Landtag,
8. Sitzung vom 26.01.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 59
dann kann man mit guten Gründen davon abweichen,
wobei in einem Zusatz noch steht, dass man sich eigentlich schon wünscht, dass
dieser Kriterienkatalog streng eingehalten wird.
Das entspricht nicht unserer Vorstellung von
Schulautonomie, und wir hoffen, dass die negativen Folgen, die jetzt schon
sichtbar werden, und dieser Nachdenkprozess bei Ihnen dazu führen, dass Sie im
Stadtschulrat von Ihren Rechten Gebrauch machen und die Kriterien so fassen,
wie das eigentlich auch das Ministerium wollte: Es sollte ein beweglicher
Katalog sein, in dem es gleichrangig zu berücksichtigende Kriterien gibt, und
nicht eine strenge Pyramide, die den Schulen jeden Spielraum nimmt.
Meine Damen und Herren! Nun noch ein kurzer Ausblick:
Das Schulsystem ist sicherlich teilweise eine Dauerbaustelle, und wir sind alle
gehalten, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir das Leistungsniveau
sicherstellen können. Da gibt es sehr viele Facetten. Die Größe der Klassen von
den Schülerzahlen her ist ein wichtiger Bereich, die Erreichung dieses einen
Kriteriums sollte uns aber nicht dazu verleiten, sich zurückzulehnen.
Ein weiterer Bereich ist der Zustand der
Schulgebäude. Es ist schön und gut, dass es kleinere Klassen geben soll, aber
bitte nicht in Gebäuden, wo den Schülern die Decke auf den Kopf fällt und die
hygienischen Zustände nicht in Ordnung sind! Auch das schafft nämlich kein
gutes Schulklima. Stellen Sie daher bitte auch im Pflichtschulbereich die
Mittel bereit, dass die Schulen ordentlich hergerichtet werden können!
Im Weiteren wird man sich auch die
Schnittstellenproblematik zwischen den verschiedenen Schulstufen noch genauer
anschauen müssen, insbesondere die Problematik, die im Zusammenhang mit den
schon angesprochenen Aufnahmekriterien an den AHS entsteht. Wir alle wissen,
welch massiver Druck auf den Volksschullehrerinnen und Volksschullehrern
lastet, möglichst gute Noten, ja möglichst gleich lauter Einser zu geben, weil
man niemandes spätere Schulkarriere zu diesem Zeitpunkt behindern möchte. Was
wir brauchen, sind verbindliche und objektiv nachvollziehbare
Leistungsstandards an den Schnittstellen von der Volksschule in die
weiterführenden Schulen und in Richtung Oberstufe. Wenn wir diese Kriterien
festlegen und uns bemühen, diese auch objektiv nachprüfbar zu machen, dann wird
alles in Hinkunft viel leichter erklärbar sein!
Was geschenkte Noten betrifft, kann man sagen: Gut
gemeint ist das Gegenteil von gut. Lauter-Einser-Zeugnisse, die keine Bedeutung
haben, entwerten ja die Zeugnisse an sich. Das ist so ähnlich wie bei einer
Inflation, wenn man Geld, das man nicht erwirtschaftet hat, drucken lässt und
so unter das Volk bringt. Die Freude über die zusätzlich gedruckten Banknoten
währt in der Regel nur relativ kurz, denn wenn dann die Preise steigen und das
Geld nichts mehr wert ist, dann hat das Ganze keinen Sinn. Das Gleiche gilt für
Zeugnisse, die keinen Wert mehr haben, weder in den weiterführenden Schulen
noch im Berufsleben. Über diese freut man sich auch nicht allzu lange. Wenn wir
so weitermachen, gehen wir aber in eine Richtung, die dazu führt.
Schauen Sie sich das heute an: Ein
Universitätsabschluss ist vielleicht die Eintrittskarte für ein Assessment
Center, bei dem wiederum auf Herz und Nieren geprüft wird, und ein
Maturazeugnis hat auch nur mehr die Bedeutung, dass man formal auf die Uni
gehen darf. Ich glaube, darüber freuen sich die Schüler nicht! Das ist nicht im
Sinn der Schule, in der doch ein Leistungsniveau angestrebt werden soll! Es
sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um bestmöglich ein entsprechendes
Leistungsniveau für alle, für die starken und für die schwächeren Schüler, zu
schaffen, denn dann haben auch die Zeugnisse Aussagekraft. Unterschätzen Sie da
unsere Schüler nicht! Die Schüler wollen keine notenlosen Schulen, sondern die
Schüler wollen gemessen werden und sie wollen gerecht beurteilt werden. Sie
wollen und sollen auf das Leben vorbereitet werden. Das ist eine ganz wichtige
Aufgabe der Schule!
Streuen Sie den Schülerinnen und Schülern nicht Sand
in die Augen, indem Sie sagen: Wir brauchen keine Noten. Durchfallen muss es
nicht geben. Man kann etwas in einem kurzen Kurs wiederholen und den Rest
nicht.
Das ist ja auch das Problem bei der modularen
Oberstufe. Der Klassenverband wir aufgelöst. Es ist dies sicherlich ein
interessantes Konzept, das man sich näher anschauen muss. Als jemandem, der
auch an der Universität und an Fachhochschulen unterrichtet, kommt mir das ein
bisschen wie ein Universitäts-Minopolis vor: In der Oberstufe spielt man ein
bisschen Universität, und an den Universitäten und weiterführenden tertiären
Bildungseinrichtungen geht man dann genau in die entgegengesetzte Richtung. Die
Studenten, die sich in den unendlichen Weiten des Vorlesungsverzeichnisses
verlieren und nicht zurechtfinden, werden jetzt sukzessive mit einem Curriculum
an die Hand genommen, das man als Empfehlung vorgibt. Noch extremer ist es bei
den Fachhochschulen, wo man im Prinzip wie an der Schule einfach einen
Stundenplan vorgesetzt bekommt, den man dann sukzessive abarbeitet.
Ich glaube, genau das ist auch die Schwierigkeit bei
den ganzen Uni-Konzepten im Schulbereich. Man braucht eine gewisse Richtschnur
beziehungsweise ein Konzept, das Step-by-step den Leistungserwerb vorsieht, und
vor allem wollen die Schülerinnen und Schüler auch Noten haben, die etwas
aussagen und die ihnen ein Feedback geben.
Lassen Sie mich zum Schluss
kommen. Vor ungefähr 20 Jahren, als ich noch selbst in der Schule war, hat
der damalige Unterrichtsminister Moritz gemeint, er mache den Schülern eine
Freude, wenn er die Zahl der Schularbeiten reduziert. Damals haben die
Schüler – und ich selbst war einer der Betroffenen – gesagt, dass sie
aus den von mir genannten Gründen mehr Schularbeiten wollen, und daher hat
Minister Moritz das dann auch zurückgenommen. Das muss man ihm hoch anrechnen!
Er hat das zurückgenommen, denn je weniger Leistungsüberprüfungen es gibt, desto
größere Bedeutung hat dann die einzelne Schularbeit. Eine Schularbeit ist
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