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Landtag, 9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 74

 

nicht weitergeht, vorgeht? Sie wollen es halt nicht! (Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Wien ist anders!)

 

Was sagt dann die Frau Stadträtin noch, um uns zu beruhigen? Es hat 300 Überprüfungen gegeben. Das ist ähnlich wie die Geschichte, die der Herr Landeshauptmann über die Novomatic gebracht hat. Es hat, seit wir lästig geworden sind, 56 Apparate in den Beschlagnahmebereich gegeben. Überprüft haben Sie aber nicht die Großen, und wir wissen, was bei der Novomatic läuft, sondern überprüft und zugeschlagen haben Sie bei den Kleinen. Augenauswischerei, 300 Überprüfungen! Vorige Woche haben Sie ganz plötzlich, als Sie gemerkt haben, es wird zum Thema, darüber wurde dann auch im Fernsehen berichtet, eine größere Razzia gemacht. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Ich glaube, ich gehe gleich heim!) Glauben Sie, mit der Augenauswischerei können Sie den Wienern noch etwas vormachen? Das zieht schon längst nicht mehr! Wenn Sie 300 überprüft haben und dann 131 Strafen ausgeteilt worden sind, 35 Festnahmen und 150 Wegweisungen waren, heißt das, kein Einziger von den Überprüften hat sich im legalen Rahmen bewegt. Kein Einziger! Das heißt, jeder überprüfte Bettler hat gegen österreichische Bestimmungen verstoßen. Das heißt hochgerechnet, dass wahrscheinlich auch jeder andere der Hunderten von Bettlern in Wien illegal hier ist! Das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen, weil es Ihnen einerseits unbequem ist und weil Sie, wie gesagt, einen linken Flügel haben, der es Ihnen nicht erlaubt!

 

Wenn sich dann die Frau Stadträtin, und ich rechne es ihr nicht als bösen Willen an, hier hinstellt und sagt: „Zu Ostern werden wir auf der Mariahilfer Straße eine Überprüfung machen.", geben Sie vielleicht Direktauskünfte oder stellen Sie es ins Internet, wenn Sie die Überprüfungen machen, nur damit nachher festgestellt werden kann, es gibt eh keine Bettler dort und es braucht eh nichts unternommen werden. Das ist direkt die Anstiftung, woanders als dort betteln zu gehen, Frau Kollegin! So etwas von Naivität kann man sich schon fast nicht mehr vorstellen! (Abg Siegi Lindenmayr: Glauben Sie das, was Sie da sagen?) - Ja.

 

Auf der Mariahilfer Straße habe ich vor Kurzem etwas verteilt (Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Was haben Sie verteilt?) und ich arbeite auch in diesem Bereich. Jetzt werde ich Ihnen einmal erzählen, was passiert, wenn man auf der Mariahilfer Straße arbeitet und dann nach Hause fährt. Ich gehe beim Tor hinaus, rechts von mir sitzt Bettlerin Nummer 1. Links von mir gibt es Bettler Nummer 2 seit dem BAWAG-Überfall nicht mehr. Das waren Rollstuhlbettler, die sich abgewechselt haben. Die haben sich damals von der Polizei abschrecken lassen. Man geht dann etwas weiter und findet im Hochsommer gegenüber die Hütchenspieler. Jetzt sind sie noch nicht da. Weil es kälter ist, haben sie wieder aufgehört. Zwischendurch kommen irgendwelche Leute, die mit Eseln oder Pferden für nicht vorhandene oder obskure Zirkusse betteln. Dann kommen die Punks, die herumstehen: „Host an Tschick oder host an Euro fürs Telefoniern?" Die meisten sind durchaus auch aggressiv, mit Hund oder ohne. (Abg Ernst Nevrivy: Die sind nicht so aggressiv wie Sie!) Dann kommen noch die Harmloseren mit dem Tetrapack, die Wiener Sandler, die dort das Stadtbild verschönern. (Abg Karl Dampier: Ganz zum Schluss kommt der Herr Jung und verteilt noch etwas!) Dann gehen Sie in die U-Bahn hinein, Herr Kollege, kommt einer mit einer alten Autobatterie und einem Rekorder, wimmert Ihnen die Ohren voll und Sie können sich nicht dagegen wehren. Sie können sich die Ohren nicht einmal zuhalten, weil Sie die Hände über den Taschen haben müssen, damit Ihnen in den Wiener U-Bahnen nichts gestohlen wird. Das ist keine Feststellung von mir, sondern das sagen die Wiener Linien doch selbst. Ich meine, wenn man dauernd mit dem Dienstwagen fährt, merkt man es nicht. Aber hören Sie sich die Durchsagen in den U-Bahnen an. Dann werden Sie nicht abstreiten können, dass das ein Faktum ist. Das haben Ihre eigenen Leute erkannt! (Abg Karlheinz Hora: Sie wollen bloß ein Dienstauto! Das ist es!)

 

Das Nächste ist, Sie kommen nach Hause, wollen einkaufen gehen, steht vorne wer, der Ihnen das Wagerl abnehmen will und den Euro einlöst. Wenn Sie nicht zum Billa, sondern zum Merkur in meiner Umgebung gehen, dann steht dort der Nächste, der Ihnen einen „Augustin" aufdrängt. Das kann in einem Lokal genauso passieren, wie es mir gestern auch passiert ist, zum Beispiel im Café Ritter. Da kommt einer herein und wenn man den „Augustin" nicht kauft, bekommt man nachgeredet: „Aber eine Spende geben Sie mir schon!" Und wenn Sie dann nichts tun, haben Sie eine blöde Nachrede. So schaut es in der Realität aus!

 

Dann geht es am Abend zum Heurigen und da kommt einer, der Ihnen ein Plastikspielzeug und irgendeine Karte auf den Tisch stellt und nachher absammeln kommt. Das ist die Realität in Wien! (Abg Kurt Wagner: Herr Jung, ist das beim Heurigen wirklich ein Spielzeug?)

 

Das ist auch der Eindruck, den wir auf die Fremden und auf die Touristen machen. Ich frage Sie: Haben wir das notwendig? Ist das das Wien, das Sie wollen? Wirklich nicht, meine Damen und Herren!

 

Österreich ist ein Sozialstaat. Sie von den GRÜNEN haben durchaus recht, wenn Sie sagen, es gibt immer auch Arme und es gibt zu viele Arme. Da stimme ich Ihnen zu. (Abg Christian Hursky, eine Ausgabe der Zeitung „Augustin" herzeigend: Herr Jung, ich habe einen „Augustin" gekauft!) - Sie können ihn ja verkaufen gehen, den „Augustin"! Stellen Sie sich dort oben hin, wie mit dem „Wachturm". Das dürfen Sie ruhig tun.

 

Es gibt, wie gesagt, noch immer zu viele Arme. Das sind vor allem allein stehende Mütter und alte Menschen. Aber es sind nicht die allein stehenden Mütter und die alten Menschen aus Wien, die dort betteln. Die Bettler werden bei uns importiert. Meine Damen und Herren, ich bin in der Nachkriegszeit aufgewachsen. (Abg Siegi Lindenmayr: Welcher Krieg?) Da war wirklich sehr viel Armut, Not und Elend. Es gab Hunderttausende Heimatlose, Entwurzelte und Arme in Österreich. Aber ich erinnere mich sehr gut, gebettelt ist damals nicht worden. Ich erinnere mich noch gut, wie die Kriegsblinden sogar von

 

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