Landtag, 27. Sitzung vom 25.09.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 63
ein paar Bereiche thematisieren. Sie haben mit größtenteils unangekündigten Besuchen in den Justizanstalten begonnen. Das ist sehr aktuell, denn hier hat es in den letzten Wochen und Monaten auch verheerende Einzelschicksale gegeben, und das wird von Ihnen untermauert. Sie untermauern, dass es zu wenig Personal gibt, oder Sie untermauern konkret, dass zu wenige Ärzte vor Ort sind und dass die medizinische Versorgung hier zumindest ausgebaut werden muss. Sie haben auch Polizeieinrichtungen kontrolliert aufgesucht, so unter anderem die Schubhaft, und auch dort sehr konkrete Vorschläge gemacht, wie man unbedingt die Rahmenbedingungen vor Ort verändern muss.
Es ist auch sehr spannend – und da möchte ich gerne einen aktuellen Bezug herstellen, denn wir haben ja heute noch eine Diskussion zum Thema Prostitution und Sexarbeit –, dass Sie, ausgehend von Klagenfurt, ein Einzelschicksal zum Thema „Schutz vor Opfern des Menschenhandels“ thematisiert haben. Das halte ich für elementar wichtig, weil wir auch hier in Wien vor großen Herausforderungen stehen. Ich habe es schon vor drei Jahren thematisiert, ich mache es immer wieder: Ich halte es wirklich für fatal und für eine völlige Unachtsamkeit des Innenministeriums, dass wir hier nicht den Opferschutz ausbauen und dass die Kriminalabteilung für Menschenhandel mit sechs Personen arbeiten muss, und das in einer Großstadt wie Wien. Sie untermauern das mit dem Einzelschicksal aus Klagenfurt.
Sie haben sich auch sehr genau die Asylsituation angeschaut, die Betreuungseinrichtungen der AsylwerberInnen. Da halte ich es auch für ganz wichtig, dass hier die Frage geklärt oder überprüft wird, ob Einrichtungen tatsächlich Orte der Freiheitsentziehung sein können und dürfen – Stichwort Saualm.
Das sind alles Themenbereiche, die niemandem angenehm sind, über die niemand gern redet, aber hier geht es um Menschen, Menschenrechte und Menschenwürde. Sie sehen auch einen dringenden Handlungsbedarf bei unbegleiteten Minderjährigen. Hier stellen Sie fest, dass es an sozialpädagogischen Konzepten, an Therapie und an Personal fehlt.
Ein sehr heikler Punkt, der auch durch Ihre Berichte wieder verstärkt politisch thematisiert wird und den ich für außerordentlich notwendig finde, ist die Frage, wie psychisch kranke junge Menschen untergebracht werden und welche Wahlversorgung und Wahlfreiheit es hier gibt, bis hin zur Sachwalterschaft, die auch grundsätzlich verändert werden muss. Sie haben sich auch angeschaut, wie das mit den Abschiebungen funktioniert. Sie kritisieren hier zu Recht das, was NGOs schon lange kritisieren, den Verein Menschenrechte Österreichs, auch aus dem Innenministerium, wo Sie als Experten/Expertinnen sogar Schwierigkeiten hatten, überhaupt den Zutritt zu Flugzeugen zu erhalten. Sie haben auch am Schicksal einer Familie, einer Asylwerberin mit Kindern festgestellt, dass hier ärztliche Hilfe fehlt.
Jetzt komme ich zur nachprüfenden Kontrolle. Ja, es gibt hier Punkte, die auch Wien betreffen: das Krisenzentrum, Wilhelminenberg, Pflegeeltern, Pflegeregelung. Ich finde das sehr gut, denn es untermauert genau das, was auch StR Oxonitsch schon länger macht, mit einer neuen Säule im Jugendamt vor allem bei Pflegekindern in Pflegeeltern zu investieren. Das ist wichtig, hier geht es um Kinder, hier geht es um Menschenschicksale in sehr schwierigen Situationen.
Sie haben sich auch die Grundversorgung in Wien angeschaut. Es sind sicher auch Empfehlungen dabei, die wir verstärkt berücksichtigen müssen. Da ist es mir aber auch politisch sehr wichtig festzuhalten, dass Wien im Umgang mit Asylwerbern und Asylwerberinnen, die einen negativen Bescheid haben, menschlicher umgeht als viele andere Bundesländer: Die Flüchtlinge bleiben trotz negativen Bescheids in der Grundversorgung. – Sollen wir sie denn auf die Straße schicken? – Auch hier zeigt Wien Menschlichkeit.
Jetzt verlasse ich ein Stück weit die Sachlichkeit und begrüße auch die neuen Gäste. Wir reden hier vom Volksanwaltsbericht, eine sehr wichtige Einrichtung, mit der wir politisch immer wieder kooperieren und verstärkt kooperieren müssen. Wir haben die Vorrednerin von der ÖVP gehört, die auch diesen Bericht zum Anlass genommen hat, um über die Mindestsicherung zu sprechen. Ich weiß, man soll hier sehr gelassen sein, sehr sachlich bleiben, aber ich sage es noch einmal: Ich finde es absolut schäbig von der ÖVP, einen Bericht zu nehmen, in dem über Einzelschicksale in der Mindestsicherung berichtet wird – die zu lange warten haben müssen, in dem dezidiert festgehalten wird, dass die MitarbeiterInnen der MA 40 extrem bemüht sind –, und diese Einzelschicksale zum Anlass zu nehmen, um noch einmal gegen arme Menschen in der Stadt vorzugehen, um noch einmal zu betonen, dass die Mindestsicherung in Wien zu lasch gehandhabt wird, weil es ja steigende Zahlen bei der Armut gibt. Ich finde das – und das sage ich in aller Deutlichkeit – schäbig. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Sie schaffen es, von der Mindestsicherung, von den Einzelschicksalen herzugehen, die Verkehrspolitik mit der Mariahilfer Straße völlig wirr ins Spiel zu bringen, und es ist so offensichtlich, dass es Ihnen in keinster Weise um die Menschen geht. In keinster Weise. Und dann trauen Sie sich noch – ich weiß es nicht, ob es Mut ist oder ob die Schamgrenze fällt – zu fragen, ob es nicht vielleicht am Bildungssystem liegt. Da denke ich mir, bist du narrisch, seit Jahren wird verhandelt, verhandelt, damit endlich in diesem Land in Bildungsfragen etwas weitergeht. Wer blockiert? – Die ÖVP, und dann setzt sie sich hier her und sagt, bei der Bildung sollten wir schon etwas tun. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Wissen Sie was, bei allem Verständnis zum Wahlkampf, den Bericht der Volksanwaltschaft herzunehmen und noch einmal gegen Armut zu polemisieren, finde ich schlichtweg nicht in Ordnung.
Ich bedanke mich recht herzlich bei der Volksanwaltschaft für die Arbeit. Es ist wichtig und richtig, immer dahinter zu schauen, dass hinter all den Zahlen, hinter all den Einzelschicksalen Menschen stehen. Und unsere politische Aufgabe ist es, das wahrzunehmen und das System so menschwürdig wie möglich zu verbessern. Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre Arbeit. (Beifall bei
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