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Landtag, 9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 74

 

Bettlerinnen und Bettler hat sich verringert. Jene der bettelnden Personen aus der einheimischen Obdachlosen- und Suchtgiftszene blieb annähernd gleich.

 

Als zusätzliche Maßnahmen werden in der Inneren Stadt seit Oktober 2005 von der Polizei täglich Bettlerstreifen durchgeführt, und seit Juni 2006 wird gemeinsam mit den Wiener Linien auch eine verstärkte Überwachung im gesamten U-Bahn-Bereich vorgenommen.

 

Abgesehen von der notwendigen Bekämpfung der Bettlermafia, der notwendigen Bekämpfung der organisierten Ausbeutung von Bettlerinnen und Bettlern durch die Polizei, ist es sinnvoll, die sozialen Ursachen der Bettelei zu bekämpfen und damit Bettlern in die Gesellschaft zurückzuhelfen. Der Fonds Soziales Wien bietet mit seinen KooperationspartnerInnen insbesondere im Tageszentrum für Obdachlose und in der Straßensozialarbeit mit „Josi" und der „wieder wohnen" GmbH, dem Beratungszentrum der Gruft, der Caritas und Angeboten des Vereins Wiener Sozialprojekte aufsuchende Hilfe durch Straßensozialarbeit für obdachlose bettelnde Menschen in niedrigschwelliger Weise vor Ort an. Die MitarbeiterInnen arbeiten im Rahmen dieser Tätigkeit auch mit der Polizei zusammen, um Informationen auszutauschen. StreetworkerInnen werden an sozialen Brennpunkten wie dem Karlsplatz, dem Praterstern, dem Franz-Josef-Bahnhof regelmäßig eingesetzt. In Vernetzungstreffen wird das Wandern der Szene durch Wien beobachtet, um mit passenden Angeboten rechtzeitig adäquat reagieren zu können.

 

Zur Frage 3, Bettelverbot: Ich halte unsere zahlreichen Maßnahmen für wesentlich sinnvoller, um BettlerInnen zurück in die Gesellschaft zu helfen, als ein absolutes Bettelverbot. Ein solches absolutes Bettelverbot würde Menschen in sozialer Notlage, die das Betteln nicht in organisierter oder aggressiver oder andere Menschen ausnützender Weise betreiben, diskriminieren und kriminalisieren. Das lehne ich ab, ich bin vielmehr der Meinung, dass die Ursache der Bettelei zu bekämpfen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zu Ihrer Frage 4, den Bettelverbotszonen: Auch einem Erlass von Betteleiverbotszonen an neuralgischen Punkten stehe ich ablehnend gegenüber, da die Bevölkerung in ganz Wien vor aggressiver und organisierter Bettelei schutzwürdig ist. Es würde den Gleichheitsgrundsatz verletzen, AnrainerInnen beziehungsweise BenützerInnen bestimmter Straßen oder Plätze nur abgestuft für schutzwürdig zu erklären. Im Übrigen würden Betteleiverbotszonen nach dem so genannten Florianiprinzip, bei dem wir ja heute in der Früh schon einmal waren, nur zu einer Verlagerung der Bettelei führen.

 

Frage 5, städtischer Ordnungsdienst: Die Möglichkeit der Einrichtung von Wachkörpern als Land oder als Gemeinde steht der Stadt Wien nicht offen. Dies ergibt sich aus dem Konkurrenzverbot des Art 78d Abs 2 Bundes-Verfassungsgesetz, welches vorsieht, dass im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion, der eine Bundessicherheitswache beigegeben ist, von einer anderen Gebietskörperschaft ein Wachkörper nicht aufgestellt und unterhalten werden darf, wodurch der Stadt beziehungsweise dem Land Wien die Möglichkeit zur Einrichtung dieser Stadtwache als Organe der öffentlichen Sicherheit genommen ist. Es besteht nur die Möglichkeit, so genannte Organe der öffentlichen Aufsicht zu bestellen. Diese können Überwachungstätigkeiten ausüben sowie strafbare Sachverhalte aufklären und Anzeige erstatten. Die Rechte, die jedem Organ der öffentlichen Sicherheit zustehen, nämlich insbesondere das Recht zur Festnahme, wenn der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht feststellbar ist oder begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen versucht, aber der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht, das steht diesen Organen der öffentlichen Aufsicht nicht zu.

 

Das bedeutet in der Praxis, dass Organe der öffentlichen Aufsicht Verdächtige zwar zur Ausweisleistung auffordern könnten, sie jedoch nicht in der Lage wären, aus eigener Berechtigung heraus diesem Wunsch zum Durchbruch zu verhelfen. In jeglicher Form der unfreundlichen Auseinandersetzung mit einem Verdächtigen sind diese daher immer auf die Hilfe von Organen der öffentlichen Sicherheit, das heißt in unserem Falle, Polizistinnen und Polizisten, angewiesen. (Abg DDr Eduard Schock: Wie bei den Parksheriffs! Da ist es ja genauso! – Abg Godwin Schuster: Das ist aber schon ein Unterschied!)

 

Dazu kommt, dass der Landesgesetzgeber derartige Organe der öffentlichen Sicherheit nur in jenem Bereich einrichten darf, wo ihm gemäß Art 15 Abs 1 B-VG eine Regelungskompetenz und damit auch eine Organisationskompetenz zukommt. Das bedeutet, dass das hier nur in sehr, sehr eingeschränktem Ausmaß überhaupt möglich ist. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass unsere Magistratsdirektion, MDKS, wenn auch nicht mit einem Wachkörper, so doch mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Polizei nach besten Kräften unterstützt. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zur Frage 6, Hilfe für verschleppte Frauen, Kinder und Menschen mit besonderen Bedürfnissen: Seitens der Stadt Wien, der MA 35, wurde beim Innenministerium ein Erlass erwirkt, nach dem EU/EWR-BürgerInnen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, jedenfalls, auch ohne Nachweis, dass sie über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, eine Anmeldebescheinigung bei der MA 35 erhalten. Mit dieser Anmeldebescheinigung dürfen sich EU/EWR-BürgerInnen in Österreich über die sonst vorgeschriebenen drei Monate hinaus legal aufhalten.

 

Die Stadt Wien, MA 11, betreut auf Basis des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes Kinder und Jugendliche, die zu organisierter Bettelei eingesetzt werden. Mit der Wiener Polizei wurde vereinbart, dass die Polizei die Daten bettelnder Kinder auch an die MA 11 weiterleitet. Die MA 11 prüft dann, ob das Kind seinen festen Wohnsitz in Wien hat. Bei ständigem Aufenthalt in Wien erfolgt eine Gefährdungsabklärung durch die zuständige Regionalstelle für soziale Arbeit mit Familien, und es werden in

 

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