Landtag, 31. Sitzung vom 19.04.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 34
nicht, dass wir 100 000 arme Kinder in der Stadt haben, sondern so
wenig wie möglich und am liebsten kein einziges. Und wenn man nichts tut, noch
einmal, ja, das waren 53 000 vor 5 Jahren, es waren 91 000
2008, es sind 100 000 2010. Nun, wie lange soll man denn da
zuschauen. Bitte, unternehmen wir alle gemeinsam etwas gegen die wirklich
grassierende Kinderarmut, gegen dieses Drama. Bis jetzt ist dagegen, ich sage nicht,
nichts, aber offensichtlich nichts Wirksames geschehen. Diese Zahlen sind
dramatisch, sie gehören geändert, und es braucht gemeinsame Anstrengungen
dafür. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als nächste Rednerin zum Wort
gemeldet ist Frau Abg Riha. Ich erteile es ihr.
Abg Monika Riha (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte mich beim Schluss vom Herrn Kollegen Ellensohn anschließen.
Ich bin voll Ihrer Meinung, jedes Kind in Wien, das unter der Armutsgrenze
leben muss, ist jedenfalls eines zuviel. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, null
wäre die richtige Antwort. Und es ist schon unglaublich, dass eine so reiche
Stadt wie Wien - man würde es ja nicht vermuten, denn normalerweise reden wir
ja von ganz anderen Regionen, wenn wir über Kinderarmut sprechen - 100 000
Kinder hat, die in der Armutsfalle leben, und das ist wirklich kein
Aushängeschild für diese Stadtregierung. (Beifall
bei der ÖVP.)
Die unterschiedlichen
Beiträge, die heute geliefert wurden, haben ja schon gezeigt, wie komplex
dieses Thema ist. Es ist also nicht durch einen Schritt oder durch eine
Handhabung zu verändern, es ist verzahnt und vernetzt und es gibt einfach viele
Hintergründe dafür. Neben den finanziellen, die angesprochen wurden, neben den
sozialen, bildungs- und gesellschaftspolitischen Hintergründen gibt es etliche
Studien, die belegen, dass vorrangig mangelnde Bildungschancen, schwierige
Lebensumstände in den Familien, mangelnde Integration die Hauptauslöser für
Kinderarmut sind, und dass es viele Folgeprobleme gibt. Mangelernährung hat
große Auswirkungen auf die Gesundheit, negative Bildung oder keine Chance auf
Bildung hat Auswirkungen am Arbeitsmarkt, und so weiter. Familiäre
Schwierigkeiten haben Auswirkungen, oftmals landet oder endet das bei Gewalt in
der Familie.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, eines ist mir wirklich wichtig: Spätes Handeln
ist hier wirklich fatal. Und etwas, was heute noch nicht erwähnt wird, ist
mir wirklich ein großes Anliegen: Der Fokus muss auf frühzeitiger Prävention
liegen. Die wichtige Vorsorgepolitik muss einfach mit der Geburt beginnen, muss
in den vorschulischen Betreuungseinrichtungen fortgesetzt und in den Schulen
kontinuierlich umgesetzt werden. Wenn wir diese Kinder bereits im Vorschulalter
erfassen, wenn wir die Probleme dieser Kinder bereits im Vorschulalter
erfassen, dann werden die Chancen, die individuelle Entwicklung zu verbessern
oder soziale oder finanzielle Defizite zu erkennen, einfach größer und man kann
früher eingreifen und kann vieles verhindern.
Sicherlich ist der gebührenreduzierte Kindergarten auch ein wichtiger
und richtiger Schritt in diese Richtung, ich möchte aber trotzdem unsere
Forderung nach dem bedarfsgerechten Ausbau wiederholen: Es braucht dann aber
auch wirklich für jedes Kind einen Platz, auch für die Verankerung des
Rechtsanspruches. Und wir brauchen ein besonderes Qualitätsmanagement, gerade
um jenen Kindern, die besonders von der Kinderarmut gefährdet sind, jene
Ausbildung zu garantieren, die sie brauchen, um ihre Ausgangslage nachhaltig zu
verbessern.
Die Präventionsarbeit und der Kampf gegen Kinderarmut beginnt aber auch
bei den Eltern. Möglichst frühzeitig müssen sie erreicht werden, offensiv soll
das sein, aufsuchend sollte die Jugend- und Familienarbeit sein, es sollte
möglich sein, einerseits einen Zugang über Elternbildung zu schaffen, denn auch
von der Erziehungskompetenz der Eltern hängt sehr viel und letztlich die
Zukunft unserer Kinder ab. Der Kampf gegen Kinderarmut muss aber auch über die
aufsuchende Familienarbeit gehen. Was diesen Punkt betrifft, sind uns deutsche
Städte wirklich voraus, zum Beispiel gibt es in der Stadt Dormagen schon seit
sieben Jahren Hausbesuche, wo sich die Mitarbeiter des Jugendamtes, ausgestattet
mit dem so genannten Babypaket, kurz nach der Geburt ein Bild machen, in
welchen Verhältnissen die Kinder leben. Das ist eine Möglichkeit, um einen
positiven Ansatz zu finden. Wien - da gibt es zwar auch ein Babypaket - macht
es leider anders, hier wird das Babypaket einfach im Spital abgegeben. Ich
finde diese Chance in Dormagen, durch Besuche direkt auf Eltern zuzugehen, das
Gespräch zu suchen, einfach wichtig. Es braucht jedenfalls unbedingt
frühzeitigen Beginn, schon ab der Geburt, fortgesetzt im Kindergarten, weiter
über die Schule. Es ist die Aufgabe der Stadtregierung, einfach für Kontinuität
zu sorgen und nicht zuletzt verlangen wir auch deshalb verstärkte
Schulsozialarbeit und einen bedarfsgerechten Ausbau der Nachmittagsbetreuung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle
einige, so wie ich eingangs gesagt habe: Jedes Kind in Wien muss eine Chance
haben, egal, mit welchem Hintergrund, in seiner Bildungs- und Lebenslaufbahn
die gleichen Möglichkeiten zu haben. Bekämpfen wir Kinderarmut einerseits
natürlich mit finanzieller Unterstützung, aber vor allem mit Bildung,
Familienbetreuung und Familienunterstützung. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als nächste Rednerin zum Wort
gemeldet ist Frau Abg Mag Ramskogler, ich erteile es ihr.
Abg Mag Sonja Ramskogler (Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
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