Landtag,
19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 49
Status und darum, was wir vor allem in den
Beitrittsländern der letzten Erweiterungswelle als Österreicher
zusammengebracht haben. Da ist es fast schon ein Hase-und-Igel-Spiel: Überall
dort in den Erweiterungsländern, wo die Deutschen heute hinkommen, sind die
Österreicher schon seit Langem da. Das ist heute mitunter eine Grundlage für
den wirtschaftlichen Erfolg Österreichs! (Beifall
bei der ÖVP.)
Wir haben engste Handelsbeziehungen mit den
EU-Erweiterungsländern. 60 Milliarden EUR haben österreichische
Unternehmen im Ausland investiert, davon sind allein 35 Millionen EUR
aus dem Wiener Wirtschaftsraum, meine Damen und Herren, und 60 Prozent des
nach Österreich fließenden Auslandskapitals werden in Wien eingesetzt und
investiert! Sie sehen also schon daran, dass nicht nur Österreich letzten Endes
überproportional an der EU mitpartizipiert und davon profitiert hat, sondern
vor allem ist es innerhalb Österreichs wieder Wien, das ganz besonders
profitiert.
Die neuen Mitgliedsstaaten - und das ist auch ein
großer Vorteil unserer Handelsverflechtungen - sind gerade jetzt, in der
nahenden oder drohenden Rezession oder in der Stagflation, noch die
Wachstumsmotoren in der Europäischen Union. Die Befürchtungen, die es einmal
gegeben hat, dass der österreichische Arbeitsmarkt von, was weiß ich,
portugiesischen Tischlern und litauischen Rauchfangkehrern überschwemmt wird,
haben sich als null und nichtig herausgestellt. Ganz im Gegenteil, wir sind es,
die profitieren!
Unsere Exporte nach Ungarn, nach Slowenien, nach
Tschechien und der Slowakei, nach Polen haben sich seit 1993 verfünffacht,
meine Damen und Herren! Jeder Export-Euro, den wir neu generieren, schafft
letzten Endes im Inland Arbeitsplätze. 1 Prozent Exportfinanzierungsplus
bedeutet 7 000 neue Arbeitsplätze! Da können Sie sich allein an dieser
Verfünffachung mit einigen wenigen Handelspartnern ausmalen, was diese
Exportsteigerung an Arbeitsplätzen im Inland gebracht hat, meine Damen und
Herren. Aber Sie von der SPÖ gefährden mit Ihrem Schwenk in der Europapolitik
jeden einzelnen dieser Arbeitsplätze! (Beifall
bei der ÖVP.)
Aber nicht nur im Export sind wir Europa- und
Weltmeister. Die Österreicher sind heute unter den größten Investoren in
Zentral- und Südosteuropa, das hätte man uns vor einigen Jahren wahrlich nicht
zugetraut. Wir sind die größten Investoren in Bulgarien und Rumänien: Denken
Sie an die OMV, die die zehnmal größere PETROM übernommen hat; denken Sie an
die Erste Bank, die die BCR in Rumänien übernommen hat, an die Telekom mit der
bulgarischen MobilTel, an Raiffeisen International, das heute wirklich ein
europäischer Konzern geworden ist, an die STRABAG, an die IMMOEAST. Das sind
nur einige, es wären viele, viele mehr aufzuzählen.
Deren Expansion - und ich weiß schon, da gibt es
immer das Gegenargument: Aber das Geld ist ins Ausland geflossen! -, deren
Expansion in diesem Umfang wäre im Inland gar nicht möglich gewesen. Denn wo
hätte die Erste Bank in Österreich noch expandieren sollen - eine
Verdreifachung des Filialnetzes? Wo hätte die OMV expandieren sollen - eine
Verfünffachung ihres Tankstellennetzes? Also nur durch die Ostöffnung und durch
die Europäische Union war dieses Wachstum dieser österreichischen Konzerne
überhaupt möglich.
Jeder einzelne investierte Euro dieser Konzerne im
Ausland und jeder Arbeitsplatz - ungefähr 250 000 sind es, die in den
letzten Jahren österreichische Unternehmen in anderen Ländern geschaffen haben
- induziert wieder verschiedenste Arbeitsplätze in der Verwaltung, in der
Forschung et cetera in Österreich. Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ,
haben mit Ihrem Schwenk jeden einzelnen dieser Arbeitsplätze, die geschaffen
wurden oder die wir noch schaffen wollen, letzten Endes gefährdet!
Das Europainstitut der Wirtschaftsuniversität Wien
hat vor Kurzem festgestellt, dass uns die Europäische Union ungefähr
1 Prozent mehr an Wirtschaftswachstum im Jahr bringt. Das ist schon eine
ganze Menge, vor allem, wenn man es in Zahlen ausdrückt: Das sind etwa
3 Milliarden EUR, gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Österreich ist ja
Nettozahler mit ungefähr mit 600 Millionen. Wenn wir uns diese Differenz
anschauen: 600 Millionen hier, 3 Milliarden dort, dann sehen wir,
dass Österreich in Wirklichkeit ein Netto-Profiteur der Europäischen Union ist!
Dieses Europainstitut der Wirtschaftsuniversität hat auch festgestellt, dass
durch den Beitritt Österreichs in den letzten 13 Jahren 100 000 bis
150 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Daher sind wir wirklich
einer der ganz großen Profiteure.
Ich glaube, wirtschaftlich ließe sich durch unzählige
Statistiken nachweisen, wie gut letzten Endes unsere Position in Europa ist und
wie sehr uns die EU geholfen hat. Aber es geht ja heute auch um eine politische
Dimension, deshalb möchte ich darauf noch einmal zurückkommen.
Die Geschichte hat uns auch in den letzten 50 oder
60 Jahren in Europa gezeigt, dass Populisten immer wieder Sündenböcke
suchen. Möglichst pauschal und diffus wird da jemand an den Pranger gestellt.
Heute haben die Populisten vor allem die Globalisierung und die Europäische
Union als das große Schreckgespenst gefunden und malen es permanent an die
Wand.
Meine Damen und Herren! Es hat in der
österreichischen Politik und auch in der Wiener Politik bis vor wenigen Tagen
oder Wochen gerade zwischen den beiden großen Parteien ÖVP und SPÖ so etwas wie
einen gemeinsamen Konsens gegeben, dass man diesem Populismus, der sich gegen
die EU richtet, nicht Tür und Tor öffnet. Meine Damen und Herren von der SPÖ,
diesen Weg haben Sie verlassen, es gibt einen Schwenk in Ihrer Europapolitik! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir bringen deshalb heute auch einen Beschlussantrag
der Abgen Dr Tschirf, Dr Wolf, Ekici, Gerstl, Neuhuber ein. Er liegt
Ihnen allen schriftlich vor, ich muss ihn nicht vollständig zitieren. Ich lese
nur einen Satz aus dem Antrag vor:
„Angesichts dieser wichtigen
Zukunftsfragen für das Land Wien spricht sich der Wiener Landtag gegen jedweden
parteipolitischen Opportunismus in Fragen des
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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