Landtag,
21. Sitzung vom 02.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 47
kann die Fälle, bei denen sich Menschen beschweren
über den Umgang mit ihnen oder über Fehler, die passieren, an zwei Händen
abzählen. An zwei Händen schon, aber von vielen Leuten. Natürlich kommt nicht
jede Person, die ein Problem hat, zur Volksanwaltschaft, aber alleine – ich
nehme an, es geht den anderen Oppositionsparteien auch nicht anders als den Grünen – die Fälle, die wir alle hören
zwischendurch, wo sich jemand beschwert und wo man auf kurzem Weg einzugreifen
versucht – es ist ja nicht alles eine mediale Geschichte –, das sind nicht fünf
oder zehn im Jahr, sondern natürlich ein Vielfaches davon. Und das ist ja immer
nur die Spitze des Eisberges, die sich da wiederfindet.
Diese falschen Auskünfte passieren ja nicht
absichtlich. Man sollte, bevor man die Augen verschließt davor und sagt, es
kommt eh nicht vor oder es ist ganz selten, überlegen, warum das passiert. Da
sitzt ja nicht ein Beamter oder eine Beamtin, die absichtlich sagen, heute will
ich jemandem schaden, dem sage ich heute, wenn du dich nicht scheiden lässt,
bekommst du keine Sozialhilfe. Das passiert ja aus anderen Gründen.
Was ich besonders traurig finde, ist, der „Umgang mit
Sozialhilfewerbern ist verbesserungsbedürftig" – so heißt das Kapitel –,
und der Herr Kostelka, der ja der Sozialdemokratie zuzurechnen ist, formuliert
das sehr verklausuliert, nämlich so, dass ich es gerne zitierten möchte:
„Wenngleich derartige Beschwerdevorwürfe im Rahmen
volksanwaltschaftlicher Prüfungsverfahren teilweise nur schwer zu objektivieren
sind, so ist doch festzuhalten, dass die der Volksanwaltschaft vorgelegten
Verwaltungsakten tatsächlich mitunter darauf hindeuten, dass in der
Kommunikation mit den Hilfe suchenden Menschen in einigen Fällen durchaus
Verbesserungspotenzial vorhanden ist, das im Sinne einer bürgerfreundlichen
Verwaltung auch ausgeschöpft werden muss."
Das hat er sehr freundlich gesagt. Was er meint, ist:
Bitte, mit den Leuten nicht so umgehen! Und wenn man es dann genauer nachliest,
was er sagt, so heißt es da: „unfreundliches Verhalten",
„missverständliche Auskünfte", „unzureichende Berücksichtigungen
individueller Lebenssituationen". Und das sagen viele Leute. Das sagen ein
paar den Volksanwälten und den Volksanwältinnen, das sagen ein paar den anderen
Parteien, wahrscheinlich auch ganz viele der Sozialdemokratie selbst – die
Fälle, die wir bearbeiten, sind ja nicht die einzigen Fälle –, und die Frage
ist: Wie löst man das jetzt? Und wenn sich die Zahl der
SozialhilfeempfängerInnen in Wien seit dem Jahr 2000 verdoppelt hat, dann muss
man sich überlegen, ob man mit dem bestehenden Personal auskommt oder nicht.
Ein gutes Beispiel ist dafür immer die
SchuldnerInnenberatung. Die hat einfach ihr Modell umgestellt, denn so viel
mehr Leute hat sie nicht bekommen, wie sie Kundschaft bekommen hat. Jetzt geht
es schnell dort. Jetzt gibt es nur noch eine Konkursberatung. Nicht weil die
MitarbeiterInnen dort nicht wollen, aber da geht sich nichts anderes mehr aus.
Da gibt es keine SchuldnerInnenberatung, sondern es gibt noch mehr oder weniger
ein Formular mit einer kleinen Hilfe, wie man das schnell ausfüllt. Fertig!
Viel mehr als zehn Minuten pro Person gibt es dort nicht.
Wenn man mit einer so hohen Zahl von
SozialhilfeempfängerInnen konfrontiert ist – ich möchte mich jetzt gar nicht
darüber auslassen, wer da aller zuständig ist dafür –, dann hat man zu
überlegen, ob man mit dem bestehenden Personal auskommt oder nicht. Und ich
sage in Anlehnung an einen Film: Das sind Frauen und Männer am Rande des
Nervenzusammenbruchs. Die haben Arbeit Ende nie, die kommen alle hinten und
vorne nicht mehr zusammen, und am Ende kommt dann heraus: Eine falsche Auskunft
da, eine falsche Auskunft hier. Da gibt es Leute, die fallen um ihre
Sozialhilfe um wegen dieser Auskünfte, und nicht alle kommen irgendwo über
einen zweiten Weg her, sondern die sitzen dann zu Hause und machen nichts.
Und die Auskünfte sind in vielen Bereichen falsch,
wie man in diesem Bericht lesen kann. Vieles andere kann man auch lesen, auf
das ich nicht eingehe, aber die SozialhilfeempfängerInnen gehören zu den
Ärmsten in dieser Gesellschaft, um die muss man sich mehr kümmern. Dringend
notwendig ist ein Ausbau all dieser Stellen in personeller Hinsicht. Das würde
mich freuen, wenn ich das im nächsten Jahr in irgendeinem Budget wiederfinden
würde. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Anger-Koch.
Abg Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir wertschätzen sehr die Berichte der
Volksanwaltschaft, weil sie eben Systemfehler anzeigen und Einzelfälle
aufzeigen, die für viele stehen.
Eines, was wirklich sehr schlimm ist und auch hier im
Bericht sehr gut herauskommt, ist die Problematik der Auslandsadoptionen, wo
wir ja auch einen konkreten Fall aufgezeigt bekommen haben von dem Verein
„Family for You", wo da die Ereignisse gerade mit der Äthiopien-Adoption
zu hinterfragen sind.
Der Verein „Family for You" wird verdächtigt, im
Ausland eine dubiose Mittelsperson eingesetzt zu haben, die sich nicht an die
Adoptionsbestimmungen gehalten hat. Die Adoptionsbestimmungen, welche im Haager
Abkommen drinnen stehen, sehen vor, dass jede Adoption das Wohl des Kindes im
Blickfeld zu halten hat. Das war bei den zwei Kindern, die in Äthiopien
adoptiert wurden, nicht der Fall. Hier wurden falsche Daten angegeben. Die
Kinder wurden als jünger angegeben, als sie tatsächlich waren, sie wurden als
Geschwisterpaar nach Österreich gebracht, und – was auch ganz wichtig ist –
diese Kinder hätten aus einem Waisenhaus sein sollen, was jedoch nicht der Fall
war. Und das ist schlimm. Dieser Fall aus Äthiopien hat quasi ein Kind in eine
sehr zerrissene Situation gebracht, und es wurde nicht im Sinne des
Kindeswohles agiert.
Dieser hier angesprochene Verein
„Family for You" ist ein freier Träger der Wiener Jugendwohlfahrt, der
MA 11. Es wäre an und für sich die Aufgabe der MA 11
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