Landtag,
10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 98
Weiterentwicklung sind, aber eine Weiterentwicklung,
die auf die Wiener Missstände Rücksicht nimmt und damit auch versucht, einen
besseren Startvorteil im Ballungszentrum zu verschaffen, als es derzeit unsere
Jugendlichen haben.
Also vom Nichtgenügend zum Sehrgut. Über den Sommer
gibt es viele Wochen, wo sie daran arbeiten können. Neun Wochen Schulferien,
neun Wochen des Lernens, neun Wochen der Unterstützung, damit am 3.9. ein
geordneter Schulstart vonstatten gehen kann.
Präsident Heinz Hufnagl:
Als Nächster hat sich Herr Mag Jung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Wolfgang Jung:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Die SPÖ hat hier zu einer Aktuellen Stunde gerufen.
Das Thema ist wahrlich aktuell für uns alle, nicht aber für die Frau
Brandsteidl wieder einmal, die dürfte noch in der großen Pause sein.
Der Frontalunterricht der Frau Kollegin Jerusalem hat
mich nicht ganz überzeugt, aber ich kann auch mit der Zeugnisverteilung nicht
ganz einverstanden sein, Frau Kollegin, denn wenn da wirklich die SPÖ und der
Bgm Häupl sitzen bleiben, ist es das Allerletzte, was wir wollen. Sie sollen
ihre Plätze räumen, sie sollen weg und Platz machen für eine wirklich
vernünftige neue Schule. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie mit der neuen Schule meinen, dass wir etwas
unternehmen müssen, weil wir dem Ansturm, der durch die Massenzuwanderung in
Österreich entstanden ist, nicht Herr werden, dann haben Sie recht. Nahezu
50 Prozent im neuen Jahrgang in den ersten Klassen, das überfordert jedes
System. Hier liegt die Schuld nicht primär bei der Schule, hier liegt die
Schuld bei der Politik und damit bei den in Wien für die Politik
Verantwortlichen, bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, und bei
niemand anderem.
Sie stehen jetzt vor den Scherben dieser Politik, und
Sie wollen sie wiederum mit Realitätsverlust und mit Scheinmaßnahmen als
organisatorisches Problem kaschieren, so wie man jetzt in anderen Bereichen,
zum Beispiel auch im Zuwanderungsbereich, die Schlägereien in St Pölten,
die schon seit Tagen andauern, und Ähnliches, auch als reines organisatorisches
Problem bei der Polizei wegleugnen will. Bezeichnend ist dabei dieses
Burnout-Syndrom, das zunehmend bei Lehren und Polizisten um sich greift. Denken
Sie zum Beispiel an die tragischen Vorfälle und die Selbstmorde bei Wiener
Polizisten. Das zeigt, dass das gerade in diesen zwei wichtigen Berufen, die
mit diesem Problem befasst sind, um sich greift. Das hat doch einen Grund, was
hier vor sich geht, meine Damen und Herren.
Wir stehen wirklich, auf Dauer gesehen, vor einer
Bildungskatastrophe. Wir bekommen in unserem Land zunehmend Analphabeten. Das
war ein Problem, das schon Maria Theresia vor 250 Jahren gelöst hat mit
der Einführung des allgemeinen Schulsystems, und wir fallen zurück in den
Analphabetismus. Hier sind Reformen notwendig. Sie haben die Hauptschulen vor
allem in Wien hier völlig herunter gewirtschaftet, aber auch die
weiterführenden Schulen sind zum Teil schlechter als die Hauptschulen am
flachen Land.
Wir haben von Ihnen gestern gehört, dass Wien die Hauptstadt
der Musik, der Kultur und so weiter ist. Die Hauptstadt der Schulbildung sind
wir leider ganz bestimmt nicht. Das muss Ihnen klar sein.
Wenn es um die neue Schule geht, kann man über
manches diskutieren: Über ein Vorschuljahr, über Verringerung der
Klassenschülerhöchstzahlen, über mehr Lehrer, eine Zentralmatura – das wäre
auch ein wichtiges Thema – und von mir aus auch über Ihre Gleichmacherei durch
die Gesamtschule, die in Wirklichkeit nur eine nach unten ist. Eine Spaßschule
wollen wir nicht, meine Damen und Herren von den Grünen, wir wollen eine Schule, in der gelernt wird, und
lernen, das müssen auch Sie begreifen, ist nicht immer nur Gaudi und nicht
immer nur Spaß. Man soll es interessant machen, aber man soll es nicht
verniedlichen. Auch das Leben ist nicht immer nur Spaß, und die Schule bereitet
auf das Leben vor. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Hauptproblem ist und bleibt – man kann es nicht
oft genug sagen –: Unterrichten, beibringen, lehren kann ich nur, wenn mich der
Lernende versteht. Das heißt auf gut Deutsch: Zuerst Deutsch und dann Schule!
Und solang Sie das nicht erkennen, so lange wird sich in diesem zentralen
Problem einfach nichts ändern. Dazu kommen dann natürlich noch die
Schwierigkeiten durch Mentalitäts- und Kulturunterschiede.
Aber Sie sträuben sich, das einzusehen, weil es nicht
in Ihr ideologisches Konzept passt. Sie wollen, dass sich die Realität der SPÖ
anpasst und nicht umgekehrt.
Christian Morgenstern hat in seinem Palmström-Gedicht
einen für Sie sehr gut passenden Satz geschrieben. Er sagt dazu: „Also schließt
er" – Palmström – „messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht
darf." Er wird aber deswegen auch in der guten Geschichte von einem
Lastwagen, dessen Realität er leugnet, überrollt. Und so werden Sie jetzt von
Ihren – nicht von Ihren, leider nicht von Ihren –, sondern von unseren
Schulproblemen überrollt, aber die Leidtragenden bei dem Ganzen, die
Leidtragenden Ihres Bestemms, das sind die Kinder, sind unsere Kinder. Aber das
scheint Sie nicht sehr zu interessieren.
Und dann kommt gestern der Kollege Wutzlhofer heraus,
gibt den anderen dafür die Schuld und ist noch beleidigt, wenn hier Kritik
geübt wird. Merken Sie sich eines, Herr Kollege Wutzlhofer: Wenn die
Opposition, wenn wir die Fehlentwicklungen aufzeigen, dann machen nicht wir die
Bildungspolitik schlecht, sondern Sie machen in Wien schlechte Bildungspolitik.
(Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Als nächster Redner hat sich Herr Mag Chorherr zu Wort gemeldet. Ich erteile es
ihm.
Abg Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Lassen Sie mich optimistisch beginnen, was nach
manchen Vorrednern und Vorrednerinnen nicht ganz einfach ist.
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