Landtag,
27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 78
sich Herr Abg Mag Wutzlhofer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident!
Hohes Haus!
Wir nehmen von einem Produkt in der Regel nur das wahr: Wir gehen in
ein Geschäft, kaufen es, verwenden es und werfen es weg, wie etwa dieses
Duschbad hier. (Der Redner stellt den
Plastikbehälter für ein Kosmetikprodukt auf das Rednerpult.)
Das ist aber nur ein Bruchteil der Geschichte dieses Dings. Dieses
wurde zum Beispiel unter bestimmten Kriterien und Bedingungen produziert: Es
wurde unter bestimmten Arbeitsbedingungen, bei einem bestimmten Ausstoß von
Schadstoffen und Treibhausgasen hergestellt, es wurde dafür bestimmte Energie
gebraucht, das Produkt ist transportiert worden – oft mehrmals durch die
ganze Welt –, und letztendlich war es im Geschäft. Nach dem Verbrauch hat es auch
eine Geschichte: Es wird weggeworfen, in Wien im Regelfall recycelt oder
thermisch verwertet, anderswo wird es jedoch hunderte Jahre auf einer Deponie
liegen gelassen.
Schauen wir uns das Ding selbst einmal an: Das ist eine
Plastikverpackung, das sieht jeder, aber im gegenständlichen Fall besteht diese
aus Erdöl, und zwar innen und außen. Auch das, was innen ist, wird aus Erdöl
produziert. Und damit sind wir eigentlich schon bei Thema: Erdöl ist keine
nachwachsende Ressource.
Es ist nicht egal, was Sie mit den Dingen tun. Es geht darum, ob wir es
schaffen oder nicht, eine Gesellschaft zu erschaffen – und das ist eine Änderung
zu jetzt –, die nachhaltig ist, ob wir in einer Welt leben, die wir drei, vier,
fünf, sechs oder sieben Mal brauchen würden, oder ob wir auskommen mit dem, was
es gibt, und ob es uns gelingt, dass das Klima nicht kippt.
Insofern haben die GRÜNEN absolut recht, wenn sie das zum Thema machen,
überhaupt keine Frage. Absolut nicht recht haben aber all meine VorrednerInnen,
die hier große Versäumnisse der Stadt gesehen haben. Das kann nur die Folge
mangelnder Kenntnis der Arbeit sein, die hier geleistet wird, und zwar
tagtäglich!
Fangen wir beim Titel der Aktuellen Stunde an: „Raus aus der
Plastik-Falle“. Das kann ich nur unterstreichen. Der aktuelle Film ist schon
erwähnt worden, daher brauche ich nicht länger darauf eingehen. Er ist
großartig. Ich kann ihn nur jedem empfehlen. „Plastic Planet“ wird auch von der
Stadt unterstützt, er wurde massiv beworben, wie man zum Beispiel auch in der
Informationsbroschüre sieht; dies dazu, was Rüdiger Maresch gefordert hat. Der
Titel ist ideal, und es ist schön, dass wir uns damit auseinandersetzen.
Origineller finde ich den Zusatz, dass wir dafür eine Reform des
Abfallwirtschaftskonzepts brauchen, da sich das Abfallwirtschaftskonzept damit
auseinandersetzt, was wir mit dem Müll machen, wenn er bereits vorhanden ist.
Das ist spannend! Besonders spannend ist das dann, wenn wir darüber reden, ob
wir Müll als Rohstoff nutzen, nämlich als Biogas, Wärme, Strom. Das haben wir
in letzter Zeit massiv gefördert und forciert.
Aber die Frage, um die es tatsächlich geht, ist: Was geschieht, damit
Müll gar nicht erst entsteht? – Jetzt könnte man eine Stunde lang über
Initiativen der Stadt reden, dass weniger Mist erzeugt wird. Damit ich nicht
eine Stunde reden muss, sage ich: Es gibt eine Homepage, und auf dieser finden
Sie unzählige entsprechende Projekte, speziell auch betreffend die Vermeidung
von Plastikabfällen. Da geht es um Bewusstseinsbildung, um Information und um
Fördermöglichkeiten für Betriebe. Es gibt da viele Werkzeuge, die man auch
braucht, denn um Nachhaltigkeit zu gewährleisten, braucht es nicht nur
ökologische, sondern auch soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Das heißt,
man muss die Menschen und die Wirtschaft mitnehmen.
Ein Beispiel dafür ist die Forcierung von Mehrwegprodukten.
Diesbezüglich ist wirklich viel getan worden, zum Beispiel bei der
Ökologisierung von Veranstaltungen. Rüdiger Maresch hat das Beispiel Life Ball
gebracht. – Ich würde es auch bringen, aber positiv, denn durch den
Einsatz der Stadt Wien konnte dort auf ein Mehrwegsystem umgestellt werden.
Andere Beispiele sind das Donauinselfest oder die EURO 2008: Allein im Jahr
2008 wurden durch das Mehrwegsystem der Stadt 16 000 kg an Abfällen
eingespart.
Ein anderes Beispiel: Schauen wir uns wieder diese Flasche hier an! Es
wäre natürlich ein wichtiges Ziel, andere nachhaltigere Produkte zu verwenden,
diesfalls zum Beispiel eine Seife, die irgendwo in Europa produziert wurde und
nicht eingepackt ist, Produkte ohne lange Transportwege und Produkte, die
ökologisch und sozial tragbar hergestellt wurden. Dafür kann man als Konsument
natürlich viel tun, und besonders viel tun kann man, wenn man ein großer
Konsument ist. Die Stadt Wien ist ein großer Konsument, und mit ÖkoKauf zeigt
sich schon, was das bedeutet, wenn man zum Beispiel in drei Jahren durch
anderes Einkaufen 103 000 t CO2-Äquivalente einsparen
kann.
Die Bilanz des ÖkoBusinessPlans entspricht dem und zeigt nichts
anderes, als dass gutes Wirtschaften auf der einen Seite und ökologisches
Handeln auf der anderen Seite kein Widerspruch sind, sondern einander bedingen.
So wurden 119 000 t Abfall eingespart.
Natürlich geht es auch darum, was mit dem Müll geschieht, wenn er
einmal entstanden ist. Das wäre eigentlich das Thema 2 des
Abfallwirtschaftskonzepts. Auch hier gibt es große Schritte nach vorne, die
sich sehen lassen, zum Beispiel durch die Umstellung der Kunststoffsammlung.
Wir erinnern uns: In vier Jahren ist allein die Quote an Fehlwürfen – ein
lustiger Name dafür, dass die Leute etwas falsch in die Mülltonne
werfen! – von 33 Prozent auf 10 Prozent gesenkt worden, und
insgesamt ist die Kunststoffsammelmenge in den letzten zwei Jahren massiv
gestiegen. Abgesehen davon ist die energetische Nutzung von Müll nicht irgendein
blödes Thema beziehungsweise ein Spleen von StadträtInnen betreffend die
Umwelt, sondern ein Thema mit Niveau, um das uns die gesamte Welt beneidet.
Sich hierher zu stellen und zu sagen, dass all das
hier nicht geschieht, ist schon ein starkes Stück! Ich
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