Landtag,
27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 78
wirkliche Gratulation an Ihr Team. Dieser Bericht ist wirklich einmalig
und nochmals herzliche Gratulation dazu. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bin sehr froh, meine Damen und Herren, dass die
Patientenanwaltschaft hier viele Kritikpunkte aufgezeigt hat, die wir ja auch
seit Jahren kritisieren. Nehmen wir zum Beispiel die Psychiatrie her. Der
Bericht bestätigt uns, dass es in der Wiener Psychiatrie seit vielen Jahren
einen eklatanten Personalmangel gibt. Er bestätigt zum Beispiel auch bei der
Kinder- und Jugendpsychiatrie, dass es hier bis heute kein gelöstes Konzept
gibt. Wir haben bis heute keine Jugend- und Kinderpsychiater. Ich glaube, das
wäre jetzt einmal ganz wichtig anzugehen, Frau Landesrätin, dass es hier
endlich einmal eine Lösung gibt, die wirklich zum Herzeigen ist, sage ich.
Es gibt natürlich auch Personalmangel im ärztlichen Bereich. Sie haben
zwar durch den Druck der Untersuchungskommission Ärztestellen im
Otto-Wagner-Spital, also in der Psychiatrie, auch geschaffen, aber sie werden
leider, muss man sagen, nur von Turnusärzten besetzt. Das ist jetzt natürlich
eine erste kleine, sage ich, Verbesserung, aber eine richtige oder wirkliche
Verbesserung ist es natürlich nicht, weil ich glaube, ins Otto-Wagner-Spital
oder in die Psychiatrie gehören Ärzte, die seit Jahren tätig sind und vor
allem, die auch in Zukunft nicht wechseln, sondern dort immer ständig ihren
Dienst versehen.
Was natürlich auch zu bemängeln wäre, ist der weitere Personalmangel im
Bereich Pflege. Da hat sich auch nicht viel getan, Frau Landesrätin. Der
Personalmangel ist weiter eklatant. Wenn Sie sich nur allein diese
Überstundenliste anschauen, wo das Personal wirklich an seine Grenzen geht,
dann, sage ich, ist es mehr als an der Zeit, hier zu handeln. Das hat aber auch
die Patientenanwaltschaft kritisiert. Diese Kritik kommt nicht von irgendwo
her. Das wurde auch in der Untersuchungskommission kritisiert und von vielen
Zeugen auch bestätigt, Frau Stadträtin.
Ein weiterer Kritikpunkt besteht natürlich auch in der Pflege und
Beratung in Betreuungsfragen. Allein wenn man sich diesen Bericht ansieht, ist
im Jahr 2008 zu erkennen, dass die telefonischen Anliegen im Bereich Betreuung
und Pflege stark zugenommen haben. Viele Menschen fühlen sich in den Spitälern
nicht richtig betreut oder im Bereich der Information nicht richtig versorgt.
Wenn man sich jetzt noch die Angehörigen ansieht, die plötzlich, sage ich
einmal, wenn jemand vielleicht einen Schlaganfall oder Ähnliches hat, der
wirklich akute Betreuung in diesem Bereich braucht, nicht wissen, wohin und ich
kann das nur bestätigen, denn es rufen mich sehr viele Menschen an, die mich
fragen, an wen sie sich wenden sollen. Ich glaube, gerade im Spital sollte man
darauf achten, wenn solche Fälle sind, wo man sieht, die Angehörigen sind etwas
ratlos oder tatenlos, sie wissen nicht, was passiert, was sie machen sollen,
weil sie vielleicht berufstätig sind, dass man diesen Menschen dort wirklich
vor Ort helfen kann, Sie aufklären kann, welche Möglichkeiten sie in Zukunft
haben, damit sie ihre Angehörigen oder ihre Kinder besser versorgen können.
Frau Landesrätin, das waren von mir jetzt einige Punkte, die ich
aufgezeigt habe. Ich glaube, meine KollegInnen werden mit Sicherheit noch
andere Punkte aufzeigen, aber ich sage, nehmen Sie diese Kritik von der
Patientenanwaltschaft und von mir ernst und ändern Sie es so rasch als möglich.
(Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka:
Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Lachkovics. Ich erteile es
ihr.
Abg Mag Eva Lachkovics (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr
geehrter Herr Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwalt! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! (Abg Mag (FH) Tanja Wehsely: Frau Präsidentin!) Bitte? (Abg
Mag (FH) Tanja Wehsely: Frau Präsidentin!) Entschuldigung,
Entschuldigung! Frau Präsidentin! Das habe ich jetzt nicht mitgekriegt! (Allgemeine
Heiterkeit.)
Angesichts des vorliegenden Berichts möchte ich eine aktuelle
Geschichte thematisieren und Sie alle auf eine Reise mit mir einladen, eine,
die für mich recht traurig ist und die ich Pflegeodyssee nennen möchte. Es geht
hier jetzt einmal um einen Einzelfall, ja, aber einen Einzelfall, der meiner
Meinung nach symptomatisch für bestimmte Mängel und Schwachstellen im
Krankenhaus- und Pflegesystem der Stadt Wien ist:
Kurz vor seinem 81. Geburtstag, am 2.4.2009, wurde mein
demenzkranker Vater mit Lungenentzündung in das Rudolfspital eingeliefert.
Zuvor haben wir ihn betreut und hatten auch eine Heimhilfe. Er ist auf die
Kardiologie eingeliefert worden wegen seines schwachen Herzens. Jeder, der mit
demenzkranken Menschen zu tun hat, wird wissen, dass so ein Ortswechsel eine
schwere Belastung für so einen kranken Menschen ist, Überforderung,
Verwirrtheit, man kommt nicht zurecht mit der neuen Umgebung. Das verursacht
Angst, aggressives Verhalten, Ruhelosigkeit, besonders auch in der Nacht. Das
ist natürlich eine besondere Herausforderung für das Pflegepersonal im Spital.
Als Folge dieser Herausforderung, dieser Überforderung wurde mein Vater damals
immer wieder ruhiggestellt. Einmal habe ich ihn im Rollstuhl vorgefunden, aus
dem er nicht raus konnte, schlafend, mit den Händen in einem Brei, der ist auf
den Boden getropft. So hat man versucht, mit der Situation fertig zu werden. Es
gab auch ein Bestreben, ihn so schnell wie möglich aus dem Spital los zu
werden. Wir haben gesagt, das ist im Moment nicht möglich. Meine 82-jährige
stark sehbehinderte Mutter konnte mit der Situation nicht mehr fertig werden,
weil sich sein Zustand, seine Verwirrung während des Krankenhausaufenthalts
extrem verschlechtert hat. Eine Psychiaterin ist erst zwei Tage vor der
Entlassung beigezogen worden. Sie hat das sehr bedauert, weil sie gesagt hat,
sie hätte davor viel mehr für ihn tun können. Meine Mutter hat dringend um
Aufschub gebeten, weil sie selber Spitalstermine hatte. Widerwillig ist die
Entlassung zwei Tage aufgeschoben worden.
Meine Mutter war sehr nervös und sehr verängstigt,
wie es weitergehen soll. Sie hat ständig Angst gehabt, dass er sie und sich
selber gefährdet. Sie hat Angst vor
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