Landtag,
20. Sitzung vom 04.09.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 43
Mietenstopp im Gemeindebau auf zwei Jahre aus. Und damit könnte man auch das Pflegegeld, das auch heute wieder erwähnt wurde, erhöhen.
Ich möchte mich jetzt ganz kurz beim Pflegegeld
aufhalten. Wenn man sich die Diskussion um das Pflegegeld ansieht, muss man
wirklich über die Erhöhung um jeden Euro froh sein, denn es ist alles besser
als nichts. – Zum Pflegebedarf von mehr 180 Stunden lautet die
Beschreibung auf der Homepage der Stadt Wien, dass man, wenn zeitlich
unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen während Tag und Nacht erforderlich sind,
weil die Person bis hin zur Notdurft nichts mehr selber erledigen kann, im
Monat 1 171,70 EUR beziehungsweise nächstes Jahr ein bisschen mehr
bekommt. – Wenn wir uns ganz ehrlich sind, dann bedeutet das nichts anderes,
als dass Leute, wenn sie alt und krank werden, in Wirklichkeit von dieser
Gesellschaft im Stich gelassen werden. Wenn eine Person zum Pflegefall wird,
dann braucht sie eine Familie, und wenn sie keine Familie hat, dann hat sie
Pech gehabt. Der Staat und die Stadt werden das für diese Person dann nicht
richten.
Zugegebenermaßen geht es da nicht um 10 oder
100 Millionen EUR, sondern da geht es um über eine Milliarde. Die jetzige
Pflegegelderhöhung für das nächste Jahr ist aber in Wirklichkeit für alle von
uns in dieser Stadt insofern eine Schande, als am Ende wieder so wenig
herauskommt, dass man sich – manche von Ihnen haben vielleicht einen
Pflegefall in der Familie – wirklich genieren muss, wie die gesamte
Gesellschaft mit Leuten umgeht, die auf Pflegegeld angewiesen sind.
1 171,70 EUR für jemanden, der rund um die Uhr gepflegt werden muss,
sind ein Joke! Das ist nur so möglich, wie man es in der Vergangenheit
betrieben hat, nämlich mit illegaler Schwarzbeschäftigung. Anders kann man das
nicht regeln! Das ist eine Last für die Familien. Und wenn man von Familie
spricht, kann man gleich sagen, dass größtenteils der weiblich Teil der
Bevölkerung in diesem Land damit belastet ist, und das ist eine Zumutung!
Ich sage nicht, dass Wien daran allein schuld ist,
denn das Pflegegeld ist ja überall so ähnlich gestaltet. – Ich meine, der
Umgang mit Menschen, die auf Grund von Krankheit aus dem System fallen, ist
eine der ganz großen Aufgaben für Österreich. Da muss es dringend eine Änderung
geben! Wir werden jetzt Legislaturperioden von fünf Jahren haben. Am
28. September wird gewählt. Dann wird wiederum einen Monat lang erklärt
werden, dass das, was plakatiert wurde, nicht so gemeint war. Man habe mit dem
Gratis-Kindergarten eigentlich gemeint, dass er am Vormittag von halb elf bis
Viertel nach elf gratis sein solle und alles andere bezahlt werden müsse. Es
werden dann alle Ausnahmen genannt werden, man wird durchrechnen und
feststellen, dass sich all das wieder nicht ausgeht und so weiter.
Weil all die Versprechungen nur im Wahlkampf gelten,
wünsche ich mir für die Zukunft für jedes Jahr einen Wahlkampf! Es läuft
ohnedies schon fast so, 2005, 2006 und 2008 hatten beziehungsweise haben wir ja
im Herbst Wahlkämpfe. Ich wünsche mir das für jedes Jahr! Vielleicht gibt es
auch vor dem Wahlgang schon ein paar Beschlüsse, jetzt ist vielleicht im
Nationalrat und auch heute hier noch etwas möglich! Vielleicht ist es heute
möglich, dass ein paar Anträge der GRÜNEN angenommen werden. Ich wäre froh,
wenn heute mehr weiterginge als in den letzten Jahren! Dann werde ich mir
vielleicht tatsächlich überlegen, eine Initiative auf Verkürzung der
Legislaturperiode zu starten.
In den Ländern, in denen darüber abgestimmt wurde,
waren die Leute nirgends für eine Ausdehnung. So haben etwa die Leute in der
Türkei, die die Wahl zwischen vier und fünf Jahren hatten, für vier Jahre
gestimmt. Vielleicht sagen die Leute in Österreich: Wir wollen jedes Jahr
wählen, auch wenn uns der Wahlkampf zwischendurch auf die Nerven geht! –
Es ist mehr für den Bürger und für die Bürgerin drin, wenn öfter gewählt wird,
denn nach dem Wahlkampftag werden Sie Ihre Wahlversprechen leider wie das
letzte Mal alle wieder vergessen haben! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Gerstl. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte ganz kurz auf meinen Vorredner eingehen,
der sozusagen das Allheilmittel für die Zukunft darin sieht, dass jedes Jahr
ein Wahlkampf abgehalten wird. – Ich glaube nicht, dass das der richtige
Weg ist! In diesem Punkt stimme ich mit dem derzeitigen Bürgermeister von Wien
wirklich überein, dass Wahlkampf oft die Zeit der fokussierten Unintelligenz
ist. Ich wünsche mir eine Regierung, die stabil und verlässlich ist. Ich
wünsche mir - im Unterschied zu dem, was Sie den Bürgerinnen und Bürgern immer
versprechen wollen - eine Regierung, die Kontinuität und Sicherheit gibt, die
verantwortungsvoll ist und die mit dem Geld verantwortungsvoll umgeht. (Beifall
bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Kollege Margulies! Es geht darum, dass wir diesen Stabilitätsfaktor
in der Regierung haben! Wir brauchen einen Stabilitätsfaktor und nicht einen
Unsicherheitsfaktor! Wir wollen nicht eine grüne Partei, die den Wählern jedes
Jahr erzählen möchte, wie sie noch mehr Geld ausgeben kann, wobei sie aber
nicht sagt, woher sie es nimmt! (Zwischenruf von StR David Ellensohn.)
Kollege Ellensohn! Wenn wir Mehreinnahmen von 4 bis 5
Milliarden aus der Vermögenssteuer hätten, dann frage ich Sie: Wo hört da Ihr
Vermögen auf, Herr Kollege? Da sind wir nicht mit dabei! Wir lassen uns den
Mittelstand nicht ruinieren! (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte
Zwischenrufe bei den Grünen.)
Meine Damen und Herren!
Verantwortung heißt, sie auch wahrzunehmen und sich der Aufgabe zu stellen. Sie
von den Grünen waren über Jahre
hinweg nie bereit, Verantwortung wahrzunehmen! Und in Ihrer Partei ist es heute
noch umstritten, ob Sie in die Regierung gehen wollen oder nicht. Diesbezüglich
gibt es sehr unterschiedliche Meinungen. Viele von Ihnen stellen sich sehr
gerne hier in die zweite Reihe und sagen: Schauen
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