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Landtag, 22. Sitzung vom 29.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 59

 

anführen, ist diese Kritik, die ich hier jetzt übe und die sich auch an anderen Punkten zeigt, noch einmal festzumachen und ich möchte darauf bei der Seite 90, wo Sie über Grundsatzprobleme in Betreuung und Pflege sprechen und unter dem Stichwort „Verhaltensauffällige Heimbewohner, ein Problem für Angehörige und andere Heimbewohner", auf konkrete Fälle eingehen. Das kann jeder, der sich mit Pflege und Pflegeheime beschäftigt, nachvollziehen, da gibt es Menschen, die sind agitiert, die laufen herum, die sind aufgebracht, sind laut in der Nacht, und so weiter. Sie stellen den Fall so dar, dass man den Eindruck haben muss, es ist der Patient, die Patientin, der Bewohner, die Bewohnerin, das Problem. Es geht darum, dass das Wort „Störenfried" und „verhaltensauffällige Zimmernachbarn" verwendet wird. Wenn man dem einen emphatischen und parteilichen Zugang im Interesse der Bewohner und Bewohnerinnen gegenüberstellt, dann müsste man sagen, ja, zum Krankheitsbild von Menschen kann das gehören, dass Sie einfach so unruhig sind, dass sie herumlaufen und dass sie damit auch andere stören. Aber die Konsequenz kann ja nicht sein, das sozusagen subjektiv im Sinne eines Schuldvorwurfes zuzuordnen, und vor allem die Konsequenz kann auch nicht sein, dass man halt Leute durch die Pflegeheime schickt, wo sie - und das steht ja hier auch: „Versuche, in ein anderes Haus zu transferieren und so weiter und so weiter, oder zwischenzeitlich in die Psychiatrie zu schicken ...“ Aus so einem Fall kann doch ausschließlich nur die Konsequenz gezogen werden zu sagen, wir müssen in den Pflegeheimen, in den Einrichtungen Strukturen herstellen, die es möglich machen, dass Menschen, denen es so geht, dass sie laut sind, dass sie agitiert sind, dass sie auf der einen Seite keine Belastung für ihre Mitbewohner sind und auf der anderen Seite aber, dass sie adäquat betreut werden. Dann sind sie keine Störenfriede, sondern da muss man dann über Mehrbettzimmer reden, da muss man über mangelnde Rückzugsmöglichkeiten reden, da muss man darüber reden, dass wir offensichtlich nicht das nötige räumliche, personelle und vielleicht auch therapeutische Instrumentarium haben, dass es ein gutes Zusammenleben aller Bewohner und Bewohnerinnen geben kann.

 

Und da fehlt mir der Ansatz, wo Ihre Kritik nicht subjektiv vorwurfsvoll gegen Einzelne, und schon gar nicht an Bewohner, gerichtet sein sollte, sondern dass das System, das nach wie vor der Struktur nach wie vor in Wien ein qualvolles Miteinander für viele Menschen in Mehrbettzimmern bringt und einen krankenhausähnlichen Charakter der Pflegeheime, zu wenig Einsatz an Personal, und so weiter, bedeutet, das vermisse ich. Durchgängig in Ihrem Bericht gibt es keine systemkritischen Analysen von Einzelfällen, sondern Sie beziehen sich im Wesentlichen auf Individualfälle, um sie dann in Ihrer Lösung auch individuell darzustellen.

 

Hinsichtlich der Beschwerden, die Sie hier anführen, sprechen Sie von 415 Beschwerden im Jahr 2007, wovon Sie 47 als berechtigt, 71 als teilberechtigt und 204 als nicht berechtigt darstellen. Das sind Zahlen, da könnte man sich als Betroffener oder Angehöriger sehr leicht entmutigt fühlen, überhaupt die Patientenanwaltschaft aufzusuchen. Und wir wissen das von Menschen, die dann zu uns kommen und das Gefühl haben, sie waren bei der Patientenanwaltschaft, und sie haben nichts erreicht. Und manche von ihnen haben auch nichts erreicht, obwohl ihr Anliegen - und das hat sich dann herausgestellt - mehr als berechtigt war.

 

Ich möchte hier das Beispiel des chinesisch-stämmigen Österreichers hier anführen, der im Hanusch-Krankenhaus über Wochen hindurch seinen Befund über eine maligne Erkrankung nicht erhalten hat. Sie führen diesen Fall an und berichten, dass die Patientenanwaltschaft erreichen konnte, dass ihm eine Entschädigung ausgezahlt wurde, und dass weiter eine Gesetzesänderung hinsichtlich der Informationspflicht erreicht wurde. In der Konsequenz ist das alles passiert, aber wenn Sie, Herr Dr Brustbauer, meinen, das auf die Leistungsbilanz Ihrer Anwaltschaft schreiben zu können, dann muss ich Ihnen entgegenhalten, dass dieser Patient zuerst bei seiner Anwältin war, die hat dann an Sie weiter verwiesen - der Brief, den sie Ihnen geschrieben hat, ist im Übrigen nie beantwortet worden -, der Patient ist dort aber nicht etwa mit einem hartnäckigen und entschlossenen Eintreten Ihrerseits zu seiner Entschädigung gekommen, sondern ohne weitere Erledigung des Anliegens hat er sich in seiner schweren Krankheit weiter allein gefühlt, hat dem Bundespräsidenten geschrieben, und erst, wie er schon nicht mehr gewusst hat, wie ihm geholfen werden kann, hat er sich an die Grünen gewendet und mit Unterstützung der Medien und einer harten Debatte im Gesundheitsausschuss konnte dann - in einer weiteren Einschaltung wieder der Patientenanwaltschaft - erst erreicht werden, dass ihm eine Entschädigung bezahlt wurde, und dass es diese Gesetzesänderung gegeben hat. Wäre er nur bei der Patientenanwaltschaft gewesen, hätte er nichts erreicht, denn dort war er gewesen, und dort war er vergeblich gewesen.

 

Also, Sie haben auch in Fällen, die wirklich tragisch sind, und wo durch das Eingeständnis von Fehlern seitens des Hanusch-Krankenhauses auch gezahlt wurde, nicht erreicht, dass die Beschwerde sozusagen anerkannt wurde, und man kann es jetzt nicht mehr herausfinden, ob diese Beschwerde bei Ihnen unter „berechtigt" oder „unberechtigt" gelaufen wäre. Es steht aber zu befürchten, dass Sie diese unter die „Nichtberechtigten" eingeordnet hätten.

 

Diese Haltung, nicht in jedem Fall zu unterstellen, dass dem Patienten und der Patientin, den Betroffenen also, Unrecht geschehen ist, zeigt sich auch in Ihren öffentlichen Stellungnahmen, die Ihre eigene Organisation oder Ihr eigener Zusammenschluss, nämlich die Gemeinschaft der Patientenanwälte in der Person des Herrn Dr Bachinger immer wieder öffentlich äußert. Anfang Oktober hat Dr Bachinger, der niederösterreichische Patientenanwalt und Sprecher der Patientenanwaltschaft, gesagt, dass wir in Österreich allen Grund hätten, die Fehlerkultur im Gesundheitswesen ins Zentrum zu rücken. Es gibt internationale Studien, da sind wir in Österreich sozusagen nicht besonders schlechter als

 

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