

 

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