Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 82
Einrichtung aufsucht, keinen Spießrutenlauf
durchmachen muss, es ist aber leider nicht so. Wenn hilfesuchende Frauen zum
Beispiel von Fundamentalisten bedrängt werden und ihnen Gegenstände in die Hand
gedrückt werden, dann ist das unzumutbar und nicht hinnehmbar. Es geht um ein
Stück mehr Lebensqualität in Wien, um ein höheres Sicherheitsniveau und darum,
dass öffentliche Orte auch für alle benutzbar werden können.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben unseren
Initiativantrag sehr ausführlich und tiefgehend analysiert. Das neue Gesetz ist
gut, aber die ursprüngliche Begründung hat uns nicht glücklich gemacht. Vor
allem die Definition, welche Personengruppen als belästigend gelten können.
Deshalb haben wir diese Personengruppen herausgestrichen, denn es geht uns
wirklich nicht darum, bestimmte Gruppen zu diskriminieren.
Im Grunde genommen wäre es vielleicht auch die Aufgabe der Opposition
gewesen, Vorschläge zu finden. Aber wie ich schon erwähnt habe, war das beim
Landes-Sicherheitsgesetz leider nicht der Fall. (Abg Dr Wolfgang Ulm:
... Initiativantrag!) – Also ich kenne keinen Änderungsvorschlag.
Sehr geehrte Damen und Herren! Uns ist es sehr wichtig, dass die
ärmsten Menschen Europas nicht bei uns ihr Leid zeigen müssen, damit andere
Geld verdienen. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächste
Rednerin hat sich Frau Abg Mag Vassilakou zum Wort gemeldet. Ich erteile es
ihr.
Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte beginnen mit einer Stellungnahme von Caritasdirektor Landau,
der sich auch über die Öffentlichkeit zu dem Vorhaben, das wir heute
beschließen sollen, geäußert hat. Ich möchte Ihnen diese Stellungnahme nicht
vorenthalten: „Caritas lehnt generelles Bettelverbot strikt ab." -
Untertitel: „Caritasdirektor Landau erinnert daran, dass niemand ‚zum Spaß'
bettelt.
Der Wiener Caritasdirektor Michael Landau hat sich anlässlich der
geplanten Novelle des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes gegen ein generelles
Bettelverbot ausgesprochen. In einem Schreiben des Verbands Wiener
Wohnungslosenhilfe appellierte Landau zusammen mit anderen NGO-Repräsentanten
an die Kommunalpolitiker," – das sind wir, er appellierte also an uns –
„dem Initiativantrag der SPÖ nicht zuzustimmen. ‚Niemand bettelt zum Spaß!
Betteln ist die sichtbarste Form der Armut', so Landau. ‚Mit bloßen Verboten
werden keine Probleme gelöst. Ernst gemeinte Armutsbekämpfung sieht anders aus.
Es gilt, die Armut zu bekämpfen, nicht die Armen.' Die derzeitigen gesetzlichen
Bestimmungen würden bereits heute aggressives Betteln oder das Betteln mit
Kindern verbieten. Nicht jedes Verhalten im Zusammenhang mit Bettelei sei zu
tolerieren." - Das kann ich auch unterschreiben, meine Damen und Herren. –
„Die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen seien aber völlig ausreichend. ‚Wir
sehen in unserer täglichen Arbeit: Armut und Obdachlosigkeit sind auch in
Österreich ein Stück Realität! Verzweifelte, bettelnde Menschen wegzuweisen,
ist keine Lösung. Es kommt mir so vor, als würde man versuchen, eine Wunde
durch Wegschminken heilen zu wollen. Wir müssen aber hinsehen und dürfen nicht
die Augen verschließen', so Landau abschließend." (Abg Nurten Yilmaz: Wir verschließen nicht die Augen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass diese
Stellungnahme so ziemlich alles auf den Punkt bringt, worum es geht und worüber
wir heute diskutieren. (Abg Nurten Yilmaz: Aber, Maria, wir verschließen
nicht die Augen! – Du bist im Ausschuss!) Denn, liebe Frau
Landtagsabgeordnete Nurten Yilmaz, ich teile das Ansinnen, verwahrloste,
teilweise auch schwer behinderte Menschen aus anderen Ländern davor zu
schützen, dass sie hier in Österreich ihre Wunden oder ihr Leid mehr oder
weniger zur Schau stellen müssen - um jetzt einmal bei deinem Vokabular zu
bleiben -, damit andere verdienen. Das ist ein löbliches Unterfangen, dass man
das in den Griff bekommt, dort, wo es vorkommt. Ob aber dieser Passus, der
heute im Landes-Sicherheitsgesetz eingeführt wird, der geeignete Weg ist, um
diesen Menschen Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen, das sei
dahingestellt. Und mich wird niemand – niemand, auch wenn die gesamte
Sozialdemokratie alle ihre Redner heute hier herausschickt und jeder redet! -
davon überzeugen können, dass Wegweisung und 700 EUR Strafe die Art und
Weise ist, wie man diesen Menschen Hilfe und Unterstützung zukommen lässt.
Nein, was wir damit erreichen, ist, ein zusätzliches Problem, das es in
dieser Stadt gibt, das sehr unangenehm ist, das sehr wehtut, ganz einfach aus
unserer Sichtweite zu verbannen. Es tangiert uns nicht mehr, weil wir es ja
nicht mehr sehen müssen. Darum geht es. Das ist die Art und Weise, wie die
Sozialdemokratie mit den klaffenden Wunden in dieser Stadt umgeht. (Abg Nurten Yilmaz: Nein, das stimmt nicht!)
– Na, bravo! Ich gratuliere!
Und damit es nicht bei dieser einen Stellungnahme bleibt, möchte ich
noch eine zweite vorbringen. Wissen Sie, der Grund, warum wir Sie jetzt mit all
diesen Stellungnahmen quälen, hängt schon auch mit einer grundsätzlichen
Erregung zusammen, die es da im Hintergrund gibt. Normalerweise wäre es ja so,
dass, wenn man in einem Bundesland etwas vorhat, der übliche Weg gewählt wird.
Sie wissen ja, was der übliche Weg ist: Man legt eine Gesetzesnovelle zur
Begutachtung vor. Dann gibt es eine mehrmonatige Begutachtungsfrist. In dieser
Zeit müssen sowohl jene Organisationen gehört werden, die mit der Materie
befasst sind, als auch Menschen, die sich in diesem Bereich auskennen, also
Expertinnen und Experten. Und nach Ende der Begutachtungsfrist und einer
eingehenden Befassung mit der Materie kommt es zu einer Beschlussfassung.
Was macht jetzt die Sozialdemokratie, wenn das
unbequem ist, wenn es ein bisschen heikel ist, wenn man sich die lästigen
Kommentare und die Unruhe, die das
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