Landtag,
17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 70
Interesse des Patienten sicherlich sehr gut.
Die andere Frage, nämlich die so genannte
Strukturfrage, ist meiner Meinung nach natürlich eher als eine Machtfrage zu
bezeichnen, denn ich glaube nicht, dass die Bevölkerung allzu brennend daran
interessiert ist, die Abstimmungsverhältnisse in Kontrollausschüssen, im
Holding Vorstand et cetera tatsächlich zu erfahren. Diese Frage interessiert
politische Funktionäre, das verstehe ich schon, und diese wird sicherlich auch
gelöst werden müssen. Das ändert für mich aber nichts an der Tatsache, dass man
damit mit Sicherheit nicht verhindern kann, dass das zusätzliche notwendige
Geld an die Krankenkassen geht.
Das ist meine Begründung, warum ich sage, dass ich
gerne beitragen werde, was ich dazu beitragen kann. Aber wir werden natürlich
auch darauf schauen, wie sich das Ganze in der Folge auch ohne diesen
finanziellen Zuschuss entwickeln kann. Wir werden zum Beispiel aber auch die
Frage der Zahl der Verträge mit niedergelassenen Ärzten, also der Verträge für
den extramuralen Bereich, und die Frage der Medikamentenkosten sehr genau
verfolgen. Aber niemand von uns, auch nicht der Erfinder der
Aut-idem-Regelungen, kann heute sagen, wie viel wir uns in der Tat ersparen
werden. Ich kann nur den Unterschied erkennen, dass es etwa beim
Medikamenteinkauf im Bereich der Stadt Wien einen Zuwachs von etwa
2,5 Prozent gibt, der insbesondere aus den Kosten für die neuen
Krebsbehandlungsmedikamente resultiert, und die Krankenkasse einer Deckelung
des Zuwachses der Medikamentenkosten von 6 Prozent nicht zustimmen kann, weil
sie damit nicht auskommt.
Ich denke, diesbezüglich besteht ein ganz konkreter
Diskussionsbedarf. Anhand dieser beiden Zahlen werden Gespräche zu führen sein,
und diese werden mit Sicherheit auch geführt werden.
Fraglos treten wir auch
dafür ein, dass es in Zukunft nicht zu Einsparungen im extramuralen Bereich
kommt, denn dann verlagert sich das Ganze natürlich sofort in den intramuralen
Bereich, zu uns in die Ambulanzen, und ich denke, diesen Weg will niemand wirklich
gehen, jedenfalls niemand, der sich mit dieser Frage beschäftigt. Voraussetzung
für all das ist aber, dass dieses zusätzliche Geld in die Krankenkassen kommt,
sonst braucht man sich über die anderen Fragen gar nicht zu unterhalten.
Präsident Johann Hatzl: Herr Abg
Schock.
Abg DDr Eduard Schock (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Sie haben angesprochen, dass die Sicherung der
Finanzierung der Krankenkassen nur ein Teil der Reform ist und dass es daneben
viele andere Punkte gibt, die in Summe zu Lasten der Patienten zu gehen drohen.
Der eine Punkt ist das Sparen auf Kosten der Ärzteschaft, was eine
Verschlechterung der ärztlichen Versorgung, die Sie auch angesprochen haben,
befürchten lässt. Man wird ja sehen, wie die Entwicklung wirklich ist.
Der zweite Punkt ist die berühmte Aut-idem-Regelung,
die Sie angesprochen haben, gemäß welcher –
wie ich jetzt mitverfolgt habe – in
Zukunft nur mehr chronisch Kranke einen Anspruch auf das beste Medikament haben
werden, alle anderen Patienten in Wien aber nicht mehr mit dem besten
Medikament versorgt werden sollen. –
Ich meine, dass das insgesamt einen Schritt in Richtung Zwei-Klassen-Medizin
darstellt, und das lässt natürlich keine gute Entwicklung befürchten.
Daran wurde in vielen Ländern Kritik geübt: Laut APA
hat sich dazu Ihr Genosse Erich Haider, Chef der SPÖ in Oberösterreich, zu Wort
gemeldet. Aber sogar auch die Salzburger Frau Landeshauptfrau, SPÖ-Chefin Gabi
Burgstaller, hat sich dagegen ausgesprochen. Der steirische Landeshauptmann
Franz Voves hat das Ganze ebenfalls kritisiert, und drei Länder haben sogar den
Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt, nämlich Salzburg, Oberösterreich und
Kärnten. Und dieser Konsultationsmechanismus ist ja die Ultima Ratio eines
Landeshauptmannes, wenn es um Interessen der Länder und der Menschen, die dort
leben, geht.
Sie werden, gut informierten Kreisen zufolge, mit dem
Ausspruch zitiert, dass es Ihnen völlig wurscht ist, wer unter Ihnen
Bundeskanzler ist. (Lhptm Dr Michael Häupl: Na, na, na!) Das
spiegelt auch ein bisschen die Realität in der politischen Landschaft wider.
Ich frage mich daher: Was hat Sie in dieser Frage, in der es wirklich um eine
Beschneidung der Rechte der Patienten geht, bewogen, dem Bundeskanzler die
Mauer zu machen?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Ihre Rede ist
eher für eine Demonstration geeignet! Ich verstehe Sie schon. Aber das hat hier
eigentlich nichts verloren und ist fernab jeglicher Realität!
Sie lesen vermutlich genauso aufmerksam Zeitungen wie
ich. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass man heute bei der Aut-idem-Regelung so
weit ist, dass ohnehin 40 Prozent der Patienten nicht mehr davon betroffen
sind, weil sozusagen das Recht des Arztes besteht, das Medikament direkt vorzuschreiben,
vor allem für ältere und chronisch kranke Menschen. Wir sind mit dem Kompromiss
also sehr viel weiter. Ich frage mich schön langsam, ob da nicht die Suppe
teurer ist als das Fleisch, um das Wienerisch auszudrücken. Nachdem der
Kompromiss beziehungsweise die Ausnahme schon fast zum Regelfall geworden ist,
wird sich ohnehin am Ende des Tages die Frage stellen, was das soll.
Es gibt natürlich sehr unterschiedliche Beispiele
über die Wirkungsweise im Hinblick auf Medikamenteinsparungen, und zwar Einsparungen
im Sinne von Verringerung des Zuwachses und nicht von tatsächlicher
Mittelreduzierung. Wenn Sie das Beispiel von Deutschland heranziehen, dann
werden Sie sehen, dass dieser Weg, der offensichtlich auch in Österreich
begangen werden soll, sehr wirkungslos war, weil es unzählige Ausnahmen gab.
Beim schwedischen oder – korrekterweise – skandinavischen Modell gab
es hingegen sehr wohl sozusagen kostensteigerungsdämpfende Auswirkungen, und
darüber kann man selbstverständlich auch diskutieren.
Die Landeshauptleute, die Sie
aufgezählt haben,
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