Landtag,
7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 61
und nicht umgekehrt.
Für uns ist das niemals ein Thema gewesen. Sie haben von uns auch noch nie irgendwelche Aussagen zu dem Thema gehört oder irgendwelche negativen Aussagen über Homosexuelle. Das werden Sie von uns nicht hören. Das ist nicht unser Thema, das ist eben eine Privatsache.
Uns geht es hier rein darum, wie man mit Kindern umgeht.
(Zwischenrufe von Abg Marco Schreuder und Abg Christian Oxonitsch.) Es geht
darum, wie man mit Kindern umgeht - das ist eine Frage -, und hierzu gibt es
jedenfalls ganz interessante Untersuchungen, die sehr eindeutig sagen, dass das
für Kinder problematisch ist. Wir haben das heute ohnehin schon ausgeführt,
nur, bitte, respektieren Sie das!
Darum geht es, und wenn Sie jetzt versuchen, das
umzudrehen, dann müssen Sie uns erst einmal nachweisen, dass wir das tun. Das
tun wir nämlich tatsächlich nicht, weil es bei uns eben Privatsache ist, im
Gegensatz offenbar zu anderen Fraktionen. Zumindest bei den GRÜNEN ist das
offenbar ein wichtiges Thema, da muss man das vor sich hertragen. Ich glaube,
sonst hat niemand das Bedürfnis, vor sich herzutragen, welche sexuelle
Ausrichtung er hat.
Bleiben wir also bei der Realität, und bleiben wir
auch dabei, dass wir das Kindeswohl, das ja die Zukunft bedeutet, in den
Vordergrund stellen: Wie gut geht es den Kindern? Wie viele Kinder gibt es -
das ist die eine Frage -, und wie gut geht es den Kindern, die heranwachsen?
Das ist die Zukunft, um die es hier geht, und wenn wir die nicht in den
Mittelpunkt rücken, dann ist das schade und traurig. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn wir nur die persönlichen Präferenzen der Erwachsenen in den Mittelpunkt
stellen, dann haben wir die Zukunft schon verloren.
Wenn Sie schon so sehr von Realitäten sprechen:
Vielleicht müssen wir auch irgendwann einmal die Realität anerkennen, dass hier
andere Religionen die Mehrheit haben. Dann sind wir, glaube ich, ganz woanders,
und dann werden wir uns wünschen, dass wir hier überhaupt darüber diskutieren
könnten, was das Kindeswohl ist. Denn dann wird darüber nicht mehr geredet
werden, und dann werden Sie nicht mehr gefragt werden, was Sie für eine sexuelle
Ausrichtung haben oder nicht, sondern dann wird drübergefahren. Auch das gilt
es zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Weitere
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre damit die Verhandlung für
geschlossen. Der Frau Berichterstatterin erteile ich das Schlusswort. - Bitte,
Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin.
Berichterstatterin LhptmStin Grete Laska:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Gesetz, mit dem wir uns gerade sehr intensiv
beschäftigt haben, ist ein Gesetz, das vor allem darauf reagieren muss, dass es
in bestimmten Fällen - und in Wien sind es in etwa 2 500 - für Kinder aus
den unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist, in ihren Familien groß zu
werden. Es behandelt das Schicksal von Kindern, die von Eltern zur Welt
gebracht wurden, in die Welt hinein begleitet wurden und irgendwann von denen
verlassen wurden, emotional und vor allem mit vielen anderen Dingen verlassen
wurden. Deshalb ist es die Aufgabe der Kommune, ist es die Aufgabe der Stadt
Wien, die Verantwortung für das Kindeswohl wahrzunehmen und hier gesetzlich zu
regeln, wie man in diesem Fall vorgeht.
Es ist hier ein Zusammenspiel von verschiedenen
Körperschaften. Denn die Entscheidung darüber, ob die Obsorge bei einem
Elternteil oder mehreren Personen bleibt, ist eine, die die Gerichte zu treffen
haben; auch da gibt es viele Diskussionen und hat es schon viele gesetzliche
Veränderungen gegeben. Unsere Aufgabe ist es, in dem Falle, dass das Kindeswohl
in der Familie nicht gewährleistet ist und das Gericht darüber auch befunden
hat, dafür zu sorgen, dass die Kinder für eine bestimmte Zeit - auch für
längere Zeit - in einer Situation aufwachsen können, die für ihr Wohl
jedenfalls die sicherere ist. Das ist das, worüber wir diskutieren, und darum
geht es in Wirklichkeit.
Es geht darum, dass wir uns als öffentliche Hand
darum zu kümmern haben, dass das Kindeswohl gesichert ist. Und wie tun wir das?
Wir tun es so, wie es in diesem speziellen Fall geregelt ist, und ich finde,
dass es am besten wäre für alle Kinder dieser Stadt, aber nicht nur dieser
Stadt, sondern auch darüber hinaus gehend, wenn die gesellschaftliche Realität
schon so weit wäre, dass Konflikte, die in Partnerschaften - egal, welcher Art
- entstehen, nicht dazu führen, dass sie das Kindeswohl beeinträchtigen.
Nun finde ich die Diskussion, die Sie hier soeben
geführt haben, vor allem vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass es in
Österreich seit 1974 für die Schulen als wesentlichen Teil der Erziehung den so
genannten Grundsatzparagraphen und damit Grundsatzerlass für die
Sexualerziehung gegeben hat. Wir befinden uns 32 Jahre nach diesem Erlass
und sehen uns einer solchen Diskussion ausgesetzt, die offensichtlich das
Spiegelbild der Gesellschaft ist, in der wir leben - und das ist das, was ich
für bemerkenswert halte. Denn viele von den Damen und Herren, die hier im Saal
sitzen, sind auch schon zu Zeiten in der Schule gewesen, zu denen dieser Erlass
eigentlich hätte wirksam sein sollen und offensichtlich nicht das gewünschte
Ergebnis gebracht hat, nämlich einerseits eine offene Diskussion zu diesem
ganzen Thema zu führen und daraus ableitend zu Schlussfolgerungen zu gelangen.
Das ist ein Punkt, in dem ich nicht mit jenen
übereinstimme, die sagen, dass sexuelle Neigungen Privatsache sind. Denn wenn
einerseits bestimmte Normen und Regeln darüber aufgestellt werden, was normal
sei, und auf der anderen Seite gerade auch der Ausdruck von Sexualität Grund
für partnerschaftliche Probleme ist, die wieder Auswirkungen auf die Kinder
haben, dann, denke ich mir, kann es nicht Privatsache sein, sondern ist es
dringend nötig, hier eine offene gesellschaftspolitische Diskussion darüber zu
führen, weil das letztendlich entscheidend ist für solche Gesetzesmaterien wie
die, die wir heute hier zu beschließen haben. (Beifall bei der SPÖ.)
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