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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 49

 

gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Wenn wir darüber reden, dass wir nach wie vor neutral sind, dann darf es meines Erachtens, wenn wir von einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sprechen, tatsächlich keine noch stärkere Verzahnung und noch stärkere Annäherung zwischen EU und NATO geben! Die NATO ist ein Militärbündnis. Was jetzt in Polen passiert, was jetzt in Tschechien passiert (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Ist eine Provokation!), läuft gemeinsamen europäischen sicherheits- und friedenspolitischen Interessen zuwider. Das ist etwas, was wir aufzeigen müssen.

 

In diese Richtung muss eine gemeinsame Diskussion, ein gemeinsamer Verfassungsentwurf gehen, und dann - das sage ich ganz offen - habe ich keine Angst vor der Bevölkerung. Die Bevölkerung ist nicht zu dumm zum Entscheiden. Wenn ein Verfassungsentwurf für eine gemeinsame Europäische Union vorgelegt wird, der die Interessen der Bevölkerung in Fragen der Umwelt, in Fragen der Sozialpolitik, Armutsbekämpfung, Verteilungsgerechtigkeit, Sicherheitspolitik, Friedenspolitik berücksichtigt, dann wird die Bevölkerung mit Freuden zustimmen. - Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich der Abg Mag Neuhuber. Ich erteile es ihm.

 

Abg Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Wie auch heute schon in vielen Debattenbeiträgen hervorgetreten ist, hat die EU sehr viele Facetten. Des Öfteren schon wurde die Facette der Friedensunion angesprochen. Ich möchte mich heute ein wenig auch mit dem Thema der Wirtschaftsunion beschäftigen, nicht zuletzt deshalb, weil ja die EU einmal Europäische Wirtschaftsgemeinschaft geheißen hat. Das war eigentlich einer der Ausgangspunkte für die EU, und ich glaube, das kann man nicht oft genug betonen.

 

Bevor ich aber zu dieser europäischen Facette und wirtschaftlichen Facette komme, noch kurz eine Replik auf den Herrn Landeshauptmann: Er hat heute zum Dialog über die EU aufgerufen, was an sich durchaus positiv zu sehen ist. Ich frage mich nur: Wieso hat dann dieser Dialog nicht schon vor dem Brief an die „Kronen Zeitung" innerparteilich bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, eingesetzt? (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das soll nicht Ihr Problem sein!) Warum hat es innerparteilich vorher über den Schwenk - der ja ein solcher war, das werde ich dann auch noch nachweisen - nicht den Dialog gegeben? Und warum hat es über die Parteigrenzen hinweg keinen Dialog gegeben, sondern ein apodiktisches Schreiben an eine Zeitung? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der Herr Landeshauptmann hat weiter davon gesprochen, dass er die Form, um es einmal salopp zu sagen, nicht für sehr gescheit gehalten hat, weil sie - das war ein interessanter Satz - handwerklich falsch war. Handwerklich - so hat er dann weiter gesagt - im Sinne von politischem Handwerk, weil man ja eines weiß: Wenn man nur mit einer Zeitung kollaboriert, dann sind viele andere sauer.

 

Aber ich glaube, dass es auch kommunikationstechnisch handwerklich falsch war, und ich stehe mit dieser Meinung - und ebenso mit dem, was ich über den innerparteilichen Dialog der SPÖ soeben gesagt habe - nicht ganz allein da. So hat Häupl heute weiter ausgeführt: Vranitzky wäre am Anfang im Ausland gewesen, deshalb wären seine Aussagen zu relativieren. Meine Damen und Herren von der SPÖ, wie viele Aussagen von Granden oder ehemaligen Granden wollen Sie denn noch relativieren?

 

Jetzt zitiere ich Ihnen einmal Ferdinand Lacina (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Und ich zitiere Ihnen Neisser!): „Ich halte es als nunmehr 50 Jahre der SPÖ angehörendes Mitglied für unerträglich, dass Bundeskanzler Gusenbauer und der geschäftsführende Vorsitzende Faymann Politik durch das Wohlwollen eines Herausgebers ersetzen wollen. Die skeptische Haltung der Österreicher gegenüber der EU ist keineswegs dadurch zu beseitigen, dass geradezu ein Bündnis mit jener Zeitung eingegangen wird, die seit Monaten eine Kampagne führt, die vordergründig für eine Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag, in Wahrheit aber gegen das Einigungswerk Europas gerichtet ist." Meine Damen und Herren, diesen Ferdinand Lacina sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich komme aber jetzt einmal auf die Fakten zurück. Oder gehen wir 15 Jahre zurück in die Vergangenheit, oder 20 Jahre, noch vor den EU-Beitritt Österreichs, vor den Fall des Eisernen Vorhangs. Vor 20 Jahren war Österreich ein Binnenland mit einer Wirtschaft, die sehr stark nach innen gerichtet war, die binnenmäßig organisiert war. Wir hatten einen relativ geringen Internationalisierungsgrad - wenn wir es etwa mit der Schweiz oder mit anderen mittelständischen Wirtschaftsnationen in Europa verglichen hätten -, wir hatten relativ wenige Konzerne, wenige große Unternehmen, die über die Landesgrenzen hinaus tätig und bekannt waren. Unser Haupthandelspartner war damals die Bundesrepublik Deutschland, und wir waren nicht zuletzt auch deshalb gezwungen, uns an die D-Mark zu binden, weil wir sonst bei einer Abwertung der D-Mark extreme wirtschaftspolitische Nachteile gehabt hätten.

 

Das war Österreich vor 20 Jahren. Wo sind wir heute? Kaum ein anderes Land der Europäischen Union hat so von der Erfolgs-Story „Europäische Union - Einigung - EU-Osterweiterung" profitiert wie Österreich! Die Situation hat sich für uns gravierend geändert. Wir sind von einer geopolitischen Randlage, quasi vom letzten Zipfel des Westens im Osten, vor dem Eisernen Vorhang, wirklich geographisch und politisch in die Mitte Europas gerückt. Und das war ja nicht eine Sache der Politiker! Es war nicht der Erfolg der Politiker, es war vor allem ein Erfolg der mittelständischen, auch der größeren und der kleinen Unternehmen in Österreich, die ihre Chancen erkannt und hervorragend genützt haben.

 

Ich sage Ihnen - ich habe auch in Deutschland geschäftlich sehr viel zu tun -, die Deutschen beneiden uns heute um unseren Status, um unseren wirtschaftlichen

 

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