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Landtag, 20. Sitzung vom 04.09.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 43

 

von dem ich gesprochen habe. Mit immerhin mehr als 100 Millionen EUR im Jahr ließe sich einiges machen, und es stellt sich die Frage nach sinnvollen Maßnahmen, wenn man die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich von der Teuerung entlasten möchte.

 

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass man dieses Geld sehr wohl dafür einsetzen könnte und müsste, um den Kindergarten in dieser Stadt kostenlos zu machen, und zwar für alle Wiener Kinder zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr. Die Einnahmen aus den Elternbeiträgen zu den Kindergartengebühren machen, genau genommen, zirka 70 Millionen EUR pro Jahr aus. Würde man den Kindergarten also kostenlos gestalten, dann wäre das eine Möglichkeit, die zu hoch eingenommenen Gebühren zurückzugeben, und zwar an diejenigen, die unter der Teuerung am allerstärksten leiden, und das sind junge Familien mit kleinen Kindern – manchmal ist es ein Kind, manchmal sind es gar zwei Kinder, die den Kindergarten besuchen –, die derzeit mit sehr hohen Kosten zu kämpfen haben.

 

Die berühmte Staffelung, auf die unsere Frau Vizebürgermeisterin so stolz ist – sie ist jetzt leider nicht im Raum –, greift nämlich nicht. Sie greift nicht so, wie sie greifen sollte. – Ah, wunderbar, Frau VBgmin Brauner ist hier! Ich habe aber nicht dich gemeint! Ich wollte eigentlich die Frau Vizebürgermeisterin und Vizelandeshauptfrau Laska ansprechen, die für den Kindergartenbereich zuständig ist: Ich muss sagen, ihre Begründung für ihre Ablehnung des Antrags der GRÜNEN, der diese Woche im entsprechenden Ausschuss behandelt wurde, ist wirklich wundersam! Deshalb wird es erneut nicht zum kostenlosen Kindergarten in Wien kommen, obwohl das seit Jahren von allen Oppositionsparteien gefordert wird. Nur die SPÖ leistet noch Widerstand in diesem Bereich, und die Begründung dafür ist, wie gesagt, wundersam. Ein besseres Wort fällt mir dazu nicht ein! Da stellt sich eine sozialdemokratische Politikerin wirklich hin und argumentiert allen Ernstes, dass etwas, was kostenlos ist, nicht wertgeschätzt und nicht in Anspruch genommen wird! – Genau diese Begründung liefert sie nämlich, wenn man zwischen den Zeilen liest. Das kann doch nicht ihr Ernst sein! Im Umkehrschluss könnten wir auch sagen: Die Schule ist kostenlos in Wien; das wäre also eine plausible Begründung, jetzt auch noch Schulgebühren einzuführen.

 

Ich frage mich: Kann das tatsächlich eine sozialdemokratische Begründung sein? – Was müsste ich daraus schließen, wenn ich feststellten würde, dass jene Kinder, deren Eltern keine Beiträge leisten, weil sie wirklich im unteren Einkommensdrittel und daher von den Gebühren befreit sind, tatsächlich im Kindergarten des Öfteren fehlen? Das wird im Übrigen von der entsprechenden Abteilung nicht bestätigt, aber selbst wenn es so wäre: Müsste ich daraus schließen, dass deshalb der Kindergarten nicht kostenlos sein kann? Oder müsste ich nicht doch viel eher den Schluss ziehen, dass diese Kinder und deren Familien soziale Betreuung brauchen, und zwar dringend, weil bekanntlich diejenigen, die über ein sehr geringes Einkommen verfügen, ziemlich häufig sowohl mit mehr gesundheitlichen Problemen als auch mit mehr familiären Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

 

Wenn Sie die Menschen also auf diese Art und Weise im Stich lassen und sie als Beispiel nehmen, um zu begründen, warum der Kindergarten nicht kostenlos sein darf, dann bleibe ich wirklich sprachlos zurück beziehungsweise denke: Das kann nur eine sehr billige Ausrede sein, meine Damen und Herren! Schauen Sie sich das an! Die Staffelung ist schön und gut. Aber in Wahrheit sind wirklich nur die Kleinstverdiener in dieser Stadt von der Kindergartengebühr befreit. Das untere Mittelfeld der Bevölkerung, der untere Teil der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, also genau der Bereich, wo das Gros der Wiener Familien mit kleinen Kindern anzutreffen ist, ist nicht befreit. Bei 2 300 EUR ist man schon aus der Staffelung draußen und entrichtet die volle Gebühr!

 

Schauen Sie sich jetzt einmal an, wie viele Menschen in dieser Stadt genau in dieser Einkommensklasse sind! Schauen Sie sich an, womit diese Menschen in den letzten Jahren zu kämpfen haben: Mit teureren Lebensmitteln, mit weit höheren Wohnkosten als früher, und so weiter und so fort! Schauen Sie sich an, was das bedeutet, wenn diese Familien zwei Kleinkinder haben! Dann geben sie bereits ein Fünftel ihres Einkommens allein für die Kindergartengebühr aus! Daher appelliere ich an Sie: Hören Sie auf mit den billigen Ausreden, und machen Sie den Kindergarten kostenlos, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

In diesem Zusammenhang haben wir einen entsprechenden Antrag vorbereitet, den ich hiermit gemeinsam mit Frau Abg Claudia Smolik einbringe.

 

Ich komme zu einem weiteren Bereich, in dem wir durchaus einiges tun könnten und sollten. Ein wesentlicher Aspekt der Teuerung, der die Wiener Bevölkerung trifft und in den nächsten Jahren vermehrt treffen wird, steht im Zusammenhang mit den steigenden Energiepreisen. – Einerseits ist man mit den steigenden Spritpreisen konfrontiert, die das Autofahren zunehmend unattraktiver und auch unleistbarer machen werden. Darüber hinaus sind wir mit massiv steigenden Energiepreisen für Heizung und Strom für die Haushalte sehr stark belastet. Ich rufe nochmals in Erinnerung: Alle Appelle, man möge die Preise und Tarife senken, die gut gemeint sein mögen, führen ins Nichts, denn wenn beispielsweise Gasprom ankündigt, in diesem Winter den Gaspreis gleich um 60 Prozent erhöhen zu wollen, dann müssen wir hier jetzt erkennen, dass der Zug in diesem Bereich abgefahren ist und es kaum möglich sein wird, die Strompreise und die Gaspreise für die Wiener Haushalte tatsächlich zu senken.

 

Das heißt, es stellt sich die Frage: Was müssen wir tun? Was muss eine seriös agierende Landespolitik unternehmen, um die Menschen tatsächlich von diesen steigenden Kosten zu entlasten? – Die Antwort lautet: Es müssen Alternativen für die Menschen geschaffen werden. Dann werden diese schon selbst wissen, ob sie sich

 

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