Landtag,
23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 40
zufrieden mit ihrer Sozialpolitik, und das ist meiner Ansicht nach schlecht, um in einen ganz wichtigen Bereich einzutreten: Das ist auch die Prävention, um Armut vorab überhaupt zu verhindern.
Aber wenn wir uns - es ist schon sehr viel über
Zahlen gesprochen worden - eine Zahl herausgreifen, dann müssen wir auch
feststellen: Armut ist nicht nur oft sehr leise oder still, Armut ist auch
weiblich. Armut ist oft weiblich, wenn wir die Biographien anschauen, die ganz,
ganz unterschiedlich sind, vom Einstieg von traurigen Kindesbeinen an bis hin
zu Ereignissen, die im Leben stattfinden, wo Menschen dann einfach nicht mehr
auf gleich kommen. (Abg Karlheinz Hora: Frau Kollegin! Die Flüchtlinge sollten
Sie auch nicht vergessen! Die gehören auch zur Armut, oder?)
Sie werden mir jetzt aber nicht sagen, was ich hier
sagen will. Sie können das ja gerne tun. (Beifall bei der FPÖ.)
Eines hat meine Vorrednerin angesprochen, und das ist
ja ganz klar: Arbeit ist eine der besten Verhinderungsmaßnahmen, um in die
Armutsfalle zu geraten. Hier haben wir schon Defizite! Die ambitionierten
Programme, die uns immer vorgelegt werden, helfen nichts, wenn wir auf der
anderen Seite in Wien eine Arbeitsplatzentwicklung haben, die es geradezu
bedingt, dass diese prekären Arbeitsverhältnisse - und hier vor allem von
Frauen, die so genannten McJobs, schlecht bezahlte, unsichere
Teilzeitarbeitsverhältnisse - angenommen werden müssen.
Wir haben in vielen Regionen Wiens eine derartige
Ausdünnung von qualifizierten, familienfreundlichen - und das brauchen Frauen
meistens - Arbeitsplätzen, dass es gar nicht möglich ist, im Umfeld Arbeit zu
finden und dies gleichzeitig mit der Familie zu vereinbaren. Wir haben zu
wenige Kinderbetreuungseinrichtungen bei den kleinen Kindern, und es ist immer
noch so: Es gibt eben diese Grenze, dass Sie zwar immer wieder sagen, Arme oder
sozial Schwache zahlen nichts im Wiener Kindergarten, es gibt aber sehr wohl
eine Grauzone, und es gibt sehr viele, die sehr wohl zahlen und trotzdem damit
massivst belastet sind, vor allem, wenn sie mehrere Kinder haben.
Ich fordere an dieser Stelle einmal mehr den
kostenlosen Kindergarten für alle Kinder, auf jeden Fall ab dem dritten
Lebensjahr! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie zählen gerne die vielen Maßnahmen auf. Eine, die
sie nicht aufzählen können, weil es sie viel zu wenig gibt, ist einerseits die
Prävention und die Begleitung armutsgefährdeter Menschen. Wir haben hier sicher
ein großes Defizit, ein großes Minus an qualifiziert ausgebildeten Menschen,
die das überhaupt tun können. Wir haben es ja nicht einmal - und das haben auch
die vielen Diskussionen etwa in der Untersuchungskommission Psychiatrie gezeigt
- für kranke Menschen! Da fehlt es selbstverständlich an Begleitmaßnahmen für
armutsgefährdete Menschen, für kranke Menschen, für Menschen, die gerade aus
physischen oder psychischen Situationen heraus in die Armutsfalle schlittern,
aus Arbeitslosigkeit in die Armutsfalle schlittern. Hier fehlt es an Begleitung,
und da ist noch viel zu tun.
Lassen Sie - wie Sie ja derzeit flächendeckend
plakatieren - hier die Menschen nicht allein, sondern begleiten Sie die
Menschen in dieser Situation! Sorgen Sie dafür, dass sie möglichst nicht erst
in die Armutsfalle geraten, um dann vermittels Sozialhilfe zu helfen, sondern
helfen Sie auch vorweg. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr StR Ellensohn. Ich erteile ihm das Wort.
StR David Ellensohn: Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!
Ich glaube, wo wir uns einig sein könnten, ist, dass
die Armut in Wien zunimmt und dass immer mehr Leute arm sind. Das sagen alle
Zahlen.
„Armut in Wien steigt - 100 000
SozialhilfeempfängerInnen" sind Indikator dafür, „und die SPÖ
beschönigt", so haben wir freundlicherweise - freundlicherweise! - diese
Aktuelle Stunde genannt. Am Anfang, als Klubobfrau Maria Vassilakou gesprochen
hat, waren 18 von 55 Abgeordneten der SPÖ anwesend, also hätte da
vielleicht auch das gepasst: Die Armut steigt, und die SPÖ ignoriert es. (Abg
Godwin Schuster: Bitte, und wie viele fehlen jetzt bei euch?) Aber damit
werden Sie das Problem … (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Und der eigene
Klub ist zur Gänze da? Lächerlich!)
Bei uns waren es 12 von 16, wer rechnen kann, und bei
Ihnen waren es 18 von 55. Aber da halte ich mich nicht auf. (Amtsf StRin Mag
Sonja Wehsely: Ist Ihre eigene Aktuelle Stunde, und es ist nicht der ganze Klub
da!) Die Rechenprobleme beziehen sich auch auf die Armutszahlen. (Abg
Godwin Schuster: Zehn Personen ... bei euch anwesend!) Mit Ignorieren
allein werden Sie die Probleme nicht austreten, und es waren herzlich wenige
Personen aus dem entsprechenden Ausschuss anwesend. Außer den Personen, die Sie
als Sprecher und Sprecherinnen aufgeboten haben, war praktisch niemand da. (Abg
Godwin Schuster: ... Gemeinderäte sind da!)
Das Thema ist Ihnen peinlich, das verstehe ich auch.
Das sieht man daran, dass, wenn wir einen Sondergemeinderat beantragen, ruck,
zuck die Idee da war: Den machen wir noch schnell morgen, am Ende dieser Woche
wird er drangehängt, damit das schnell irgendwie erledigt ist. (Abg
Karlheinz Hora: Wenn es ein wichtiges Thema ist, auch am Sonntag! - Weitere
Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist Ihnen peinlich, wenn wir in der Stadt
über Armut reden, deswegen regen Sie sich auch zwischendurch auf. Aber man kann
das vielleicht auch als positive Energie sehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Egal, wie viel Sie ausgeben:
Tatsache ist - und wenn Sie sich dort auch nicht einig sind, dann müssen wir
die Grundrechnungsarten noch einmal von vorn an durchgehen -, Armut steigt, es
wird mehr und mehr und mehr, und irgendetwas muss man dagegen unternehmen! (Abg
Godwin Schuster: Die Ursachen muss man erkennen!) Nicht verwalten, nicht
schauen, dass es gerade reicht,
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