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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 98

 

Bevölkerung arm machen wollen, denn das ist unsozial! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es geht jeglicher Anreiz zum Rationalisieren und zum sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln verloren. Wenn das Geld nur automatisch nach dem Index hereingeschaufelt wird, dann braucht sich keiner den Kopf zu zerbrechen. Wozu gibt es die ganzen Ausgliederungen, wenn man sich beim Beschaffen von Geld auf den Index ausredet? Wir haben nichts dagegen, wenn Investitionen vorgenommen werden. Wenn größere Investitionen anstehen, kann man selbstverständlich hier im Gemeinderat darüber beraten, ob und in welcher Höhe es Erhöhungen geben soll. Dass man den Bürgern jedoch, nur weil der Index gestiegen ist, einfach in die Taschen greift, ist unverschämt! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die Gemeinde Wien nimmt beim Wasser, beim Abwasser und beim Müll um insgesamt 136 Millionen mehr ein, als sie dafür aufwendet. Das heißt, die Bürger zahlen über Gebühr, die eingehobenen Gebühren wären gar nicht notwendig. Schon da könnte den Wienern etwas erlassen werden! Statt dessen wird auf die Übergebühr von 136 Millionen noch die Indexerhöhung aufgeschlagen! Dagegen sind wir! Das ist Wahnsinn!

 

Durch das neue Gesetz ist geplant, doppelt so viel an Gebühren einzuheben, als für den Betrieb notwendig wäre. Das Finanzausgleichsgesetz 1993 erlaubt zwar die Gebührenerhöhung auf das Doppelte der Betriebskosten, das heißt, Sie dürfen das tun, da besteht gar kein Zweifel! Aber das heißt ja nicht, dass Sie es tun müssen! Etwas, was erlaubt ist, muss ja nicht unbedingt voll ausgeschöpft werden! Bis 1993 durften Sie nur so viele Gebühren verlangen, als der Betrieb ausgemacht hat. Ab 1993 dürfen Sie bis zum Doppelten einheben. Dürfen heißt aber nicht, dass Sie es unbedingt tun müssen! Wir lehnen dieses Schröpfgesetz auf das Entschiedenste ab! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das ist nicht nur ideenlos und unsozial, weil es jede Innovation bremst und die kleinen Leute überproportional belastet, sondern es ist auch entschieden undemokratisch. Warum? – Weil der Gemeinderat bei dieser Indexanpassung überhaupt nichts mehr mitzureden hat! Die Gebühren steigen, und die gewählte Volksvertretung ist durch die Verwaltung praktisch ausgeschaltet. Wozu sitzen wir noch da und bekommen als Gemeinderäte ein Salär, wenn wir betreffend Lebensgrundlagen der Wiener Bevölkerung kein Mitspracherecht mehr haben? Ich verstehe das nicht! Auf diese Weise wird der Gemeinderat durch die Verwaltung ausgehebelt. Was die SPÖ hier betreibt, ist Planwirtschaft pur! Diese gibt es heute nicht einmal mehr in den ehemaligen Ostblockländern! Vielleicht gibt es die Planwirtschaft noch in Kuba, aber das ist kein gutes Beispiel für ein Gesetz.

 

Selbstverständlich muss es Erhöhungen bis zur Kostendeckung immer wieder geben. Das würde jeder Wiener verstehen. Ob Müll, Wasser und Abwasser optimal verwaltet werden, darüber können wir uns unterhalten. Andererseits wäre natürlich alles billiger, wenn ausgegliedert wird. Aber da sind ja wiederum Häupl's Prätorianergarden: Er braucht die Feuerwehr und die 48er, da sonst keine Wahl mehr für ihn zu schlagen ist. Das sehe ich alles ein! Wir sind ja auch nicht so sehr für Ausgliederungen, denn eine Ausgliederung nimmt uns bei der derzeitigen Stadtverfassung jegliche Kontrolle, und wir sind eh nicht dafür zu haben, dass die Gemeinderäte wichtige Gebiete der Gemeinde aus der Hand geben!

 

Aber schauen wir uns das jetzt einmal an: Bgm Häupl sagt es eh so brutal, dass es gar nicht mehr brutaler geht. Ich habe hier die „Wiener Zeitung" vom Dienstag, 26. Juni 2007. Der Übertitel lautet: „Aus für große Verwaltungsreform". – In diesem Artikel ist zu lesen: „Als zweites Motiv nennt Häupl die Mehreinnahmen, die bei Müll und Wasser lukriert werden können." – Er spricht von Mehreinnahmen, nicht von den notwendigen Gebühren zur Kostendeckung! Ich zitiere weiter Häupl: „Daher denke ich nicht daran, mir das Leben selber schwer zu machen und Bereiche, wo ich Einnahmen erziele, auch auszugliedern."

 

Er spricht nur von Einnahmen, sonst steht in dem Artikel nichts! Vielleicht hat ihn die „Wiener Zeitung" schlecht zitiert. Es geschieht ja oft, dass die Medien schuld sind, wenn der Herr Bürgermeister bei der Opposition nicht gut herauskommt!

 

So weist etwa der Rechnungsabschluss 2006 für die MA 48 einen Überschuss von stolzen 46,2 Millionen aus. Da frage ich: Seid ihr auch noch stolz, dass ihr um 46 Millionen bei der Müllgebühr mehr kassiert, als notwendig ist? Das ist ein seltsamer Sozialistenstolz! Früher wart ihr stolz, etwas für die Arbeiter oder für die kleinen Leute tun. Seid ihr heute wirklich stolz, dass ihr sie aussackelt? – So steht es jedenfalls in der „Wiener Zeitung" vom Dienstag, 26. Juni 2007.

 

In den Erläuternden Bemerkungen zu dem Gesetz steht: „Die sachliche Rechtfertigung einer Ausschöpfung dieser Ermächtigung" – die bis zum Zweifachen möglich ist – „sieht der VfGH in selbigem Erkenntnis etwa dann gegeben, wenn mit dem Superfluum Folgekosten der Einrichtung oder Lenkungsziele - zum Beispiel ökologischer Art - finanziert oder Unsicherheiten hinsichtlich der Anrechenbarkeit bestimmter Kostenpositionen oder Rechtsstreitigkeiten in Jahren mit unerwartet günstiger Einnahmenentwicklung vermieden werden." – Das heißt, es gibt auch ökologische Lenkungsmaßnahmen, die man geltend machen könnte. All das könnten wir im Gemeinderat demokratisch diskutieren. Aber für ein Gesetz, mit dem man die Bürger aussackelt und im Hinblick auf welches sich der Bürgermeister noch in der „Wiener Zeitung" lustig macht und sagt, dass man quasi nichts anderes vorhabe, als die Einnahmen zu lukrieren, sind wir wirklich nicht zu haben! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! In dieser Situation greifen wir Freiheitlichen zusammen mit der Opposition über alle ideologischen Grenzen hinweg zum Notwehrrecht dieses Landtags, das sich wie folgt darstellt: Alle Oppositionsparteien werden geschlossen den Roten die Rote Karte zeigen. Wir werden die zweite Lesung dieses Unrechtsgesetzes verhindern und so die Wiener, so lange wir als Opposition können, vor dieser Ungerechtigkeit schützen. Alle Oppositionsparteien gemeinsam werden die

 

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