«  1  »

 

Landtag, 17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 70

 

für die anderen Länder darstellt? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Um wieder auf die 80,6 Prozent zurückzukommen. Das ist kein besonders toller Wert, und wenn man es Österreich-weit vergleicht und im Vorfeld der EURO – ich habe es nicht lassen können – den Fußball herholt, dann müsste man sagen, in der Fußballtabelle müsste Wien dann Österreich-weit wahrscheinlich – ich hoffe, ich spreche das Wort jetzt richtig aus, denn so ein hundertprozentiger Fußballprofi bin ich auch nicht – um die Relegation kämpfen. Ich glaube, das ist das, wo man um den Abstieg kämpft.

 

Aber abseits dieser sportlichen Reminiszenzen sind einfach die konkreten Zahlen nicht erfreulich. Selbst wenn man sagt, dass von den 2 500 bis 3 000 Kindern, die derzeit die Bildungseinrichtung Kindergarten nicht besuchen, etwa 20 bis 25 Prozent tatsächlich einen realen Sprachförderbedarf haben – was wirklich realistisch und nicht hoch gegriffen, sondern eine untere Grenze ist –, dann sind das ungefähr 500 bis 600 Plätze der Fünf- bis Sechsjährigen, die uns jetzt konkret fehlen.

 

Wenn wir in diesem Jahr die Anzahl erhöhen, so begrüße ich das absolut. Ich finde, der Ausbau der Kindergartenplätze, und zwar für alle Altersgruppen, egal, ob für die Einjährigen oder für die Dreijährigen oder für die Fünfjährigen, ist ein wichtiger Schritt und der sollte erst dann abgeschlossen sein, wenn der Bedarf gedeckt ist. Aber es muss doch möglich sein, wenn man schon im Juli 2007 weiß, dass im Herbst 2008 voraussichtlich Plätze notwendig sind, dass ich 500 Plätze in den Wiener Kindergärten für die Fünf- bis Sechsjährigen, deren letzte Chance das vor der Schule ist, einen Kindergarten zu besuchen, vorreserviere. Das wäre einfach – Daumen mal Pi – in jedem Bezirk eine gewisse Anzahl an Plätzen gewesen, und dann wäre es möglich, zumindest jenen Kindern, die heute fünf Jahre alt sind, einen Platz im Kindergarten ab September anzubieten.

 

Da sind wir nämlich bei einem nächsten wesentlichen Stolperstein. Es ist aus pädagogischer Sicht ein großer Unterschied, ob ich Kinder, die alle einen Sprachförderbedarf haben, die alle gleich alt sind, in einer Gruppe zusammenfasse und sie dreimal in der Woche fördere – da gebe ich Ihnen, Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin recht, es ist besser, als es vorher war; das haben Sie in einem Interview gesagt, das stimmt –, aber es ist meiner Meinung nach nicht das Beste, was wir machen können. Es ist ein Unterschied, in eine – unter Anführungszeichen – normale Kindergartengruppe zu gehen, jeden Tag in einer altersheterogenen Gruppe seinen Platz zu haben, eine Vielfalt an sozialen Erfahrungen zu machen. Pädagogische Erfahrungen auf den verschiedensten breitesten Ebenen zu machen, ist bildungspolitisch einfach anders effizient, als Kinder dreimal in der Woche zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der pädagogische Lerneffekt eines Kindes, das in einer Gruppe mit anderen Kindern ist, die alle ebenfalls einen besonderen Sprachförderbedarf haben, ist mit dem Lerneffekt, den ein Kind durch den täglichen Besuch im normalen Kindergarten hat, einfach nicht zu vergleichen.

 

Ich heiße die Gäste auf der Galerie ganz herzlich willkommen. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf: Das ist eine Touristengruppe!) Ja, spannend.

 

Es gäbe noch mehrere Punkte aufzuzählen. Es gibt natürlich bei jedem Neustart, bei jedem neuen Projekt Anfangsschwierigkeiten, aber wenn etwas verbesserungswürdig ist oder wenn man etwas verbessern kann, dann, denke ich, ist es wichtig, auch aus Fehlern zu lernen, nicht wegzuschauen, sondern hinzuschauen, um einfach daraus die nächsten Schritte zu setzen und es im nächsten Jahr besser zu machen.

 

Wir haben jetzt wieder ein Jahr vor uns. Das ist ein Jahr, in dem es möglich wäre, durch einen intensiven Ausbau Kindergartenplätze zu schaffen. Auch da bin ich mit den Grünen einer Meinung. Es muss einfach möglich sein, in einem überschaubaren Zeitraum – ich weiß nicht, ob fünf Jahre reichen werden, weil einfach hier rein baulich, organisatorisch eine reale Ausbauzeit notwendig ist – zwischen fünf und zehn Jahren für jedes Kind in dieser Stadt, das einen Platz braucht, auch einen Platz zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn man vorausschauend plant und wirklich strategisch vorausblickend eine Art Masterplan entwickelt, dann kann man auch auf solche Dinge, wie sie jetzt passieren, reagieren und vorausschauend Plätze schaffen. Wir brauchen also einen mehrjährigen Entwicklungsplan für das Wiener Kindergartenwesen. Wir brauchen aus meiner Sicht auch einen Rechtsanspruch für jedes Kind auf einen Kindergartenplatz, denn nur dann ist es auch wirklich verbindlich. (Beifall bei der ÖVP.) Und wir brauchen vor allem weiterhin einen intensiven Ausbau.

 

Dann, denke ich mir, sollte Wien nicht sozusagen um den Abstieg spielen, sondern vielleicht wirklich um den Aufstieg in die nächste Liga, nämlich auch eine Vorzeigestadt im europäischen Kontext zu sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet hat sich der Abg Mag Wutzlhofer. Ich erteile es ihm.

 

Abg Mag Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Hohes Haus!

 

Es ist untypisch für den Beginn einer Rede von mir, aber ich möchte mit einer Sache beginnen, wo ich einem Halbsatz vom Kollegen Gudenus zustimme, das ist nämlich – vielleicht hat er es auch nur aus Versehen gesagt – die Aussage, dass Bildung als Schlüssel zur Integration gelten kann.

 

Das stimmt zweifellos, das sehen wir auch so, nur: Was ist eine integrierte Gesellschaft? Eine integrierte Gesellschaft ist eine, die nicht auseinanderfällt. Das betrifft natürlich ein Nichtauseinanderfallen von Menschen, die zugewandert sind, und Menschen, die nicht zugewandert sind, das betrifft aber auch Chancen sozial Schwächerer, Chancen, nicht von einer Gesellschaft ausgeschlossen zu werden, das betrifft eine Gesellschaft, wo nicht Männer und Frauen unterschiedliche Lebensbereiche haben – da sind wir ganz genau beim Wunschkindergarten –, und es betrifft eine Gesellschaft,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular