Landtag,
7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 61
Quereinsteiger.
Das vorliegende Gesetz sieht jedoch wie immer nur
eine Symptombekämpfung vor und versucht nicht, das Problem an der Wurzel zu
packen. Deswegen lehnen wir den vorliegenden Entwurf ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Jerusalem. – Ich erteile ihr
das Wort.
Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub im
Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und ganz im Speziellen: Herr
Abg Gudenus!
Ich gewöhne mich jetzt schon langsam daran, dass ich
nach Ihnen spreche. – Heute möchte ich Ihnen in aller Ruhe –
sozusagen in der gebotensten Ruhe, die man sich nur vorstellen kann –
sagen: Natürlich ist die Lage an vielen Schulstandorten und in vielen Klassen
sehr schwierig! Natürlich gibt es da sehr viele Probleme, und eigentlich habe
ich immer geglaubt, dass die Abgeordneten dazu da sind, diese Probleme zu
lösen.
Sie, Herr Kollege, haben allerdings das merkwürdige
Talent, Probleme zu verschärfen, zu verschärfen und noch einmal zu verschärfen!
Und ich möchte Sie jetzt in aller Ruhe darauf aufmerksam machen: Das ist nicht
die Aufgabe der Landtagsabgeordneten! Problemlösung ist angesagt! (Beifall bei
den GRÜNEN. – StR Johann Herzog: Zuerst muss man die Probleme erkennen!
Das ist der erste Schritt!)
Ja! Zuerst muss man sie erkennen! Natürlich! Dagegen
gibt es überhaupt nichts zu sagen! Zuerst muss man die zahlreichen Probleme
alle erkennen und auch beim Namen nennen. Daher bedarf es auch besonderer
Anstrengung beim Problemlösen!
Ich darf Sie jetzt um noch etwas bitten, und zwar
ebenfalls in der größtmöglichen Ruhe, deren ich fähig bin: Hetzen Sie die
Menschen nicht gegeneinander auf! Niemand in Wien hat etwas von dieser ewigen
Aufhetzerei von Menschen! (StR Johann Herzog: Sie hetzen die Menschen auf!) Das
ist das Schlechteste, was man in dieser Situation machen kann! (Zwischenruf von
Abg Mag Wolfgang Jung.) Ich weiß, Sie regen sich jetzt auf! Ich finde
aber, das ist gut, denn auch das kann möglicherweise einen Denkprozess
auslösen! (StR Johann Herzog: Wenn Ihre Fraktion diese Hetze einstellt, die sie
vorher gezeigt hat, dann wäre das gut!)
Jetzt zum Gesetz: Ich möchte mich zuallererst an die
ÖVP wenden, denn das größte Problem im Bereich der ganztägigen Schule war die
ÖVP, und zwar einfach deswegen, weil Sie jahrzehntelang nicht erkannt haben,
dass man ganztägige Schulformen dringend braucht. In Wien brauchen, glaube ich,
71 Prozent der Eltern das Angebot einer ganztägigen Schule. Sie von der
ÖVP sind jedoch bis zum Jahr 2005 leider auf der Bremse gestanden, und
zwar mit dem Ergebnis, dass die SPÖ geradezu gezwungen war, in Wien abseits der
wenigen möglichen Schulversuche zu handeln. Folglich haben wir jetzt in Wien
ganztägige Schulen, offene Schulen und sehr viele Horte. – Das ist einmal
die positive Aussage. Das lässt sich ja sehen und auch in Zahlen fassen: Wien
ist garantiert von allen Bundesländern das Land, das am besten ausgestattet
ist.
Jetzt kommt aber das Problem, das ich leider
ansprechen muss: Es ist dies ein Sammelsurium, und zwar ein wirklich schlimmes
Sammelsurium! Und dieses Sammelsurium wird meiner Meinung nach auch durch
dieses Gesetz und durch die Ziele, welche die Stadt auf diesem Gebiet verfolgt,
nicht behoben.
Ich möchte das ein bisschen erläutern, damit man auch
versteht, was ich meine. – Schauen wir uns einmal den Bereich der
Volksschulen an: Es gibt 169 Volksschulen, die keine Nachmittagsbetreuung
haben, also nicht ganztägig geführt sind. Den Kindern, die dort in die Schule
gehen, steht die Hortmöglichkeit offen, es gibt ungefähr 465 Hortgruppen.
Es ist aber nicht immer leicht, eine passende Hortgruppe zu finden und jemanden
zu finden, der die Kinder dorthin bringt. Auch das sind gröbere
Probleme. – Ich zähle diese Probleme allerdings immer noch zu den
kleineren.
Außerdem gibt es, wie gesagt, 20 ganztägige
Schulen und 26 offene Schulen, wo der Verein „Wiener Kinder- und
Jugendbetreuung" tätig ist. – Dieser Verein ist ein Albtraum! Gehen
Sie einmal in Schulen, und sprechen Sie mit den Menschen dort! Dann stellt sich
heraus, dass der Verein echt ein Albtraum ist, und das nicht nur auf Grund der
hohen Fluktuation. Man muss sich vorstellen, dass junge Menschen, die dort zu
arbeiten anfangen, für 30 Stunden 900 EUR verdienen! Und eine
zusätzliche Arbeit dürfen sie nicht annehmen. Das heißt, sie müssen von diesen
900 EUR leben, und das ist wahrlich nicht viel! Wohlgemerkt beträgt das
Gehalt 900 EUR brutto, das habe ich zu sagen vergessen; nur damit es da
keine Missverständnisse gibt! Nach vier Jahren beträgt das Einkommen erst etwas
über 1 000 EUR. – Das ist meiner Meinung nach ein Lohn- und Sozialdumping,
an dem sich die Stadt locker und freudig beteiligt, dem man nicht das Wort
reden kann!
Aber auch rein organisatorisch gibt es Probleme: Es
ist enorm, welche Ansammlung von Schwierigkeiten es in diesem Verein gibt, um
die Nachmittagsbetreuung aufrechtzuerhalten, ganz abgesehen davon, dass –
übrigens illegaler Weise –einige MitarbeiterInnen auch immer wieder als
LehrerInnen eingesetzt werden, was eigentlich gar nicht sein dürfte. Auch das
sei am Rande erwähnt.
Kommen wir nun aber zu diesem Gesetz: Darin ist sehr
klar definiert, wann solche Gruppen eingerichtet werden. Diese können immer
dann eingerichtet werden, wenn die räumlichen Voraussetzungen gegeben sind und
es keine anderen Angebote in der Nähe gibt. Das heißt, das ist eine ganz vage
und weiche Angelegenheit! Und jetzt kommt ein ganz ein wesentlicher Punkt:
Voraussetzung beziehungsweise Kriterien dafür, dass ein Kind dort einen Platz
bekommt, sind insbesondere die Bedürfnisse der Erziehungsberechtigten in
Hinblick auf deren Berufstätigkeit.
Es ist schon klar: Wenn zwei Leute arbeiten, brauchen sie
einen Betreuungsplatz für die Kinder. Das bringt aber erneut Probleme für die
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache! – Erinnern Sie sich ein bisschen
zurück:
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