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Landtag, 9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 74

 

organisierten Fahrten nach Österreich gebracht. Sie werden in schlechtesten Unterkünften untergebracht und auf ihren Standplätzen abgeliefert. Dann wird von so genannten Aufpassern abkassiert, und die Bettler müssen ihre Losung sofort wieder hergeben.

 

Egal, ob in Einkaufsmeilen, auf Märkten oder auf sonstigen Plätzen, es hat sich überall eine Bettlerszene entwickelt. Die Wienerinnen und Wiener, meine Damen und Herren, die es bisher geduldig ertragen haben, bemerken ja mittlerweile, dass es sich bei diesen Menschen nicht nur um Bedürftige handelt, sondern eben um Ausgebeutete, um selbst Ausgebeutete, die missbraucht werden und mit der Bettelei überhaupt keine Zukunft haben, aus ihrer Armut auszubrechen.

 

Immer öfter betrifft diese Bettelei Behinderte, Kranke, Strafunmündige, vor allem auch Kinder und zuletzt sogar Kleinkinder. Es ist dieser Umstand ja besonders verwerflich, weil sich gerade diese Personen in einer großen Abhängigkeit befinden und gegen alle Menschenrechte, meine Damen und Herren, ausgebeutet werden.

 

Es ist dieses Problem seit Jahren bekannt. Es kulminiert jetzt im Frühjahr wieder in Wien, und es wird von der Stadtverwaltung eigentlich ignoriert.

 

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Anfrage gestellt, weil sich immer mehr Menschen, weil sich immer mehr Wienerinnen und Wiener jetzt über diese Bettlerszene beschweren.

 

Einige Beispiele: Die U-Bahnen werden von diesen Bettlern geradezu gestürmt. Ein U-Bahn-Benützer berichtet etwa, dass vor allem die neuen Garnituren in der U6 hier betroffen sind, wo es keine Zwischentüren mehr gibt, wo die Bettler ganz vorne einsteigen, dann durchgehen und jedem Benützer der U-Bahn dort ihre bettelnde Hand entgegenstrecken.

 

Meine Damen und Herren! Es hätte die U-Bahn-Aufsicht auch die Pflicht, hier einzuschreiten, denn die Beförderungsbedingungen der Wiener Linien verbieten das ja. Die Durchsagen, die es gibt, sind lobenswert, aber die sind zuwenig. Es müsste da natürlich die Aufsicht der U-Bahn einschreiten und die Bettler sofort aus der Station verweisen.

 

Das nächste Beispiel. Eine Frau berichtet: „Als ich in Hütteldorf einem besonders lästigen und zudringlichen Bettler kein Geld gab, warf dieser mir voll Zorn seine Krücken nach.“

 

Drittes Beispiel von einem Passanten auf der Mariahilfer Straße: „Ich beobachtete, wie eine Art Aufseher der Ostmafia seine bettelnden Mitarbeiter abkassiert hat. Als sie mich bemerkten, spuckte mich einer an.“

 

Und das vierte Beispiel: Aggressive Bettlerbanden, Obdachlose treiben seit Jahren beim Franz-Josef-Bahnhof ihr Unwesen, im 9. Bezirk, in Wien-Alsergrund, wo sich die Bettlerbanden, wie wir in Puls-TV gesehen haben, sogar schon zu einer Konkurrenz zu unseren eigenen Sandlern entwickelt haben. Dort, meine Damen und Herren, machen die Bettler nicht einmal mehr vor Volksschülern Halt. Die Polizei im 9. Bezirk kennt das Problem. Die Polizei berichtet hier: Wenn die Bettler viel getrunken haben, werden einige besonders aggressiv. Viele Schüler, auch Jugendliche, haben Angst vor den Obdachlosen. Wenn sie nicht gerade betteln, gehen einige von ihnen zum benachbarten Supermarkt stehlen. – Soweit der Polizeibericht vom Julius-Tandler-Platz.

 

Meine Damen und Herren! Jetzt schlagen auch die Eltern bereits Alarm, weil sie um die Sicherheit ihrer Kinder bangen. Kinder aus der Volksschule in der Nähe werden nämlich bedrängt, und einige dieser Schulkinder müssen aus Angst bereits ihr Taschengeld hergeben. Ein Bub, der 9 Jahre alt ist, braucht psychologische Hilfe. Der 9-jährige Dominik geht in einen Hort in der Marktgasse, der muss Tag für Tag durch die Bahnhofshalle, und sein Vater berichtet: „Die schulischen Leistungen meines Sohnes haben in den vergangenen Wochen stark nachgelassen, und seit Kurzem wissen wir auch, warum. Schon seit Tagen wird der Bub auf dem Heimweg von einem obdachlosen Polen angesprochen, der ihn täglich aggressiv um ein paar Cent anbettelt. Der Bub leidet seit den Vorfällen an Schlafstörungen, hat Angstattacken durch diese Bettelei und traut sich nicht einmal mehr zur Schule.“

 

Meine Damen und Herren! Da frage ich Sie: Wie lange wollen Sie hier eigentlich noch warten? Was muss noch alles passieren? Wir fordern Sie auf: Nehmen wir doch endlich die Wienerinnen und Wiener in Schutz! Beschließen Sie mit uns ein Bettelverbot, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir müssen daher beim Gesetz ansetzen, denn es gibt ja ein Landes-Sicherheitsgesetz, aber das ist rechtlich unzulänglich, und die Lage verschärft sich immer mehr. Vor etwa fünf Jahren haben wir hier in diesem Haus Änderungen, Verschärfungen dieses Gesetzes beantragt, aber zahlreiche Änderungsvorschläge der Wiener Freiheitlichen sind einfach abgelehnt worden, sind von der SPÖ-Mehrheit hier ignoriert worden. Nun ist das Problem virulent, und wir können es nur mehr mit einem generellen Verbot in den Griff bekommen. Denn derzeit ist ja nur das aufdringliche oder das aggressive Betteln verboten (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Und das organisierte Betteln!) und das organisierte, aber was auch dringlich ist etwa, ist ein unbestimmter Begriff. Die Polizei kann das nicht nachweisen. Die Bettler verlegen ihren Standort, Aufpasser melden jeden Polizisten, der sich nähert. Die Hintermänner verstecken sich, wechseln ihre räumliche Situation. Nur wenn es ein generelles Verbot gibt, bekommen wir diese Unschärfen in den Griff und erleichtern dann auch der Polizei die Arbeit.

 

Was ist daher zu tun? Wir brauchen erstens einmal ein generelles Bettelverbot in ganz Wien.

 

Zweitens: Wir brauchen aber auch auf Bundesebene eine neue Regelung, einen neuen Straftatbestand, einen neuen Tatbestand im Strafgesetzbuch. Wir wollen einen neuen Straftatbestand für gewerbsmäßige organisierte Bettelei. Wer gewerbsmäßig Bettelei organisiert, soll in Hinkunft mit Arreststrafe bestraft werden. Wir würden dadurch der Polizei auch die Arbeit erleichtern, meine Damen und Herren. Wir würden es der Polizei ermöglichen, Festnahmen auszusprechen, was jetzt nicht möglich ist. Wir würden es der Polizei ermöglichen, gegen die

 

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