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Landtag, 22. Sitzung vom 29.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 59

 

Schreiben der Patientenanwaltschaft bekommen. Diesmal ist es nicht das medizinische Fehlverhalten, diesmal ist es die Verjährung. Das heißt, die Patientenanwaltschaft gibt sich damit zufrieden, dass dieser Mensch, der ohne eigene Schuld, ohne eigenes Zutun, schwerst verletzt wurde, nicht entschädigt wird. Da kann man halt nichts machen.

 

Wenn Patienten und Patientinnen so von Ihnen vertreten werden, dann brauchen Sie sich nicht wundern, dass sie in die Öffentlichkeit gehen, dass sie zur politischen Opposition gehen und dass sie sich von Ihnen im Stich gelassen fühlen. Fehlerkultur hätte in dem Fall geheißen, nachzuschauen, welche systemischen Fehler verursachen so etwas, dass es möglich ist, dass jemand ungesehen, unbemerkt andere anzündet. Wieso reden wir nicht über fehlende Überwachung von tief sedierten Patienten, wieso reden wir nicht von personeller Unterbesetzung in der Psychiatrie, wieso reden wir nicht von baulichen Gegebenheiten, die eine Schande für ein modernes Spital sind. Sie reden von all diesen Dingen nicht, Sie reden höchstens von Komplikationen. Sie vermeiden das Wort Fehler und Sie brauchen sich nicht wundern, dass sich die Menschen daher nicht auf Sie verlassen.

 

Zum Schluss will ich sagen, das Team mit dem Sie arbeiten, bemüht sich sehr und ich möchte nicht, dass die Menschen anhand der Einzelfälle glauben, sie würden in der Patientenanwaltschaft keine gute Arbeit leisten. Aber was sie brauchen, ist eine Lokomotive vorne, eine Lokomotive in der Person des Patientenanwaltes, der sagt, das, was in den Einzelfällen festgestellt wird, was einzelne Menschen erfahren, muss auch dahin gehend durchleuchtet werden, ob es Defizite im System gibt. Und der Patientenanwalt, die Patientenanwältin, muss sich öffentlich äußern, anteilnehmend für die Patienten und kritisch zum Gesundheitssystem. Das lassen Sie leider vermissen. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Abg Praniess-Kastner. Ich erteile es ihr.

 

Abg Karin Praniess-Kastner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Grüß Gott, Herr Dr Brustbauer! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin!

 

Vielen Dank, Herr Dr Brustbauer, für den Bericht, der uns in sehr ausführlicher Form vorliegt und bitte geben Sie auch Ihrem gesamten Team den Dank meiner Fraktion weiter. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Dr Pilz hat als meine Vorrednerin die Rede des Herrn Kollegen Lasar thematisiert, die sich nicht unbedingt auf die Inhalte des vorliegenden Berichts bezogen hat. Sie hat das als mangelnde Wertschätzung des Patientenanwalts tituliert. Ich möchte aber eine ganz andere mangelnde Wertschätzung in diesem Haus ansprechen, nämlich über die abwesende SPÖ-Fraktion. Ich denke nämlich, das zeigt keine Wertschätzung der Arbeit der Patientenanwaltschaft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte den Bericht zum Anlass nehmen, wieder einmal aufzuzeigen, dass die Mühlen im Wiener Gesundheitssystem sehr langsam mahlen, und ich möchte das anhand von einigen Themenbereichen, die im Bericht angeführt sind, aufzeigen. Meine Vorrednerin Dr Pilz hat schon das Thema Patientenentschädigungsfonds angesprochen. In Niederösterreich und in der Steiermark werden einem Patienten, der sich bei der Patientenanwaltschaft beschwert und eine Entschädigung verlangt, im Rahmen des Erhebungsverfahrens auch grundsätzlich die Stellungnahmen der betroffenen Krankenanstalt zu dem Sachverhalt übermittelt. In Wien stellte die Wiener Patientenanwaltschaft beschwerdeführenden Patienten keine Stellungnahme aus, sondern nur unter ausdrücklichem Wunsch und in Ausnahmefällen. Der Rechnungshof sah in dieser geübten Praxis einen Verfahrensmangel und empfahl der Wiener Patientenanwaltschaft, in Hinkunft PatientInnen die Stellungnahme der Krankenanstalt zur Kenntnis zu bringen.

 

Meine Damen und Herren, dieser Empfehlung des Rechnungshofs ist Wien erst jetzt nachgekommen, und das ist leider mehr als spät, denn was in anderen Bundesländern als selbstverständlich gilt, wurde in Wien erst von der obersten Behörde der Stadtregierung vorgeschlagen und mühsam abgerungen.

 

Ein weiterer Kritikpunkt im Patientenanwaltschaftsbericht: Das gilt, könnte man fast sagen, alle Jahre wieder, und der behandelt den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Bereits im Tätigkeitsbericht 2004 war im Patientenanwaltschaftsbericht zu lesen: „Die räumlichen Bedingungen der Psychiatrie, insbesondere auch der Jugendpsychiatrie im AKH, entsprechen weder den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten noch den Vorgaben des Unterbringungsgesetzes.“ Ein Jahr später, 2005, liest man im entsprechenden Bericht: „Die Behandlung jugendpsychiatrischer Patienten ist in Wien nach wie vor ein großes Problem, insbesondere im AKH entsprechen die Bedingungen weiterhin weder den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten noch den Vorgaben des Unterbringungsgesetzes.“ 2007, im jetzt vorliegenden Bericht, schildert die Patientenanwaltschaft einen konkreten Fall, bei dem ein Mädchen aus Platzmangel, da kein Bett frei war, in Wien nicht stationär behandelt werden konnte, sondern nach Graz transferiert werden musste. Und es heißt im Bericht dazu wörtlich: „Der konkrete Fall zeigt einmal mehr, dass eine Ausweitung der Kapazität für die Betreuung minderjähriger, psychisch Erkrankter in Wien sinnvoll wäre.“ Die Wiener Patientenanwaltschaft spricht sich daher für eine Erweiterung des Angebots an stationären, semistationären und ambulanten Betreuungsplätzen für minderjährige, psychische Kranke aus.

 

Meine Damen und Herren der Wiener Landesregierung, können Sie oder wollen Sie die aufgezeigten Probleme in den Berichten seit dem Jahr 2004 nicht zur Kenntnis nehmen?

 

Ersteres wäre ein Desaster, das Sie spätestens 2010, bei den nächsten Wahlen, zu verantworten haben werden, und Letzteres ist eine unvorstellbare Ignoranz den Wienerinnen und Wienern gegenüber. (Beifall bei

 

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