Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 78
Stimmen. Es sind die Geschäftsleute etwa dafür, es sind die Geschäftsleute auf der Mariahilfer Straße, die ja hauptbetroffen sind davon, dafür, es ist die Bezirksvorsteherin des 1. Bezirks dafür, es ist mittlerweile die ganze ÖVP dafür und hat auf diesen Kurs eingeschwenkt, und es gibt auch in der Sozialdemokratie viele Mandatare, die, wenn man mit ihnen spricht, sagen, natürlich wäre das denklogisch der richtige Weg, der zweite Schritt, hier nach diesem Bettelverbot mit Kindern auch ein generelles Bettelverbot in Wien folgen zu lassen.
Meine Damen und Herren! Wir begrüßen daher natürlich
diese Novelle als ersten Schritt, weil es ja darum geht, der Bettelmafia, der
organisierten Kriminalität in Wien das Handwerk zu legen.
Und eines übersieht auch etwa die Katholische Aktion,
die gestern gemeint hat, man könne den Eltern ja um Gottes willen nicht
verbieten, mit ihren Kindern betteln zu gehen, also ihre eigenen Kinder zum
Betteln mitzunehmen. Aber, meine Damen und Herren, wir wissen ja, dass das
nicht stimmt. Wir wissen ja von den Vereinen, vor allem von der
„Drehscheibe", die ja aus dem Wiener Budget Geld dafür bekommt, sich genau
dieser Menschen, dieser Kinder vor allem anzunehmen, dass es nicht stimmt, wir
wissen ja von diesem Verein, dass der weitaus überwiegende Teil der
Bettelkinder gar nicht die leiblichen Kinder der dort sitzenden Bettler sind,
sondern dass hier eben organisierte Kriminalität am Werk ist, dass diese Kinder
gegen Geld verliehen werden, vermietet werden an professionelle Bettler, die
dann mit diesen mitleiderregenden Hascherln, die ausgebeutet werden, eben dort
betteln und hoffen, durch mehr Mitleid mehr Geld zu bekommen.
Die „Drehscheibe" bringt es auf den Punkt und
sagt, hier werden Kinder ausgeliehen und zwar gegen Geld. Das sind dann die
betroffenen Vereine, die damit ja täglich vor Ort auf den Straßen und Plätzen
der Stadt konfrontiert sind.
Meine Damen und Herren! Das ist organisierte
Kriminalität, und es ist das daher ein richtiger Schritt, aber es ist natürlich
nur ein erster Schritt. Wir müssen genauso verbieten und verhindern, dass
15-Jährige gezwungen werden, dass 16-, 17-Jährige, dass Jugendliche gezwungen
werden, wir müssen verhindern, dass Erwachsene zum Betteln gezwungen werden.
Meine Damen und Herren! Ich stelle daher jetzt noch
einmal an Sie alle auch jene Frage, die ich heute am Morgen in der Fragestunde
schon an den Herrn Landeshauptmann gerichtet habe und die er, obwohl er ja
sonst bei Gott nicht auf den Mund gefallen, sondern eigentlich sehr eloquent
ist, natürlich nicht einmal im Ansatz beantworten konnte. Ich frage Sie: Hat es
wirklich weniger Unrechtsgehalt, wenn man einen 15-Jährigen zum Betteln zwingt,
hat es wirklich weniger Unrechtsgehalt, wenn man einen 16-, 17-jährigen
Jugendlichen, wenn man einen kranken Menschen zwingt, hat es weniger
Unrechtsgehalt, wenn man einen behinderten Menschen zum Betteln zwingt, wie man
das ja sehr häufig auf unseren Straßen in Wien sieht? Ich meine, meine Damen
und Herren, wir müssen diese Frage natürlich mit Nein beantworten.
Ich fordere Sie daher auf, die Wiener Freiheitlichen
fordern Sie auf: Setzen wir diese Diskussion fort! Beschließen wir in einer der
nächsten Sitzungen auch ein generelles Bettelverbot, denn ich meine, wir müssen
jede Art von Ausbeutung bekämpfen. Wir müssen den Mafiabossen dieser
Bettlermafia in Wien zumindest das Handwerk legen, meine Damen und Herren. (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Vassilakou. Ich erteile ihr das
Wort.
Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren!
Vorab: Die vorliegende Novelle findet nicht die
Zustimmung der GRÜNEN heute, und ich möchte hier erläutern, aus welchen Gründen
wir, wie gesagt, die vorliegende Novelle ablehnen werden.
Also zunächst das Unterfangen, Kinder von der Straße
wegzubringen, das ist durchaus löblich, das wird auch geteilt, es wird vom
Herzen geteilt. Ja, in der Tat, es ist ganz sicher nicht der geeignete Ort für
Kinder, um aufzuwachsen, es ist keine Tätigkeit, die Kinder glücklich macht, es
ist nicht gut, wenn ein Kind stundenlang in der Kälte auf der Straße ausharren
muss, manchmal sogar selbst zum Betteln angestiftet wird. Das ist nicht die Art
und Weise, wie wir uns vorstellen, dass Kinder aufwachsen sollen.
Das, worüber wir allerdings hier diskutieren, ist
nicht, ob es gut ist, Kindern beim Betteln sozusagen zuzuschauen, Kinder
betteln zu schicken, sondern wir diskutieren darüber, ob durch die vorliegende
Novelle eine richtige Art und Weise gewählt worden ist, ein richtiger Weg
gewählt worden ist, wie man diese Kinder nicht nur von der Straße wegbringt,
sondern wie man ihnen eine gedeihliche Zukunft sichert. Und genau hier liegt
meines Erachtens nach der Kern des Problems.
Ich möchte kurz für die Zwecke dieser Schilderungen
Wien verlassen – auf Wien möchte ich später zu sprechen kommen –, und ich
möchte viel lieber zunächst einmal sprechen über die Länder, aus denen diese
Kinder stammen. Das sind im Wesentlichen Kinder aus den Roma-Communities aus
der Slowakei, aus Bulgarien und aus Rumänien. Im Übrigen kommen viele dieser
Kinder mit ihren Müttern nicht nur sozusagen allgemein aus Rumänien, sondern
aus ein und demselben Dorf.
Wenn man sich anschaut, wie das
Leben in diesen Roma-Communities in diesen Ländern überhaupt vonstatten geht,
wenn man sich mit den Ursachen dieses Bettelns auseinandersetzt, dann entfaltet
sich vor einem ein unglaublich tristes Bild. Hier geht es um teilweise
nichtsesshafte Roma, die am Rande von Dörfern, also meistens auf so G’stätten
in selbstgebastelten Hütten leben, wo die Kinder in für unsere Begriffe
unglaublichem Elend, in unvorstellbarem Elend aufwachsen, wo sie niemals oder
kaum je eine Chance haben, eine Schule zu besuchen, einen Beruf zu erlernen,
einen anderen
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