Landtag,
14. Sitzung vom 22.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 55
beträgt.
Wovon man ausgeht, ist allerdings das eine, und wohin
die Entwicklung führt, das andere. Ich denke daher, dass es ganz notwendig ist,
dass man sich auch auf Bundesebene – und da ist die Gesundheitsministerin
ganz besonders gefordert – jetzt schon damit beschäftigt. Denn wir dürfen
nicht vergessen, dass die Europäische Union nicht irgendjemand ist, der
heimlich etwas entscheidet, sondern dass es eine solche Richtlinie nur gibt,
wenn der Rat zustimmt und damit auch Österreich. Deshalb ist es wichtig, dass man
sich jetzt schon damit beschäftigt und nicht zulässt, dass über die Hintertür
einer vermeintlichen Gerechtigkeit und des Binnenmarktgedankens Markt ins
Gesundheitswesen gebracht wird, was zu einer Verschlechterung der
Gesundheitsversorgung für alle führt.
Präsident Heinz Hufnagl:
Danke schön. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg Dr Pilz gestellt. –
Ich bitte darum.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ich habe Ihre Ausführungen mit Interesse gehört und
teile die Ansicht, dass Gesundheit kein marktfähiges Gut sein soll und wir
daher aufpassen müssen, dass wir nicht unsere Möglichkeiten der Behandlung
sozusagen jenen zur Verfügung stellen, die starke Marktteilnehmer und
–teilnehmerinnen sind. Das kann aber geschehen, und insofern trifft der Hinweis
meines Kollegen zu, dass da etwas auf uns zukommt und das tatsächlich ein Thema
ist, mit dem wir uns beschäftigen müssen.
In Anbetracht dessen, dass die Kommission diese Möglichkeit
durch eine entsprechende Richtlinie eröffnen will, frage ich Sie: Könnten wir
das nicht sozusagen ins Konstruktive umdrehen? Gibt es nicht auch Möglichkeiten
in Wien, dass wir dort, wo wir entsprechende Kapazitäten beziehungsweise ein
Überangebot haben, sprich, in der Akutversorgung, aktiv um Bürger anderer
EU-Staaten werben, die sich hier behandeln lassen könnten, was auch zur
Abdeckung unserer budgetären Nöte beitragen würde?
Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Frau Abgeordnete! Das
ist praktisch und theoretisch möglich. Die Crux dabei ist nur, dass die
Judikatur des EuGH derzeit davon ausgeht, dass ambulante Leistungen ohne
vorherige Zustimmung des Mitgliedsstaates in Anspruch genommen werden können
und dass die Kosten dieser Versorgung bis zu der Höhe erstattet werden, die im
Heimatland gilt. Beim stationären Bereich muss derzeit zunächst die Zustimmung
eingeholt werden, der Kostenerstattungsbetrag ist aber ebenfalls mit der Höhe
gedeckelt, die im Heimatland gilt.
Jedes Ding hat eben zwei Seiten, und die Kehrseite
der Medaille des hervorragenden Gesundheitssystems in dieser Stadt ist, dass es
nahezu kein Gesundheitssystem gibt, bei dem höhere oder gleich hohe Beträge für
die Leistungen, die erbracht werden, bezahlt werden. Auf Grund dessen, dass es
gegenwärtig kaum eine bessere Gesundheitsversorgung für alle in einem anderen
europäischen Staat gibt, wären wir immer die Nettozahler. Und das ist sozusagen
eine Problematik, wenn es nicht auf irgendeine Art und Weise einen europäischen
Ausgleich gibt.
Das heißt, die von Ihnen angesprochene Variante, ob
wir uns nicht ein bisserl Körberlgeld machen können, muss ich mit Nein
beantworten, weil wir immer zu wenig dafür bezahlt bekommen würden. Wir würden
immer weniger bekommen, als die Leistung wirklich kostet.
Präsident Heinz Hufnagl:
Danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage kommt von Frau Abg
Korosec. – Ich bitte darum.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Landesrätin!
Ich komme jetzt von der EU-Ebene wieder auf die
nationale Ebene. Wir haben hier sehr viele Gastpatienten in erster Linie aus
Niederösterreich und aus dem Burgenland, aber natürlich auch aus anderen
Bundesländern. Und da gibt es immer große Probleme mit den Abrechnungen.
Frau Landesrätin! Ich möchte Sie fragen: Gibt es
jetzt im Zuge des Finanzausgleichs neue Vereinbarungen, dass man davon ausgehen
kann, dass Wien für diese Gastpatienten eine entsprechende Abrechnung stellen
kann?
Präsident Heinz Hufnagl: Bitte,
Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ich schmunzle, und Sie
wissen warum, denn beim Thema Gastpatienten steht es dann immer in der Sekunde
neun zu eins. Ich habe mich jetzt nicht versprochen mit neun zu eins, denn es
stehen da alle anderen Bundesländer plus der Bund gegen Wien, und es ist immer
sehr schwierig, Mehrheiten zu schaffen. Durch harte Verhandlungen ist es uns
allerdings gelungen, dass wir aus dem Topf mehr bekommen als die Relation zur
Bevölkerungszahl. Diese Aufteilung ist so geblieben. Nicht gelungen ist uns, in
ausreichendem Ausmaß eine Refundierung für die Leistungen zu erhalten, die wir
für Niederösterreich erbringen. Aber bei neun zu eines ist man halt immer
schnell zweiter Sieger, und das war auch diesfalls der Fall.
Präsident Heinz Hufnagl: Danke
schön. Die vierte und letzte Zusatzfrage kommt von Herrn
Abg Mag Ebinger. – Ich bitte darum.
Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Kollegin
Pilz hat gesagt, dass es da nicht nur eine Gefahr, sondern auch eine Chance
gibt. Ich persönlich habe mir das auch überlegt, und meine, dass das nur dann
tatsächlich eine Chance sein könnte, wenn es auch eine Harmonisierung der
Behandlungskosten gäbe. Dann könnten wir europaweit in Konkurrenz treten. Wenn
es aber so ist, wie Sie ausgeführt haben, dass wir nur das ersetzt bekommen,
was in den jeweiligen Mitgliedsstaaten ersetzt wird, dann ist das eher ein
Defizitgeschäft. Gleichzeitig ist aber zu befürchten, dass die Leute trotzdem
kommen, weil wir heute, objektiv gesagt, im Spitzenfeld liegen.
Die Zusatzfrage mit den Abrechnungen zeigt die
Problematik, die wir in Österreich haben. In einer Gemeindezeitung ist zu
lesen, dass wir 2005 ungefähr
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