Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 90
Diese Neueinteilung wurde mit der Novelle der
Geschäftseinteilung des Magistrats der Stadt Wien dokumentiert. In der Beilage
177/2003 werden diese Aufgaben gegliedert. (Abg Mag Wolfgang Gerstl: Das ist
nicht zum Behindertengesetz, Herr Kollege!) - Es ist sehr wichtig, dass Sie
es auch verstehen, warum heute dieses Gesetz leider kommt. - In diesem Dokument
wird auch festgestellt, dass. soweit hoheitliche Entscheidungen des Magistrats
der Stadt Wien vorliegen, der Fonds Soziales Wien diese zu vollziehen hat. Der
Magistrat soll auch weiterhin die Abwicklung der individuellen Sozialhilfe konzentriert
wahrnehmen. Bei ihm sollen primär rechtliche, strategische und planerische
Angelegenheiten wahrgenommen werden.
Der Fonds Soziales Wien ist ein privatrechtlicher
Fonds und selbstständiger Rechtsträger. Ein Privatrechtsträger muss aber, um
hoheitlich handeln zu können, zusätzlich durch einen Hoheitsakt zur Ausübung
zuständig gemacht werden. Bisher fehlte eine Ermächtigung des Fonds Soziales
Wien zu einer hoheitlichen Maßnahme. Eine verfassungskonforme Beleihung eines
Privaten zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben kann, wie gesagt, nur erfolgen,
wenn dazu eine gesetzliche Ermächtigung besteht. Ebenso verhält es sich mit der
Schaffung von Verwaltungshelfern. Dazu muss durch Gesetz oder Verordnung
beziehungsweise durch Vertrag jemand ermächtigt sein. Fehlt eine solche
Ermächtigung, ist die Tätigkeit verfassungswidrig.
Im Vorblatt zum Entwurf steht, dass die Erbringung
der Maßnahmen nach § 3 des Wiener Behindertengesetzes,
Eingliederungshilfe, Hilfe zur geschützten Arbeit, Beschäftigungstherapie, Hilfe
zur Unterbringung und persönliche Hilfe, nun sowohl beim Fonds Soziales Wien
als auch beim Magistrat der Stadt Wien beantragt werden kann. „Der
Hilfesuchende kann die Erlassung eines Bescheides durch den Magistrat der Stadt
Wien beantragen, wenn er mit der Erledigung seines Antrages durch den Träger
der Behindertenhilfe nicht einverstanden ist."
Da stelle ich mir einiges bildlich vor: Da gibt es
einen Behinderten, der dringend Hilfe zur Unterbringung oder notwendige
Verpflegung braucht. Der Fonds Soziales Wien verweigert dies, er beschwert sich
beim Fonds, aber der Fonds bleibt untätig. Der Betroffene tritt dann an den
Magistrat heran, weil er einen Bescheid braucht, um ihn nun zu beantragen und
ein Rechtsmittel ergreifen zu können. Nach sechs Monaten entscheidet die
Behörde und erlässt einen Bescheid, mit welchem dem Fonds Recht gegeben wird.
Das ist möglich, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz ermöglicht so lange
Entscheidungsfristen. Dann ficht der Betroffene diesen Bescheid an und bekommt abermals
viele Monate später Recht. Was ist dann passiert? Wenn man schaut, braucht er
diese Leistung vielleicht gar nicht mehr, denn er ist schon lange verstorben.
Er muss über ein Jahr warten, um in Wahrheit Recht zu bekommen!
Sagen Sie nicht, der Fonds macht keine Fehler. Schon
heute kann ich ganze Container mit Beschwerden über den Fonds Soziales Wien
füllen. Entweder wurde nicht gehandelt oder zu spät gehandelt, die Leistung
verweigert oder es wurden falsche Kosten vorgeschrieben.
Wenn jetzt jemand mehr als ein Jahr braucht, um Recht
zu bekommen, dann ist das für mich Anachronismus. Das Gesetz verlangt eine
gesetzliche Ermächtigung für den Fonds Soziales Wien, damit er hoheitlich
handeln kann. Das wurde im Bereich der Behindertenhilfe, aber auch bei anderen
Leistungen wieder einmal versäumt! Der einfachste Weg wäre gewesen, dem Fonds
hoheitliche Gewalt zu übertragen, um damit einen schnellen verfassungskonformen
Verwaltungsweg zu eröffnen, aber dieser Weg wurde in dieser Sache wieder nicht
beschritten. (Abg Mag Wolfgang Gerstl:
Dort sind ja die Rechtsmittelfristen nicht anders!) Stattdessen wird eine
umständliche Konstruktion, mit der niemandem geholfen ist, gewählt. Dem
Pflegefall, dem Behinderten und vielen mehr wird daher weiterhin ein wirksames
Mittel genommen, zu ihrem Recht zu kommen.
Da sage ich Ihnen wieder einmal, Frau Stadträtin,
Ihren Leitspruch: "Mehr Fairness braucht das Land!" - vor allem
Behinderte! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Ich habe keine
weitere Wortmeldung. Daher ist die Verhandlung zu diesem Geschäftsstück
geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. -
Bitte.
Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Renate Brauner:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
In aller Kürze. Mehrheitlich ist diese Veränderung
positiv aufgefasst worden. Das freut mich.
Den beiden vorgelegten Anträgen kann ich, nachdem in
der Begründung in dem einen Bereich gesagt wurde, dass daran schon gearbeitet
wird und im anderen Bereich, dem - unter Anführungszeichen - Stadtplan ich Ihnen
sagen kann, dass auch daran schon gearbeitet wird, insofern gern zustimmen,
dass wir sie im Ausschuss weiterdiskutieren. - Danke schön.
Präsident Johann Hatzl: Wir kommen nun
zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage.
Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der
Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu heben. -
Das sind SPÖ, ÖVP und GRÜNE. Damit ist das Gesetz in erster Lesung mehrstimmig
angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über die zwei vorliegenden
Beschluss- und Resolutionsanträge.
Der erste ist eingebracht von den GRÜNEN, betreffend
den Stadtplan, Stadtführer für Menschen mit Behinderungen. In formeller
Hinsicht ist die Zuweisung beantragt.
Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen
mit der Hand. - Das ist somit einstimmig beschlossen.
Ich komme zum zweiten Beschluss- und
Resolutionsantrag der ÖVP, betreffend zeitgemäße Formulierungen im Wiener
Behindertengesetz. Auch hier ist die Zuweisung beantragt.
Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular