Landtag, 34. Sitzung vom 21.09.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 24
zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates) : Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Für die heutige Sitzung des Landtages hat die FPÖ ein Thema gewählt, mit dem sie wie gehabt versucht, ein künstliches Problem zu uns nach Wien zu importieren. Es ist an sich in einem Wahlkampf durchaus verständlich, dass man so genannte Sondersitzungen beantragt. Aber wir hätten ungleich wichtigere Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik, der Verkehrspolitik, der Wohnpolitik, einer seriösen Integrationspolitik, der Kulturpolitik, der Bildungspolitik, der Umweltpolitik oder der Gesundheitspolitik. (Abg Mag Wolfgang Jung: Zu all dem hätten Sie Sondersitzungen machen können!) Zu all diesen Fragen hat die FPÖ keine Lösungsansätze, und deshalb weicht sie aus auf ein Thema, wo sie Ängste schüren will, und das ist abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)
Die FPÖ und HC Strache haben keine Antworten auf die wirklich brennenden Fragen unserer Zeit, auf die wirklichen Probleme, die es in unserer Zeit gibt. Die FPÖ beschäftigt sich wieder einmal mit einem Thema, wo sie glaubt, wenn sie es bei uns importiert, dass sie es vielleicht für Stimmengewinne benützen kann. Aber selbst das wird am 10. Oktober nicht gelingen, denn die FPÖ, und das ist zu durchsichtig, tut das Einzige, was sie kann: Sie hetzt gegen religiöse Minderheiten, sie schürt Vorurteile gegen Bevölkerungsgruppen, sie grenzt Menschen aus und schürt Ängste bei den anderen und das hat in unserer Stadt Wien nichts verloren! (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Minarettfrage ist zu sagen: Es gibt keinen Antrag, es gibt kein Ansuchen, es gibt überhaupt keinen Plan oder ein Vorhaben von irgendjemandem in Wien, eine Moschee mit einem Minarett zu errichten. Das gibt es schlichtweg nicht und deshalb ist es ein künstliches Problem. Wir haben seit 35 Jahren eine Moschee mit Minarett am Hubertusdamm. Da war eigentlich nie jemand dagegen. Das ist etwas, was schon lange zum Stadtbild gehört. Ich habe auch von der FPÖ zu dieser Moschee übrigens schon sehr positive Einschätzungen gehört. Und darüber hinaus ist nichts geplant. Selbst wenn man die Äußerung vom Herrn Präsidenten Schakfeh, die ich nicht für sehr glücklich gehalten habe, aber wenn man die ernst nähme, wo er auch gesagt hat, langfristig in jeder Landeshauptstadt eine - wir hätten diese Moschee in Wien ja schon. Und so gesehen ist es in Wien wirklich eine absolut künstliche Debatte. Und dass Ihnen nichts Besseres eingefallen ist, ist eigentlich bezeichnend!
Es ist so, dass diese Moschee übrigens – ja, das ist vielleicht auch interessant - vom Baumeister Richard Lugner errichtet worden ist, der hat sie errichtet. Gleichzeitig findet aber der Herr Strache nichts daran, den Wahlkampfauftakt, den sehr misslungenen Wahlkampfauftakt (Aufregung bei Abg Mag Wolfgang Jung.), in der Lugner City zu machen! Das ist ein typisch misslungener Wahlkampfauftakt in der Lugner City, beim Lugner, gewesen, der die Moschee mit Minarett errichtet hat! Das passt zur FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)
Natürlich sollte man als Erstredner auf das eingehen, was vorher gesagt wurde. Mit der Kollegin Gretner stimme ich in manchem überein. Ich meine, wo ich nicht übereinstimme, ist, dass wir die Bürgerbeteiligungen nicht sehr ernst nehmen würden. Gerade in der Dammstraße, das auch zum Kollegen Aigner, hat man wirklich mustergültig versucht, Mediation zu betreiben (Abg Mag Wolfgang Jung: Der Bezirksvorsteher ist davongelaufen!) und man hat wirklich in hohem Ausmaß die Bevölkerung eingebunden. Deshalb ist es im Endeffekt auch sehr friedlich und ruhig abgelaufen (Abg Mag Wolfgang Jung: Er ist davongelaufen!), wenn man davon absieht, dass einige Neonazis in Ihrem Schlepptau dort waren. Aber das ist ja sowieso auch typisch für die FPÖ, dass die immer dann auftauchen, wenn Sie irgendwo aktiv sind. Ich meine, dass diese Sache in der Dammstraße wirklich gut über die Bühne gegangen ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: Vor der Frau Schuster ist er weggelaufen! Weggelaufen ist er!) Was sonst vom Herrn Schock und Gudenus gekommen ist, entzieht sich teilweise einer inhaltlichen, mit sachlichen Kriterien zu führenden Diskussion. Also da hat die Kollegin Gretner recht. Das ist einfach unmöglich und teilweise ein derartiger Unsinn, vor allem, was den Islam betrifft, aber auch, was gewisse Einschätzungen betrifft. Und eines muss ich schon auch sagen, dass der Kollege Gudenus den Namen des großen Sozialdemokraten Helmut Schmidt überhaupt in den Mund nimmt, ist schon eine Beleidigung für Helmut Schmidt! (Beifall bei der SPÖ. – Aufregung bei Abg Mag Wolfgang Jung.)
Und ich bin nicht der Erste, der das sagt, aber es sollte durchaus öfters gesagt werden, wenn man mit dem Wort Islamisten um sich wirft! Wer ist ein Islamist? Laut Brockhaus ist das jemand, der die Religion Islam für politische Zwecke missbraucht. Also wer ist jetzt da der Islamist? Ich glaube, die FPÖ ist nach diesen Kriterien islamistisch! (Abg Heinz Hufnagl: Superislamisten, jawohl! – Beifall bei der SPÖ.)
Aber ich nehme die einleitenden Worte von unserem hochgeschätzten Präsidenten Prof Kopietz sehr ernst, dass wir sachlich diskutieren. Deshalb habe ich auch jetzt gar nicht vor, da jetzt eine große Wahlkampfabrechnung mit der FPÖ zu machen, was natürlich verlockend und auch sehr leicht wäre. Aber ich will eher auf der sachlichen Debattenebene bleiben und möchte ganz grundsätzlich sagen, dass man natürlich auch über Minarette alle möglichen Diskussionen führen kann. Es ist ja jetzt in den letzten Wochen interessant gewesen zu beobachten, wie viele Publizisten und Journalisten geradezu zu Architekturexperten wurden und an Hand des Minaretts ausgeführt haben, wie man ein solches bauen könnte und wie es in das 21. Jahrhundert passt. Wie gesagt, das ist alles hochinteressant und ist auch schön, wenn so eine Debatte in den Medien geführt wird, nur politisch ist die Frage, wie ich schon gesagt habe, für Wien nicht aktuell, weil kein Ansuchen und kein Plan vorliegen, in den nächsten Jahren überhaupt eines zu bauen. Das sei noch einmal festgestellt.
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