Landtag,
24. Sitzung vom 28.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 83
Fixierungen passiert. Ich habe sie gefragt, ob sie zu
dem Zeitpunkt, wo sie das vor diesem Hohen Haus geantwortet hat, schon gewusst
hat, dass eine Frau, während sie fixiert war, verbrannt ist, ein Drittel ihres
Körpers entstellende Brandwunden hat und ihr eine Brust amputiert werden
musste. Frau StRin Wehsely hat gesagt: „Ja, ich habe es gewusst. Ich habe zu
diesem Zeitpunkt gewusst, dass jemand körperlich zu Schaden gekommen ist."
Hier war sie aber nicht unter Wahrheitspflicht und sie hat gesagt, sie bedauert
das. (Abg Godwin Schuster: Und sie hat
gesagt, sie hätte möglicherweise einen anderen Begriff verwendet! Das muss man
dazusagen!) Sie hat gesagt - ich komme dazu, Herr Kollege Schuster -, sie
bedauert ihre Wortwahl.
Man stelle sich das einmal vor. Die Frage war klar
gestellt und die Antwort war klar. Da ist jemand zu einem Drittel verbrannt und
wird ein Leben lang schwerste Folge tragen. Für Frau StRin Wehsely, zuständig
für Gesundheit, ist das eine körperliche Beeinträchtigung im Zuge von
Gegenwehr. Das sagt sie und erlaubt sie sich hier zu sagen, wo sie nicht unter
Wahrheitspflicht steht. In der Untersuchungskommission hat sie sich das schon
ein bisschen besser überlegt. Sie hat ihre Wortwahl bedauert und hat gesagt,
sie wusste, dass es ein Brandopfer gab, dass eine Frau so schwer verletzt ist.
Das, meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen,
soll Sie davon überzeugen, wie wichtig es ist, dass wir das Instrument der
Untersuchungskommission haben, dass wir es nützen und dass wir unsere Stadträte
daran erinnern, dass politische Verantwortung auch etwas damit zu tun hat, dass
man Dinge eingesteht, dass man sie bekennt und dass man sie nicht beschönigt!
Denn jene Frau, die verbrannt ist, muss mit dieser zynischen Antwort leben,
dass die Frau Stadträtin sagt, eine körperliche Beeinträchtigung war der Fall!
Wer so mit dem Schicksal der Menschen umgeht, braucht sich nicht zu wundern,
wenn sich dann die SPÖ einig ist, Missstände waren nicht der Fall! Denn wenn
das alles kein Missstand, wenn das alles nur körperliche Beeinträchtigung ist,
wenn man beschönigt, verschleiert, behübscht und die Wahrheit frei
interpretiert, weil man nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, dann kommt
das heraus!
Das alles war der Grund, warum wir, Frau
Landeshauptmann-Stellvertreterin, auch Sie vor die Untersuchungskommission
geladen haben, weil wir wollten, dass unter Wahrheitspflicht die Dinge klar
sind und dass wir nicht etwa frei interpretierte Einschätzungen durch zynische
Auffassung der eigenen Arbeit haben, was Menschen als eklatanten Schaden für
ihr Leben empfinden! (Abg Godwin
Schuster: Zynisch ist das, was Sie jetzt machen! Das ist zynisch!)
Jetzt kommen wir zur Jugendwohlfahrt: Da haben
Menschen unter Wahrheitspflicht, Angehörige nicht, die durften nicht, die haben
es nur uns erzählt, aber Professoren und Experten und Expertinnen in der
Untersuchungskommission klargemacht, welche Mängel es gibt. Wir haben heute
Früh in der mündlichen Fragestunde gehört, dass das alles weder der Fall noch
zutreffend ist.
Ich möchte ein bisschen zurückgehen. Ich möchte
zurückgehen zum Herrn Prof Berger im Jahr 2004. Damals hat er nämlich im
Auftrag der Stadträtin, damals Pittermann, eine Mängelliste in der Versorgung
psychisch kranker Kinder und Jugendlicher erstellt. Darin kommt expressis
verbis vor, dass die Angebote für ambulante Psychotherapie unzureichend sind und
dass es ein unzureichendes Schnittstellenmanagement in den
Überschneidungsbereichen zu Institutionen des Vorfeldes und des Umfeldes gibt.
Er hat klare Planungsziele formuliert, Schaffung gemeindenaher ambulanter
Versorgungseinheiten und die Abdeckung der Defizite im Bereich der mittel- und
langfristigen Behandlung. Er hat davon gesprochen, dass die
psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen verbessert,
differenziert und in nachgehende und hochschwellige Angebote ausgebaut werden
muss. Er hat von der notwendigen Verbesserung des Schnittstellenmanagements mit
der Jugendwohlfahrt gesprochen und - das ist wohl das Bemerkenswerteste -
expressis verbis gesagt, dass es eine Gefahr der Verdünnung der Kooperation
zwischen Jugendwohlfahrt, Kinderheilkunde und Kinderschutzgruppen gibt und dass
man insbesondere die Kinder- und Jugendpsychiatrie seitens der MA 11 bei
der Betreuung schwerstbehinderter und verhaltensauffälliger Kinder unterstützen
soll. Das war 2004. Es war klar, der Auftrag war gegeben. Der Projektabschluss
war bis 2006 vorgesehen. Klar in diesem Zusammenhang auch der Auftrag, in die
Kooperation mit der MA 11 weiter zu intensivieren.
Was ist passiert? Genau gar nichts! Die
Gesundheitsstadträtin hat gewechselt, von Pittermann auf Brauner, die Dinge,
was die Kooperation mit der Jugendwohlfahrt betrifft, wurden schon ad acta
gelegt und man hat halt weitergewurschtelt.
Heute wurde nur ein Jubelbrief von Herrn Prof
Friedrich zitiert. Er hat sich schon vor ungefähr zwei Jahren mit mir einmal im
Rahmen einer Pressekonferenz lautstark über die Mängel beklagt. Die Misere in
der ambulanten Versorgung hat er durch den Brief, der heute zitiert wurde, gar
nicht angesprochen. Die Misere in der ambulanten Versorgung, in der Nachsorge
durch die MA 11, in der Kooperation ist nach wie vor ungelöst.
Ich zitiere für diejenigen, die
nicht in der Untersuchungskommission vertreten sind, was Prof Popow in diesem
Zusammenhang gesagt hat. Prof Popow arbeitet an der Universitätsklinik mit
Kindern, die psychisch krank sind. Seine Aussage war die Aussage eines
ambitionierten, idealistischen, aber verzweifelten Arztes, der nicht mehr weiß,
wie er die Gefahr für seine Zielgruppe mindern soll. Er spricht von Gefahr und
er spricht schriftlich von Gefahr. Ich lese das vor. Auf meine Frage, wie das
mit der Bürokratie zwischen der MA 11 und der Uniklinik ist, sagt er:
„Also die bürokratische Antwort auf Hilfeschreie ist zunächst einmal:
‚Schreiben Sie uns.' Dann genügt sozusagen der Einseiter. Also der Einseiter
wird zunächst einmal zu wenig. Dann kommt der Eineinhalbseiter, mit
Blockbuchstaben geschrieben ‚DRINGEND' oder ‚dringendst'
oder ‚Gefahr' oder solche
Schlüsselworte. Das hilft in manchen Situationen,
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