Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 90
unter dem Sozialhilfeniveau von Deutschland und
Österreich. Die Sozialhilfe müsste genau hier daher extrem herabgesetzt werden.
Das Ende des Sozialstaats wäre damit einmal eingeläutet.
Damit der Erosion des europäischen Sozialstaats noch
Einhalt geboten werden kann, muss die freie Wanderung von EU-Bürgern und
Angehörigen aus Drittstaaten zumindest in diesem Bereich ausgeschlossen werden.
Zuwandernde dürfen nicht mehr oder nicht sofort in den Sozialstaat des
Ziellandes integriert werden.
Wir sind eigentlich sehr stolz darauf, dass die
Franzosen und die Niederländer die EU-Verfassung zu Fall gebracht haben, denn
genau diese EU-Verfassung hätte diese Situation noch weiter verschärft. Sie
hätte nämlich im Wesentlichen drei Ziele verfolgt, die die Erosion des
Sozialstaates noch verschärft hätten: die Sozialstaatlichkeit, das
Niederlassungsrecht für jedermann und das Prinzip der sozialen Einbindung oder
Nichtdiskriminierung zwischen In- und Ausländern. Dies sollte den Weg zu einer
Sozialunion ebnen, die schon seit längerem durch den Europäischen Gerichtshof
und seine Rechtsprechung verwirklicht wird. Es sind besonders jene
Bestimmungen, die sich mit sozialem Zusammenhalt, der Bekämpfung von Armut, der
Solidarität und Ähnlichem beschäftigen.
Die Verbindung dieser Bestimmungen - jene des
Diskriminierungsverbotes und des Migrationsrechts gemeinsam mit jenen der
sozialen Einbindungsrechte - wird massive negative Folgewirkungen haben,
nämlich dann, wenn ein Unionsbürger seinen Wohnsitz nehmen darf, wo er will,
und dann im Gastland den vollen Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherung
und sozialen Vergünstigungen hat, ohne dabei anders als Einheimische behandelt
werden zu dürfen. Erst recht, wenn Drittstaatsangehörige auch schon einbezogen
werden! Bisher war das für Arbeitnehmer und Selbstständige und deren Familien
weitestgehend möglich.
Nun sollen diese Rechte nicht nur erweitert werden,
sondern auch auf Nicht-Erwerbstätige ausgeweitet werden. Das bedeutet, die
EU-Verfassung wird jenes Korsett, in welches die Rechte der
Freizügigkeitsrichtlinie und die Entscheidungen des EuGH zur Sozialmigration
geradezu unabänderbar hineingepresst werden, um der europäischen Sozialunion
wieder ein Stück näher zu kommen. Diese kann aber bestenfalls nur funktionieren,
wenn es eine weitestgehende Ähnlichkeit der ökonomischen Verhältnisse in Europa
gibt. Das mussten auch zum Beispiel Deutschland nach der Vereinigung und
Italien durch seinen Mezzogiorno einmal schmerzhaft zur Kenntnis nehmen.
Aber dennoch hoffe ich, dass Sie bald zur Vernunft
kommen und zumindest jene Einschränkungen für den Sozialhilfebezug machen, die
rechtlich möglich sind und die unser Klubobmann Heinz Strache heute schon
genannt hat. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster
zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Jung. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
"Sozialstaat statt Zuwanderung" ist eine
Aussage, die von uns im Wahlkampf getroffen und von Ihnen heftig, ziemlich
einheitlich heftig kritisiert wurde. Es ist nur noch eine Frage der Zeit -
davon bin ich, davon sind wir fest überzeugt -, bis Sie auch erkennen werden,
dass wir an dieser Problematik nicht vorübergehen können, denn die Mittel sind
immer begrenzt, und wo begrenzte Mittel sind, muss ich Gewichtungen setzen -
und im Zweifelsfall heißt die Gewichtung für uns: Österreich und die
Österreicher zuerst und keine unqualifizierte und breite Streuung der
vorhandenen Mittel.
Sie haben in anderen Bereichen auch geleugnet, dass
wir mit unseren Vorhersagen - denn es waren nicht nur Prophezeiungen, es waren
fundierte Vorhersagen - Recht behalten haben. Ich erinnere mich noch, wie wir
gewarnt haben: Der Schilling kommt weg! – Nein, nie und nimmer, der Schilling
wird bleiben!, hat man uns in den diversen Parlamenten der Republik
entgegengehalten. – Nun, wo ist der Schilling heute?
Das Nächste war die Parole: Der Euro wird hart
bleiben! - Da haben wir Sie auch alle gewarnt. - Einen Tinnef ist er hart
geblieben! Fragt einmal eure Leute draußen in den Bezirken, was sie vom harten
Euro halten und wie die Preissteigerungen de facto in der letzten Zeit
stattgefunden haben, nämlich am laufenden Band und und und.
Und auch in diesem Bereich, nämlich im Bereich des
Sozialstaates, geraten wir an die Grenzen der Finanzierung. Und wenn es an die
Grenzen geht - das sage ich Ihnen ehrlich -, ist mir das Hemd, nämlich das der
österreichischen Bürger, näher als der Rock der Zuwanderer. Das sage ich hier
ganz offen und deutlich, und ich kann Ihnen sagen: Wir fahren damit gut und
zunehmend gut bei den Wählern. Das zeigt sich allein schon, wenn Sie die
Schicht der Jungwähler beobachten, wo wir bei der letzten Wahl die Stimmen von
etwa einem Viertel der Jungwähler bekommen haben. Das sind die jungen Leute,
die erkennen, in welche Richtung es geht, und bei denen Sie mit Ihren Parolen,
weil sie es deutlich sehen und spüren, nicht mehr ankommen.
Sie nennen sich Sozialdemokraten, meine Damen und
Herren hier in der Mitte. Die Heizkostenbeihilfe für die Wiener nach einem
strengen und harten Winter haben Sie nicht erhöhen können, aber hier werden in
einem Ausmaß, das Sie selbst noch gar nicht abschätzen können, die
Berechtigungen für Asylwerber, für Drittstaatsangehörige, für Personen mit
Flüchtlingsstatus und für den ominösen und sehr eigenartigen Personenkreis der
Personen mit subsidiärem Schutzstatus erweitert. Das geht eigentlich weit über
die Verpflichtungen aus den Asylkonventionen und sogar aus der Europäischen
Menschenrechtskonvention hinaus. Aber den Pensionisten - denjenigen Leuten, die
die Grundlagen dafür geschaffen haben, dass wir heute hier in Österreich
überhaupt Sozialleistungen zahlen können - kürzen Sie in Wien gleichzeitig das
Taschengeld um 50 EUR. Das ist doch wirklich alles andere, aber keine
sozialdemokratische Politik im Sinne der Tradition der Sozialdemokraten! (Beifall
von StR DDr Schock.)
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