Landtag,
10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 98
Dienststellen vorgehen, gemeinsam vorgehen, so ein
Case-Management aufbauen für betroffene Frauen und Mädchen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. – Die 3. Zusatzfrage hat Frau Abg Mag Ekici.
Abg Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Zwangsehe ist zwar kein neues Phänomen, das wissen
wir, aber es ist in den letzten Monaten sehr in den Blick der Öffentlichkeit
gekommen. Letztendlich haben wir es auch der ehemaligen Frauenministerin Maria
Rauch-Kallat zu verdanken, dass es nunmehr ein Offizialdelikt und kein
Kavaliersdelikt ist, und sie hat ja auch schon eine Menge Maßnahmen gesetzt.
Auch in Wien wurde eine Studie erstellt, was erfreulich ist, und auch ein Task
Force errichtet.
Meine Frage wäre ursprünglich auch in die Richtung
wie jene meiner Kollegin Alev Korun gegangen, wir haben ja auch einen Antrag dazu
eingebracht. Aber ich möchte Sie gerne fragen, weil wir jetzt kurz vor den
Sommerferien stehen, und Sie wissen aus Erfahrung, wir wissen aus Erfahrung,
dass uns nach den Sommerferien das Thema wieder enorm beschäftigen wird aus dem
bekannten Grund, weil die Mädchen mit ihren Eltern oft in die ursprünglichen
Heimatländer fahren und dann oft verheiratet wieder zurückkommen, und oft gegen
ihren Willen verheiratet zurückkommen.
Haben Sie jetzt in den letzten Wochen, Monaten
gemeinsam mit der Community eine dementsprechende Schwerpunktaktion gesetzt?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau
Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Wir
haben in dieser Arbeitsgruppe jetzt auch einmal genau wegen dieser
bevorstehenden Ferien das Thema der Schule, der Kommunikation mit den
LehrerInnen, mit den Eltern, mit den Mädchen auch in den Focus genommen. Das
hat jetzt einmal die höchste Priorität vor den Ferien gehabt, weil wir auch
wissen, auch von den Studienautorinnen wissen, dass das jetzt einmal sozusagen
vordergründig ganz, ganz wichtig war, da vor dem Sommer noch einmal aktiv zu
werden und dieser Task Force auch diese Rolle zu geben.
Ich glaube, dass das sehr gut gelungen ist. In der
Aufklärungsarbeit sowohl bei den LehrerInnen als auch bei den Mädchen in jedem
Fall, bei der Elternarbeit machen wir gute Fortschritte.
Was wir derzeit auch einsetzen, ist unser
MultiplikatorInnen-Pool, den wir in der Magistratsabteilung 17 zu diesem
Thema installiert haben, eingerichtet haben. Ich habe diese Frauen kennenlernen
dürfen. Die sind da sehr engagiert und leisten eine hervorragende Arbeit in der
Community, und so können wir die Eltern auch erreichen.
Die Task Force wird sich aber noch damit
auseinandersetzen, wie wir noch stärker diese Sensibilisierungsarbeit, diese
Präventivarbeit, diese Aufklärungsarbeit zu dem Thema bei den Eltern
letztendlich umsetzen können.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. – Wir kommen zur 4. Zusatzfrage: Herr Abg DDr Schock.
Abg DDr Eduard Schock (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Frau Stadträtin!
Sie haben in Ihrer Beantwortung meiner Zusatzfrage
ein bisschen versucht, das Problem weg von der islamisch-türkischen
Parallelgesellschaft zu schieben und das ein bisschen zu relativieren auf
mehrere Problemfälle. Das sehen ja viele aufgeklärte türkische Intellektuelle
oder türkische Soziologen anders. Sie sagen, dass dieses Problem eben gerade in
der türkischen Parallelgesellschaft keine Ausnahme ist, keine kriminelle
Ausnahme, die man ganz einfach ahnden muss, sondern dass es eben die Regel ist,
dass eben mehr als die Hälfte aller Ehen genau in dieser türkischen
Parallelgesellschaft Zwangsehen sind.
Gerade aufgeklärte türkische Soziologen bringen das
ja auf den Punkt, indem sie sagen, das ist nichts anderes als Sklavenhandel mit
– und die Frau Ekici hat ja darauf hingewiesen – frischer Importware aus der
Türkei, die meistens nach dem Sommer ... (Zwischenrufe bei der SPÖ und den
GRÜNEN. – Abg Godwin Schuster: Das ist ja unappetitlich!) Das sind Zitate
türkischer Soziologen, meine Damen und Herren. Türkische Soziologen bezeichnen
heute genau das als Sklavenhandel mit Import aus der Türkei. Genauso wird das
bezeichnet, und man sollte das auch aussprechen, wie es ist und wie es die
türkischen Soziologen selbst so bezeichnen.
Meine Damen und Herren! Es ist das ja auch von der
UNO im Jahre 2001 als moderne Form des Sklavenhandels gebrandmarkt worden,
und ich meine, wir sollten daher dieses brennende Problem auch nicht
wegschieben, das sich eben in dieser Parallelgesellschaft fokussiert.
Meine Frage ist daher: Wie stehen Sie ganz generell
zu dieser Parallelgesellschaft? Finden Sie sich damit ab, dass hier eine
Gesellschaft lebt, die zum überwiegenden Teil nach eigenen Gesetzen lebt, wie
wir es ja merken, die eben auch gegen unsere westlichen Vorstellungen handelt,
wo Menschenrechte keine Werte haben, oder akzeptieren Sie das als kulturelle
Diversität, als kulturelle Differenz, wie es immer so schön heißt, oder sind
Sie bereit, unsere Werte, westliche, abendländische Werte wie Menschenrechte
eben auch, wie die Freiheit des Einzelnen, das Recht auf freie Partnerwahl
notfalls auch im Konfliktfall durchzusetzen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sie
sagen richtig „Ihre" Werte, ich werde mich niemals mit Ihren Werten letztendlich
in irgendeiner Form anfreunden können. (Beifall bei der SPÖ und bei den
GRÜNEN.)
Tatsache ist, dass die Sozialdemokratie die
Diversitätspolitik und die Integrationspolitik in einer Wertehaltung vollzieht,
in der ihr sozusagen immer das Bündnis für die Integration und gegen Rassismus
und Fremdenfeindlichkeit in aller erster Linie als Ziel vorschwebt.
Was Sie hier versuchen, ist, sehr
manipulativ in diese Richtung zu gehen, dass Sie das Thema der Zwangsheirat
einer bestimmten Religionsgemeinschaft, einer bestimmten Ethnie zuschreiben
wollen, und ich sage Ihnen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular