Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 78
Augen nicht mehr als eine
Hoffnung sein, denn mein Eindruck ist eigentlich, und auch derjenige der meisten
Menschen, die ich kenne, ist so, dass die Zentralisierungstendenzen zur Zeit
deutlich überhand nehmen. Es ist eher das Gegenteil einer Subsidiarität der
Fall, weil nämlich eine Verwirklichung derselben - und nicht bloß eine
Festschreibung auf irgendwelchen Papieren -, glaube ich, nicht stattfindet.
Wenn wir uns in Wien den
Landtag oder Gemeinderat anschauen, dann ist es wohl so, dass uns die
europäischen gesetzlichen Vorlagen durchaus überschwemmen und dass uns Dinge
aufs Aug gedrückt werden, auf die wir und die Wiener zumeist nicht unbedingt
mit Freude reagieren. Das heißt, Zentralisierungstendenzen sind, glaube ich,
ganz eindeutig da und die entwickeln sich auch ganz konkret weiter.
Ein Ja selbstverständlich
zum Bürgermeister, wenn er einen Trend zur kommunalen Lebensvorsorge extra
hervorhebt, und dass das wieder kommt. Wir sind auch der Meinung, dass
Grundversorgungsunternehmen, gar keine Frage, in öffentlicher Hand oder in
öffentlicher Kontrolle bleiben sollen. Wasser, Verkehr, Müllentsorgung einer
Großstadt, glaube ich, sind so gemeint.
Projekte und Programme,
meine Damen und Herren, gibt es, glaube ich, in der EU und in Europa sonder
Zahl. Das Ziel muss sein, dass man lebensferne Absichtserklärungen zu
lebensnahen Projekten entwickeln kann, dass das also vor sich geht. CENTROPE
scheint ein solches Thema zu sein und scheint auch auf einem solchen Weg und
auf einer solchen Schiene zu liegen. Wichtig wäre vielleicht doch, dass man
auch regelmäßige konkrete Ergebnisberichte über CENTROPE erhält, und nicht nur
Darstellung von Sitzungen und was geplant wird, sondern was konkret geschehen
ist.
Zum Beispiel wäre es ja
nicht uninteressant zu wissen, wie schaut die Brückensituation über die March
aus. Das wäre ja wohl, glaube ich, ein ganz wesentlicher Punkt für die
Behandlung des Verhältnisses zwischen Österreich, Niederösterreich und Wien auf
der einen Seite und der Slowakei auf der anderen. Ich glaube, es sind drei
Brücken geplant, der Baubeginn wird ja irgendwann 2009 sein, aber es wäre
interessant, diese konkreten Detailmitteilungen hier informativ zu bekommen.
Meine sehr geehrten Damen
und Herren, wir stehen aber mit Sicherheit knapp vor einer Beschlussfassung
über eben den so genannten Reformvertrag. Er wird ja, glaube ich, im April
einer Abstimmung im Nationalrat unterzogen. Leider ist es von allen Parteien
verhindert worden, dass die österreichische Bevölkerung darüber abstimmen darf.
Es wurde auch von den Grün-Alternativen, die sonst immer ihre Beziehung und
ihre Kontakte und ihre Nähe zur Wählerschaft betonen, ebenfalls nicht
gutgeheißen. Also, eine Volksabstimmung findet offensichtlich nicht statt. Die
anderen Parteien fürchten sich vor selbiger und ich nehme an, dass sie in
diesem Punkt auch durchaus recht haben, Furcht zu haben.
Ich glaube, dass der
vorliegende Reformvertrag einen ganz massiven, einen der massivsten Eingriffe
in die Österreichische Bundesverfassung seit Langem darstellt. Das ist wohl
keine Frage, und sicherlich liegt doch wohl eine Gesamtänderung der
Bundesverfassung vor, die eigentlich eine Volksabstimmung verlangen würde.
Und eine ganz überwiegende
Mehrheit der Wähler wollte haben, dass das Wahlvolk in die Entscheidung mit
einbezogen wird. Es ist leider nicht Wirklichkeit geworden. Wir Freiheitliche
mit großen Teilen der veröffentlichten Meinung und der öffentlichen Meinung
haben das betrieben, es ist aber an der Intransigenz der Großparteien, der ÖVP,
der SPÖ, aber auch der GRÜNEN, gescheitert.
Zur Sache selbst möchte ich
doch noch wiederholen, dass dieser Reformvertrag im Grunde genommen nur ein
95-prozentiger Aufguss des abgelehnten Erstvertrages des Jahres 2005
darstellt, wo 95 Prozent der Inhalte wieder hineingenommen wurden, und
diese kleine Modifizierung nur dazu dient, um eine Volksabstimmung und eine Zustimmung
der Wahlvölker in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu verhindern.
Ein derart veränderter
Vertrag wäre selbstverständlich unser Ziel gewesen, um so mehr, als massivst
auch in die Zuständigkeit aller Gebietskörperschaften und auch der Stadt Wien
eingegriffen wird, wie wir es ja aus der täglichen Praxis kennen. Jede Vorlage
eines Gesetzes, einer Verordnung oder sonst etwas, hat ja die entsprechenden
Bemerkungen über die Verträglichkeit mit der EU-Gesetzgebung drinnen.
Die Vertrags- und
Verfassungslage hat sich also seit 1994 deutlich verändert, es hat die Verträge
von Amsterdam und Nizza gegeben, einen Großbeitritt der verschiedenen ost- und
mitteleuropäischen Staaten, und damit haben sich im Grunde genommen natürlich
die politischen Verhältnisse in der Union grundlegend geändert.
Im Grunde wäre es schon
ausreichend, es würde also ein Beitritt eines neuen Mitgliedsstaates schon
reichen, dass nach Art 44 Abs 3 Bundes-Verfassungsgesetz eine Volksabstimmung
darüber stattzufinden hätte. Aber es ist dies weder beim Beitritt der ost- und
mitteleuropäischen Länder erfolgt noch hat sich Selbiges im Zusammenhang mit
der Verfassungsänderung für den kommenden Reformvertrag ergeben.
Im Wesentlichen sehen wir
ganz konkret drei Knackpunkte, die hier echte Problembereiche für die
demokratische und demokratisch legitimierte Entwicklung einer Europäischen
Union darstellen, von irgendwelchen Durchsetzungstendenzen in Richtung einer
Subsidiarität ganz zu schweigen.
Das eine ist die Einrichtung
des vereinfachten Änderungsverfahrens nach Art 33 Abs 6 EU-Vertrag,
der de facto sagt, dass nach Anhörung des Europäischen Parlaments - also nicht
mit Beschluss des Europäischen Parlaments, sondern bloß nach Anhörung des
Parlaments - der Europäische Rat, aber auch die Europäische Zentralbank oder
ein Mitgliedsstaat im Währungsbereich die Änderung eines institutionellen
Teiles oder aller Bestimmungen des 3. Teiles des Vertrages für diese
Arbeitsweise der Europäischen Union beschließen kann.
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