Landtag,
8. Sitzung vom 26.01.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 59
gilt aus meiner Sicht auch für alle. Behauptungen, die Sie hier aufgestellt haben, kann ich auf Grund meines Wissens nicht nachvollziehen. Mein Wissen beschränkt sich, so wie das aller hier – so hoffe ich jedenfalls – ausschließlich auf mediales Wissen. Mir liegen keine Informationen, keine Anklagen, keine Anzeigen, keine schriftlichen Anweisungen, was immer, vor – was bei mittelbarer Bundesverwaltung möglich wäre –, die diese Behauptungen, die Sie hier aufgestellt haben, auch nur in Ansätzen untermauern würden.
Sie werden daher verstehen, wenn ich Ihnen sage, dass
ich mich außerstande fühle, Ihre Dringliche Anfrage zu beantworten, weil sie
nicht in den Zuständigkeitsbereich dieser Stadt fällt, weil sie aus meiner
Sicht heraus gesehen den einschlägigen Rechtsvoraussetzungen, die für derartige
Anfragen in unserer Stadt vorgesehen sind, in eklatanter Weise widerspricht und
weil ich zum Dritten die eindringliche Hoffnung darauf habe, dass
österreichisches Recht und Gesetz jene, die sich hinter der Immunität
verstecken, vor Anschuldigungen und Diffamierungen entsprechend schützen, aber
auch jene, die Recht und Gesetz in Österreich verletzen, zur Verantwortung
ziehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl:
Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für die Beantwortung.
Damit wird die Debatte eröffnet, wobei ich bemerke, dass
die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt und die einzelnen
Redner eine Redezeit mit 20 Minuten Begrenzung haben.
Erste in der Diskussion ist Frau Abg Matiasek.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Ich darf eingangs gleich eine Klarstellung treffen:
Mein Kollege, Herr Klubobmann Schock, legt Wert auf die Feststellung, dass es
seinerseits – und das darf ich auch im Namen unserer Fraktion sagen – keine
Unterstellung gibt, dass wir Ihnen, Herr Landeshauptmann, extremistische
Tendenzen nachsagen würden oder dass wir Ihnen nachsagen würden, dass Sie diese
nicht ablehnen. Bitte, das möchte ich zuerst einmal klarstellen. (Beifall bei
der FPÖ.)
Kommen wir zur Zulässigkeit dieses Antrages. Es war
ja die Diskussion, ob diese Dringliche Anfrage heute zugelassen werden würde
oder nicht. Sie ist zugelassen worden, und das – da kann ich sie beruhigen –
durchaus mit gutem Grund. Wir haben vorweg natürlich auch ein entsprechendes
Gutachten eines Professors für Verfassungsrecht eingeholt.
Und zwar darf ich hier klarstellen, dass jede
gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgemeinschaft zwar ihre inneren
Angelegenheiten selbst ordnen und verwalten darf, aber sie bleibt trotzdem
gemäß Art 15 Staatsgrundgesetz den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.
Das heißt, man kann dort natürlich auch nicht alles tun und lassen, was man
will, ohne dass es Einfluss seitens der öffentlichen Hand gäbe.
Auch das Recht der gemeinsam öffentlichen
Religionsausübung ist laut Staatsvertrag von Saint Germain 1919 ein
Individualrecht und nicht ein besonderes Recht einer anerkannten Kirche oder
Religionsgemeinschaft.
Was den schulischen Bereich betrifft, so gilt: Die
oberste Leitung und Aufsicht über das gesamte Unterrichts- und Erziehungswesen
steht laut Schule-Kirche-Gesetz von 1868 dem Staate zu, was sich insbesondere
auf Lehrbücher, einschließlich der Religionslehrbücher bezieht. Konkret obliegt
die Leitung und Aufsicht unter anderem den behördlichen Schulräten. Davon
betroffen sind Lehrpläne der Privatschulen, auch jene für den
Religionsunterricht, oder auch Unterrichtsbehelfe und die konkrete
Unterrichtsgestaltung.
Zur Schulaufsicht sind gemäß Bundesschulaufsichtsgesetz
die kollegialen Schulaufsichtsbehörden, die Landes- und Bezirksschulräte
berufen. Der Stadtschulrat für Wien übt sowohl die Funktion eines Landes- wie
auch eines Bezirksschulrates aus, und Präsident ist der Landeshauptmann.
Gesetzlich anerkannte Kirchen und
Religionsgemeinschaften gehören dem Stadtschulrat mit beratender Stimme an –
das wissen Sie –, daher sind sie natürlich auch entsprechend in die
Verantwortung eingebunden.
Der Schulaufsicht unterstehen auch die Privatschulen
einschließlich konfessioneller Privatschulen. Der Präsident der Islamischen
Glaubengemeinschaft ist der zuständige Fachinspektor für den islamischen
Unterricht. Die konkrete Schulaufsicht wird durch die Schulinspektion ausgeübt,
und der § 4 Islamgesetz ermöglicht es, Religionslehrer, deren Verhalten
die öffentliche Ordnung zu gefährden drohen, abzuberufen, und zwar durch
Tätigwerden des Landeshauptmannes als Stadtschulratspräsident. Der entzieht
sich der Verantwortung. (Beifall bei der FPÖ.)
Berichte über derartige Umtriebe waren ja in den
Medien festzustellen. Hinzu kommt, dass gemäß einer Empfehlung des
Bundesministeriums für Unterricht von der Schulinspektion verlangt wird,
hinsichtlich der Qualitätssicherung eine aktivere Rolle zu übernehmen. Auch das
Schulunterrichtsgesetz verlangt geradezu, die Entwicklung der Anlagen der
Jugend nach sittlichen, religiösen und sozialen Werten zu kontrollieren.
Herr Präsident! Sie haben letztlich diese Dringliche
Anfrage zugelassen, auch wenn Sie der Meinung waren, sie wäre nicht zulässig.
Ich kann Sie hiermit beruhigen: Diese Dringliche Anfrage ist zulässig.
Gerade der junge Mensch – das weiß
man – ist ja besonders von der Wirkung des Unterrichts oder der
Wertevermittlung betroffen, und gerade deshalb ist es wichtig, auch hier die
Aufsichtspflicht und das Kontrollrecht, die, wie wir dem Gutachten auch
entnehmen, in dem Fall der obersten Schulbehörde von Wien zustehen,
wahrzunehmen. Wenn wir die Tendenzen in den letzten Zeiten verfolgen, dann glaube
ich, ist es sehr wichtig, ohne sich jetzt in die inneren Angelegenheiten einer
Religionsgemeinschaft einmischen zu wollen, natürlich dann zu handeln und laut
zu werden, wenn unsere gesellschaftlichen Vorstellungen von Werten in
Widerspruch zu dem stehen, was im Unterricht vermittelt wird. Wenn unsere Titel
und Normen in Frage gestellt werden,
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